Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme
Finger so gekonnt ein, dass sie schneller so weit war als bei jedem anderen Mann zuvor.
Das hatte sie absolut nicht erwartet. Nichts an seiner Art hätte vermuten lassen, dass er so aufmerksam mit einer Frau umgehen konnte, so liebevoll. Dann drang er langsam in sie ein, steigerte ihr Verlangen nach dem ersten, wunderbaren Stoß, und sie spürte den beginnenden Rausch stärker als je zuvor. Endlich war er tief in ihr, stöhnte ihr ins Ohr, als sei dies das Wunderbarste, das er je in seinem Leben empfunden hatte, als sei sie das Wunderbarste – und sie kam. Und das nicht zum letzten Mal in jener Nacht.
Später, drei Stunden vor Sonnenaufgang, lag Carmody neben ihm, lauschte seinen Atemzügen und fragte sich, was zum Teufel sie da gerade getan hatte und wie sie sich aus der Affäre ziehen konnte. Mit seinem Partner zu schlafen war grundsätzlich keine gute Idee. Unter gar keinen Umständen. Carmody sah sich selbst gern als vernünftige, intelligente Frau, als jemand, der sich über das Für und Wider Gedanken machte. Doch in jener Nacht hatte ihr Verstand ausgesetzt, und nun musste sie die Konsequenzen tragen.
Sie wollte keine Beziehung mit Frank. Sie wusste, ihre Partnerschaft hatte einen nicht wiedergutzumachenden Schaden erlitten. Als Frank aufwachte und sich in dieses sarkastische Alphatier zurückverwandelte, über das sie sich immer so aufregte, traf sie augenblicklich die Entscheidung, einen Antrag auf Versetzung ins Morddezernat zu stellen.
Dieser Schritt hatte ihn verletzt. Das wusste sie. Es hatte ihn zu einem noch unerträglicheren Macho gemacht. Er tat so, als interessiere ihn nichts weniger als ihre Versetzung, als sei er froh, sie los zu sein. Doch die meisten Männer waren so lächerlich einfach zu durchschauen, zeigten so offensichtlich ihre Wünsche, ihre Bedürfnisse und ihre Ängste. Sie wusste, dass Frank wirklich getroffen war. Die letzten Wochen ihrer Zusammenarbeit verliefen in zunehmender Feindseligkeit, und daran hatte sich bislang nichts geändert.
Manchmal bedauerte Carmody diese Feindseligkeit, doch ihr fiel kein geeignetes Mittel dagegen ein.
Sie war auf dem Weg zum Schwesternzimmer, in der Hoffnung, dort die leitende Krankenschwester anzutreffen. Tolans Freundin, hatte Frank gesagt. Auf halbem Weg klingelte ihr Telefon. Sie sah auf das Display und las nur EINGEHENDER ANRUF. »Sue Carmody«, meldete sie sich.
Schweigen am anderen Ende der Leitung. Nein, eigentlich kein Schweigen. Sie hörte jemanden atmen.
»Hallo?«
Keine Antwort. Nichts als atmen.
Gerade wollte sie etwas sagen, da klickte es in der Leitung. Wahrscheinlich verwählt, dachte sie, ging weiter in Richtung Schwesternzimmer und warf einen Blick auf den EDU-Sicherheitskäfig gegenüber dem Haupteingang.
Obwohl der Parkplatz ein Stück weit entfernt lag, konnte sie deutlich erkennen, dass ein Auto in Dr. Tolans Parklücke stand. Es sah aus wie sein schwarzer Lexus. Und jemand saß am Steuer.
Sie wollte spontan auf die Türen zugehen, doch abermals klingelte ihr Telefon. Sie meldete sich. »Sue Carmody.«
Schweigen. Wieder dieses Atmen. Sie starrte auf den Lexus. »Dr. Tolan?«
Keine Antwort.
Carmody lief durch den Sicherheitskäfig in Richtung der Eingangstüren. »Dr. Tolan, sind Sie das?«
Erneutes Schweigen, dann eine gebrochene Stimme: »Ich habe meine Frau umgebracht. Ich habe Abby getötet. Wir hatten Streit in jener Nacht. Gott sei mir gnädig, ich habe sie umgebracht.«
Es klickte in der Leitung. Carmody erstarrte. Du lieber Himmel! Sie sah, dass der Lexus aus der Parklücke setzte.
Los, Sue, beweg dich! Lass ihn nicht entkommen.
Sie riss eine der Eingangstüren auf und rannte auf den Parkplatz. Der Lexus fuhr bereits in Richtung Ausfahrt.
Carmody steckte das Handy in ihre Jackentasche und sprintete zu Franks Wagen, der in einer der Parkbuchten stand, die für die Polizei reserviert waren. Sie entriegelte die Tür, riss sie auf und sprang hinter das Lenkrad. Der Lexus fuhr bereits die Straße hinunter und verschwand aus ihrem Blickfeld.
Carmody rammte den Schlüssel in den Anlasser, ließ den Motor aufheulen und schoss aus der Parklücke. Mit zunehmender Geschwindigkeit fuhr sie auf den Baycliff Drive, der sich in Kurven den Berg hinunterschlängelte und zur 101 führte.
Nach der ersten Kurve sah sie den Lexus. Er war von der Hauptstraße in eine enge Zufahrtsstraße abgebogen, die hinter einer Felszunge verschwand.
Wo zum Teufel wollte er hin?
Carmody riss das Lenkrad herum und folgte ihm. Dann
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