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Paravion

Paravion

Titel: Paravion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bouazza
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dafür gebe es zu viele Verlockungen und Sünden darin. Zwar könne man dort Kühle finden, zugegeben, doch jeder solle wissen: Es beginnt mit der Suche nach Kühle und endet im Fehltritt.

    2
    Hör zu.
    Süß ist das Flüstern der Pinie, die ihr Leid klagt bei den Quellen dort hinten, und nicht weniger süß, mein lieber Schafhirte, ist die Melodie der Flöte, von Bocksjungen gespielt.
    Der Karrenlenker hörte die Amstel und die Grachten singen und erzählen und vernahm jetzt auch des Grüns Melodien, die besänftigend waren wie dessen Farbe fürs Auge. Ein Gesang, so anmutig, daß es schien, die Bäume hätten die Kehlen von Nachtigallen, verzaubert vom Geiste Philomenens. Der Wind wob zwischen Zweigen und Laub, und in all dem Gesäusel waren die Flöten von Satyrn und Faunen zu hören, die heimlich die glitzernden und glänzenden Nymphen beobachteten. Deren langes Haar war blauschwarz, und die Schwanzflossen silbrig, muschelfarbig die Haut. Im Park wimmelte es von Elstern, Krähen und Dohlen, die von Baum zu Baum flogen oder im Rosengarten wandelten, die Arme auf den Rücken gelegt. Strauchwerk strotzte vor starrenden Sonnenaugen wie Pfauenschwänze. Goldne Früchte und rotes Obst polterten auf zartes Gras. Schatten lagen wie schwarze Sklaven im frischsprießenden Schoß wogender Felder und zupften mit geschmeidigen Fingern am grünen Gekräusel. Die rostroten Wege waren bester Laune und lächelten so manches Lächeln.
    Im Apfelbaum pfeift eine Schwalbe. Hier, in diesem umschlossenen Ort der Lust, ist alles Gute vereint, und hier würde ich auch am liebsten meine Zeit verbringen, wäre ich frei. Doch dieser Ort ist nicht für mich bestimmt.

    Nicht zur Stille mahnt der Wind in den Bäumen, sondern läßt den Lärm laut und ungehindert in dessen zahlreichen Zungen reden, und hier tratschen die Elstern und Krähen und Dohlen hemmungslos. Nymphen lassen sich auf den milden Ufern nieder, unweit der Tamariskengewächse, und lauschen, mein lieber Schafhirte, der Melodie von Flöten nah und fern.
    An diesem Ort trauerten die Weiden nicht, sondern stippten die lästigen, abgestorbenen Spitzen ihres Laubs ins stille Wasser, Eichenstämme neigten sich träge übers Wasser, um ihr Spiegelbild zu betrachten. Die Leute tranken stets in Gesellschaft anderer, und der Wein gab ihnen einen wunderbaren Rausch und einen herrlichen Kater zum Geschenk. Hier fanden die reifen Weintrauben ihr Jenseits.
    Kristallkelche verziert mit Rebgewinden wanderten von Hand zu Hand, Kränze auf den Häuptern junger Mädchen zerfielen mit steigender Trunkenheit und zerfledderten. Jungen und Mädchen rannten umher, jeden Alters und jeder Form, knochig und knospend, blühend und reifend. Kinder leckten an Eis und glasierten Äpfeln. Viele Leute waren nackt, zahlreiche Frauen lagen auf ihren Rücken, suchten sonnenbadend die Bräune vom Mittelmeer und fanden doch nur das Rot der Krebse; das milchige Blau ihrer seitlich wie Lampions herabhängenden welkgewordenen Brüste erinnerte an längst vergessenes Stillen, der Widerschein vom Gras war an ihnen das einzig ewig Jugendliche – doch spielte das Alter hier keine Rolle. Vor allem junge Frauen aber lagen bäuchlings im Gras und lasen in Büchern, einen Fuß in der Luft, und manche Hinterteile wölbten sich so stark und rund, als säße ihnen ein Inkubus im Kreuz, während die männlichen Spaziergänger in den tiefen Schatten zwischen ihren Beinen wie in einem Buch lasen, aufgeschlagen auf der immer gleichen Seite. Man tanzte, trieb Sport, spielte und schwitzte. Die Anwesenheit von Nymphen und Waldgeistern war so vertraut wie der Brunftschrei der Satyrn, die die Nymphen jagten und nicht fingen. Die Ältesten der Gemeinde saßen auf Uferbänken und fütterten die Enten und Schwäne, welche auf Tapisserien aus Wolkenschatten von den Grachten aus die weite Reise hierher unternommen hatten, auf der Suche nach Moos und Entengrütze. Die weißen Schwanenfedern waren erquicklich anzuschauen, eine Schneelandschaft; eine einzelne Ente versuchte vergeblich, mit Flügelgeflatter auf dem Wasser zu stehen, das Wasser glitt ihr von den fetten Federn wie ein Kind.
    Inmitten eines Blumenbeets aus glühenden und blühenden Dahlien stand das Standbild eines Sängers, gehüllt in steingehauene Falten, geschmückt mit Exkrementen, auf der Suche nach dem vergessenen Wort, das seine Geschichte forterzählen würde. Das Schilf tanzte, der Kies knirschte, gelbe und rote Karren verkauften Hot dogs, und daß dieses Essen warm

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