Paris, Ein Fest Fürs Leben
sich Ezra sehr begeisterte. Aber Ezra begriff, daß ich mein Herz auf dem rechten Fleck hatte und daß ich voller Bei Esprit war, selbst wenn es ihn ärgerte, daß ich von meinen Freunden Gelder erbat, um den Major Eliot aus der Bank herauszuholen, und irgend
jemand fragte dann auch bestimmt, was ein Major überhaupt in einer Bank zu tun habe, und wenn er von der Heeresverwaltung abgesägt worden sei, ob er denn keine Pension bekäme oder zumindest eine Abfindung.
In solchen Fällen erklärte ich dann meinen Freunden, daß dies alles völlig belanglos sei. Entweder man hätte Bel Esprit oder man hätte keinen. Wenn man ihn hätte, würde man Geld zeichnen, um den Major aus der Bank herauszuholen. Wenn man keinen hätte, sei das sehr bedauerlich. Verstünden sie denn nicht die Bedeutung des kleinen griechischen Tempels? Nein? Das hatte ich mir gedacht. Schlimm, schlimm, mein Lieber. Behalt dein Geld. Das nehmen wir nicht.
Als Mitglied von Bel Esprit setzte ich mich energisch ein, und in jenen Tagen sah ich in meinen glücklichsten Träumen den Major als freien Mann aus der Bank schreiten. Ich kann mich nicht erinnern, wieso Bel Esprit schließlich einging, aber ich glaube, es hatte etwas mit der Veröffentlichung von «Das wüste Land» zu tun, das dem Major den Dial -Preis einbrachte; und nicht lange danach finanzierte eine adlige Dame eine Zeitschrift für Eliot, die The Criterion hieß, und Ezra und ich brauchten uns seinetwegen keine Sorgen mehr zu machen. Ich glaube, der kleine griechische Tempel steht noch in dem Garten. Es blieb immer eine Enttäuschung für mich, daß es uns nicht gelungen war, den Major allein durch Bei Esprit aus der Bank herauszuholen, da ich mir in meinen Träumen vorgestellt hatte, daß er vielleicht kommen würde, um in dem kleinen griechischen Tempel zu wohnen, und daß ich womöglich mit Ezra hingehen konnte, um bei ihm vorzusprechen und ihn mit Lorbeer zu krönen. Ich wußte, wo es schönen Lorbeer gab, den ich pflücken konnte; ich würde auf meinem Rad hinausfahren und ihn holen, und ich dachte, daß wir ihn jederzeit krönen könnten, wenn er sich einsam fühlte oder wenn Ezra das Manuskript oder die Fahnen eines zweiten großen Gedichtes wie »Das wüste Land» durchgesehen hatte. Das Ganze wirkte sich für mich wie so viele Dinge moralisch schlecht aus, weil ich das Geld, das ich dafür bestimmt hatte, um den Major aus der Bank herauszuholen, mit hinaus nach Enghien nahm und es auf Springpferde setzte, die unter dem Einfluß von Stimulantien liefen. Bei zwei Rennen schlugen die gedopten Pferde, auf die ich gesetzt hatte, die nicht gedopten oder unzureichend gedopten Viecher, bis auf ein Rennen, in dem unser Favorit derart
überstimuliert war, daß er vor dem Start den Jockey abwarf, ausbrach und eine ganze Runde der Hindernisbahn allein absolvierte und wunderbar sprang, so wie man manchmal im Traum springen kann. Man fing das Pferd ein, der Jockey bestieg es zum zweitenmal, es startete und belegte einen Ehrenplatz, wie der französische Rennausdruck dafür lautet, aber es gab kein Geld. Mir wäre wohler gewesen, wenn die Einsatzsumme Bel Esprit zugefallen wäre, der nicht mehr existierte. Aber ich tröstete mich damit, daß ich mit den Einsätzen, die sich so vermehrt hatten, dem Bel Esprit viel mehr hätte zukommen lassen können, als es meine ursprüngliche Absicht gewesen war.
Ein merkwürdiges Ende
Es war merkwürdig genug, wie es mit Miss Stein endete. Wir hatten uns sehr angefreundet, und ich hatte ihr eine Reihe praktischer Dienste geleistet, zum Beispiel erreicht, daß Ford ihr dickes Buch in Fortsetzungen zu veröffentlichen begann; und ich half ihr, das Manuskript abzutippen und Korrektur zu lesen, und wir wurden bessere Freunde, als ich es je hätte wünschen können. Freundschaften zwischen Männern und bedeutenden Frauen haben wenig Zukunft, obgleich sie äußerst erfreulich sein können, solange sie nicht zu- oder abnehmen, und gewöhnlich haben Freundschaften mit wirklich ehrgeizigen Schriftstellerinnen noch weniger Zukunft. Einmal, als ich eine ganze Zeitlang nicht in der Rue Fleurus 27 vorgesprochen hatte und mich damit entschuldigte, ich hätte nicht gewußt, ob Miss Stein zu Hause sei, sagte sie: «Aber Hemingway, Sie sind doch hier Herr im Haus. Wissen Sie das nicht? Ich meine das aufrichtig. Kommen Sie jederzeit, und das Mädchen -» sie nannte sie bei Namen, aber ich habe ihn vergessen - «wird sich um Sie kümmern, und Sie müssen sich's
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