Parasiten
er war
ganz dicht davor gewesen!
Danylo übersetzte. Vadim lachte. Er schubste Christian vor sich her
durch die Grünanlage. Kurz vor der Straße gab er ihm mit der Pistole einen
Schlag auf den Hinterkopf, sodass Christian benommen zu Boden stürzte. Er hob
seinen schmerzenden Schädel an, sah Danylo und Vadim aber nur noch über eine
kleine Mauer hechten. Weg waren sie.
Pete und Volker kamen zu ihm gerannt. Mit Müh und Not rappelte er
sich auf.
»Danke für eure Hilfe, wirklich super gelaufen!«, herrschte
Christian sie an.
Christians Gemecker ließ Volker völlig kalt, er kannte das zur
Genüge. Pete war sofort genervt: »Bist du irre? Was hätten wir denn tun sollen?
Den Kerl erschießen?«
»Genau das!« Christian musste Dampf ablassen.
Volker klopfte Christian ein paar Erdkrumen von der Jacke. »Ruhig,
Brauner, ganz ruhig …«
Christian schob Volkers Hand weg. Ruhe und Geduld waren seine
allerschwersten Übungen.
Volker kümmerte sich nicht um Christians schlechte Laune. Er sah
missbilligend in die Richtung, in die Danylo verschwunden war. »Mich wundert
nur, dass der Typ nicht mal die Beerdigung seines Vaters abwartet, bevor er
wieder verduftet.«
»Die Beerdigung findet erst in Russland statt. Meine
Mutter überführt die Urne«, sagte Danylo, als Vadim sich entschuldigte, ihn so
abrupt aus der Trauerfeier gerissen zu haben. Obwohl Danylo sich erklärtermaßen
als Weltbürger fühlte, tat es ihm gut, mal wieder in der Sprache seiner Heimat
zu reden. Vadim fuhr mit einem Stadtplan auf dem Schoß halsbrecherisch durch
Berlin, Richtung Norden.
»Was machst du hier?«, fragte Danylo.
»Ich habe dich gesucht. In Hamburg warst du nicht, also hab ich’s
über deinen Vater versucht. Nummer und Adresse hat mir Radu gegeben. Der meldet
sich nicht, also bin ich hergekommen. Im Gemüseladen unter der Wohnung deines
Vaters habe ich erfahren, dass er gestorben und heute die Einäscherung ist.
Also hab ich mir gedacht, dann bist du auch da. Dann hat der Bulle dich genervt,
also hab ich eingegriffen. War doch okay, oder?«
»Vollkommen egal, der kann mir nichts. Warum hast du mich gesucht?«
»Alina und Sofia sind verschwunden. In Brcko habe ich erfahren, dass
Sofia nach Deutschland gebracht worden ist.«
»Wieso in Brcko?« Danylo verstand die Welt nicht mehr.
Vadim warf Danylo einen prüfenden Blick zu. »Du hast keine Ahnung,
oder?«
Danylo zuckte mit den Schultern. Vadim klärte ihn auf, was in
Moldawien passiert war. Einiges wusste Danylo schon von seinem Telefonat mit
Radu und Ileana. Aber die Verwicklung in den Frauenhandel, den Ileana nur
furchtsam angedeutet hatte, wurde durch Vadims Insider-Informationen plötzlich
zur entsetzlichen Gewissheit. Danylo starrte geradeaus. Er sagte kein Wort
mehr. Sein Gesicht war käsig, auch aus seinen Lippen schien jegliches Blut entwichen.
»Ich habe Radu versprochen, dass ich die beiden finde. Dazu brauche
ich deine Hilfe. Ich kann kein Deutsch.«
»Wo genau in Deutschland ist Sofia hingebracht worden?«, flüsterte
Danylo. Seine Stimme klang dünn.
»Keinen Schimmer. Deswegen kümmern wir uns zuerst um Alina.«
»Wieso hängst du dich da rein? Ich hab gedacht, die Familie hat dich
verstoßen.«
»Soweit ich informiert bin, hat die ganze Scheiße irgendwas mit dir
zu tun. Sofia wollte mir nichts Genaues sagen. Aber an Sofias Entführung bin
ich schuld, sonst keiner. Sie hat mich um Hilfe gebeten wegen Alina. Ich habe
Mist gebaut. Und den muss ich wieder gutmachen. Bist du dabei?«
Danylo nickte stumm.
»Sind deine Papiere in Ordnung?«
»Meine schon, wieso? Was ist mit deinen?«
»Kein Problem. Ich reise mit rumänischem Pass, ganz legal. Wir
müssen nach Oslo.«
»Oslo? In Norwegen?«
»Geographie sehr gut. Hast du sonst noch was drauf?« Vadim klang
bitter. »Ein Kumpel hat für mich recherchiert, was mit Alina passiert ist. Sie
wurde nach Moskau gebracht und dort an einen Händler in Oslo verkauft. Oslo ist
kleiner als Deutschland. Also sind unsere Chancen, Alina zu finden, erst mal
größer, als Sofia irgendwo in Deutschland aufzutreiben.«
»Ich spreche kein Norwegisch«, sagte Danylo. Er fühlte sich wie in
einem Albtraum, aus dem er nicht erwachen konnte, so sehr er es auch versuchte.
»Englisch genügt in Oslo«, sagte Vadim. »Ich kann nicht mal
Englisch.«
»Aber du weißt, wie man tötet, oder?« Danylo drehte langsam den Kopf
zu Vadim und sah ihn an.
Vadim gab keine Antwort und konzentrierte sich auf das Berliner
Verkehrsgewühl,
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