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Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme

Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme

Titel: Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gregory Browne
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Dr. Tolan war Vincent van Gogh.
    Doch bevor Blackburn die gesamte Tragweite dieser Entdeckung erfasst hatte, bemerkte er, dass noch etwas in der Kiste lag. Er griff unter die Metallsäge, zog eine große Plastiktüte mit Reißverschluss hervor und richtete den Strahl seiner Taschenlampe darauf.
    »Das kann doch nicht wahr sein!«, sagte Kat und wurde blass.
    In der Tüte, aufgezogen auf eine Angelschnur aus Nylon, befanden sich eine Reihe abgeschnittener Ohren, alle vertrocknet und verschrumpelt wie alte Orangenschalen. Alle, bis auf eins.
    Dieses eine stach hervor wie ein Teenager in einer Revue von Achtzigjährigen. Es war neu in der Sammlung. Ein frisches Andenken. Rosa, roh und blutig.
    Beim Anblick dieses Ohrs – genauer gesagt, des Ohrläppchens – kam es Blackburn vor, als trippelten ihm winzige Füße über den Rücken.
    »Nein«, sagte er leise.
    Kat sah ihn fragend an.
    Übelkeit stieg in Blackburns Magen auf. Die Pampe, die er zum Lunch gegessen hatte, widersetzte sich der Schwerkraft und wälzte sich seine Speiseröhre hinauf. Sein ganzer Körper begann zu zittern.
    Bitte sag, dass das nicht wahr ist.
    Doch es stimmte. Er wusste es mit untrüglicher Sicherheit.
    Denn an diesem frischen, rosafarbenen Ohrläppchen hing ein kleiner Rubin. Ein kleiner Rubin, den er vor wenigen Stunden noch gesehen hatte. Das Geschenk eines liebenden Vaters. Ein Geburtsstein.
    Sue Carmodys Geburtsstein.
    50
    Tolan fühlte sich wie betäubt.
    »Ich war dort, Michael. Ich habe alles gesehen.«
    Es war eine Sache, sich für ein Monster zu halten, doch es tatsächlich bestätigt zu bekommen, war etwas ganz anderes. Hier saß Lisa und sagte ihm, wovor er sich ein Jahr lang gefürchtet hatte.
    »Erinnerst du dich an die Fotos, die Abby an meinem Geburtstag von mir gemacht hat?«
    »Ja«, sagte er.
    »Einige Wochen später rief sie mich an, um mir mitzuteilen, ich könne in der Galerie vorbeikommen und sie abholen. Ich bin nach der Arbeit hingefahren, und ich habe euch hinten gehört. Ihr hattet Streit. Ich hätte sofort wieder gehen sollen, aber das habe ich nicht getan. Ich konnte nicht anders, ich habe um die Ecke geschaut und gesehen, wie du mit dieser Schachtel vor ihrem Gesicht herumgewedelt hast.«
    »Die Kondome …«
    Sie nickte.
    »Was habe ich gesagt?«
    Lisa schwieg. Sie schluckte. Was jetzt kam, fiel ihr offensichtlich schwer. »Du hast sie eine Hure genannt … und sie hat dir eine Ohrfeige gegeben.«
    Tolan erinnerte sich an diese Ohrfeige, doch er war unfähig, die dahinterliegende Dunkelheit zu durchdringen.
    »Erzähl weiter«, sagte er.
    »Du hast einfach dagestanden, als könntest du nicht glauben, dass sie das getan hat. Dein Gesicht war vollkommen ausdruckslos. Dann schien es, als würdest du in dir selbst versinken, während jemand anderes die Kontrolle übernahm.«
    »Jemand anderes«, wiederholte Tolan.
    Wie bei seiner Mutter. Sie hatte es die Wachablösung genannt. Meistens folgte darauf ein Angriff auf seinen Vater. Ein Trommelwirbel von Faustschlägen gegen seine Brust.
    Dann schrie sie ihn an, und Tolan versteckte sich im Kleiderschrank, suchte Trost in der Dunkelheit. Doch ganz gleich, wie fest er seine Hände gegen die Ohren presste, er konnte der Stimme seiner Mutter nicht entkommen. So wie er jetzt der Wahrheit nicht entkommen konnte.
    »Was ist dann passiert?«, fragte er, obwohl er nicht sicher war, dass er es hören wollte.
    Lisa fixierte einen Punkt hinter dem Wagenfenster. Während sie die Erinnerung Revue passieren ließ, konnte sie ihm nicht in die Augen sehen.
    »Auf Abbys Arbeitstisch lag ein Messer. Sie hatte einen Apfel oder so etwas gegessen. Du hast plötzlich nach dem Messer gegriffen und sie erstochen. Sie hat es nicht einmal kommen sehen.«
    Die Kälte, die Lisa umgeben hatte, war verschwunden. Eine Träne lief ihr über die Wange.
    »Dann hast du dich in einen Sessel fallen lassen und an die Wand gestarrt. Auf eins ihrer Fotos. Das, was jetzt über deinem Bett hängt.«
    »Und du hast all das gesehen?«
    Sie nickte. »Alles ging so schnell, ich stand dort wie erstarrt. Du warst voller Blut, und Abby lag tot vor deinen Füßen.« Sie weinte. »Es war genau wie bei Anna Marie.«
    Anna Marie?
    Dann stimmte es also. Er war auch für ihren Tod verantwortlich. Oh, mein Gott, dachte er. Wird das jemals aufhören?
    »An die Nacht erinnerst du dich auch nicht? Die Nacht, in der Anna Marie starb?«
    Tolan zuckte hilflos mit den Schultern.
    »Clive, Kruger und die anderen waren

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