Paradies in Gefahr: Mittsommergeheimnis (German Edition)
geblieben als unbedingt notwendig, wohl in der Hoffnung, dass Hanna ihr ihren Begleiter vorstellen würde. Doch die dachte überhaupt nicht daran. Die Genugtuung, dass ihre alte Kontrahentin aus Jugendzeiten sich jetzt den Kopf zerbrach, war das Einzige, was an diesem Abend bisher positiv verlaufen war.
Eigentlich hatte der Plan, den sie gemeinsam mit Finja ausgeheckt hatte, vorgesehen, dass sie Mikael Westerberg gleich nach ihrem Eintreffen vor vollendete Tataschen stellte und ihm auf den Kopf zusagte, dass sie wusste, wer er war. Doch jetzt, wo sie ihm gegenübersaß, fehlten Hanna plötzlich die Worte. Ein Zustand, den sie von sich gar nicht kannte und an den sie sich erst einmal gewöhnen musste.
Sie hütete sich davor, Mikael anschauen, während er ihr Glas füllte. Seine Nähe allein war schon weit mehr, als sie ertragen konnte – ihm in seine atemberaubenden braunen Augen zu blicken, würde ihre Selbstbeherrschung vermutlich gänzlich zunichtemachen.
Er sah überhaupt nicht mehr so gelackt aus wie noch heute Nachmittag. Den Businessanzug hatte er gegen dunkelblaue Jeans und ein weißes Hemd ohne Krawatte getauscht. In Kombination mit dem gepflegten Dreitagebart sah er fast ein wenig verwegen aus. Hanna musste sich immer wieder mit Gewalt daran erinnern, wen sie vor sich hatte. Und dann streifte seine Hand beim Abstellen der Karaffe ganz zufällig ihre Finger, und alle guten Vorsätze waren schlagartig vergessen. Es durchzuckte sie wie ein Blitz, und für einen Moment wurde ihr ganz schwindelig.
Reiß dich zusammen! Hast du vergessen, warum du hier bist?
Von neuer Entschlossenheit erfüllt straffte sie die Schultern. Mikael Westerberg mochte ein attraktiver Mann sein, und seine Gegenwart ließ Hanna auch ganz gewiss nicht kalt, doch sie war nicht hier, um ihrem zugegebenermaßen recht langweiligen Liebesleben neuen Schwung zu verleihen. Es ging hier um die Rettung eines einzigartigen Stücks Natur – und von ihren außer Kontrolle geratenen Hormonen würde sie sich bestimmt keinen Strich durch die Rechnung machen lassen.
Ganz davon abgesehen passten Mikael und sie ohnehin nicht zueinander. Im Grunde war er nicht einmal ihr Typ. Und wenn Jan es schon nicht geschafft hatte, ihren strengen Ansprüchen zu genügen, wie sollte es dann ausgerechnet so einem Managertypen wie Mikael gelingen?
Erneut nahm Hanna einen Schluck von ihrem Wein. Ihre Anspannung ließ ein wenig nach, während das warme Gefühl in ihrem Magen weiter zunahm. “Erzähl mir etwas von dir, Mikael”, forderte sie ihn auf. “Ich weiß so gut wie nichts. Bist du geschäftlich hier in der Gegend, oder um dich zu erholen?”
Er zögerte unmerklich, ehe er sagte: “Ein wenig von beidem, würde ich sagen.”
“Und was machst du beruflich?”, hakte sie nach, als er keine Anstalten machte, weiterzusprechen. Sie wollte aus seinem eigenen Mund hören, dass er die Person war, die für die Zerstörung der Umgebung des
Trollfjällens
verantwortlich war. Er sollte ihr einen Grund geben, wütend auf ihn zu sein. Denn dann würde es ihr sehr viel leichter fallen, dieses lächerliche Herzflattern abzustellen und endlich auf Konfrontationskurs zu gehen.
Doch den Gefallen tat er ihr nicht.
“Ich bin in der Tourismusbranche tätig”, entgegnete er ausweichend. “Aber ich will dich nicht mit Details langweilen. Wir sollten diesen herrlichen Abend wirklich nicht dadurch verderben, dass wir über geschäftliche Dinge sprechen.” Er griff nach der Speisekarte und schlug sie auf. “Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich habe schrecklichen Hunger. Kannst du mir etwas Besonders empfehlen?”
Sie bestellten – während Hanna sich für einen leichten Salat mit Putenbrust entschied, bevorzugte Mikael Gravad Lax, gebeizten Lachs mit Petersilienkartoffeln. Märta brachte ihnen das Essen an den Tisch. Der anzügliche Blick, mit dem sie Mikael musterte, war schon beinahe unverschämt – vor allem angesichts der Tatsache, dass er in Begleitung gekommen war. Ärgerlich knüllte Hanna ihre Serviette zu einem kleinen Knäuel zusammen, schwieg jedoch, obwohl ihr ein paar bissige Kommentare auf der Zunge lagen. Zum einen, weil sie Märta den Triumph nicht gönnte. Zum anderen, weil sie keine nachvollziehbare Erklärung dafür fand, warum sie sich überhaupt so aufregte.
Man könnte glatt meinen, dass sie eifersüchtig auf Märta war. Aber Eifersucht empfand man doch nur, wenn man jemanden wirklich mochte – und davon konnte bei ihr in Bezug auf Mikael
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