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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Ton, mir brach der Schweiß aus allen Poren. »Ich habe nicht den Eindruck, daß der Mann lügt«, sagte Madame de Nemours im ruhigsten Ton.
    »Mit Verlaub«, entgegnete hitzig die Vasselière, »ich bin vom Gegenteil überzeugt. Seine Augen gefallen mir nicht.«
    »Mir gefallen sie«, sagte Madame de Nemours mit einem Lächeln, daß ich ihr am liebsten zu Füßen gefallen wäre.
    »Auf jeden Fall, meine ich, sollte er dem Vogt überstellt und gehängt werden!« rief die Vasselière außer sich.
    »Ein schöner Lohn, Madame«, sagte ich mit einer Verneigung, »für einen, der sich um Eure Versorgung bemüht.«
    »Untersteh dich, mich anzusprechen, Schuft!« fauchte sie, »ich brauche deine Höllendienste nicht!«
    »Ihr genießt offenbar andere«, sagte plötzlich mit pfeifender Stimme die Montpensier. »Und ganz ohne Zweifel, teure Kusine, habt Ihr noch Besuche in der Nachbarschaft zu machen, in welchem Fall ich Eure kostbaren Augenblicke nicht um ein Königreich weiter beanspruchen will.«
    Bei dieser groben Verabschiedung wölbte Madame de Nemours verwundert die Brauen und schenkte der Vasselière ein gütiges Lächeln, als diese mit marmornem Gesicht vor ihr knickste, sodann auch vor ihrer Kusine, worauf sie den Salon wortlos, mit zornschwarzen Augen und bedrohlichem Rauschen ihres Reifrocks verließ. Was mich sehr beunruhigte, wünschte ich doch, sie wäre nicht so argwöhnisch und meinem Projekt so feindlich gewesen, denn ich kannte diese Mänade und wußte, wozu sie imstande war.
    »Alsdann, Tuchhändler!« sagte die Montpensier, indem sie mir ihre noch immer zornsprühenden Augen zuwandte, »fragte ich nicht, was in deiner Kiepe ist?«
    »Madame«, sagte ich, wieder mit einem dieser Bücklinge, die mich um so mehr plagten, als mir das Kettenhemd dabei jedesmal in den Bauch schnitt, »sie enthält eine bescheidene Gabe, die ich Eurer Huld darbieten möchte, wenn Ihr geruhen und mir die Ehre erweisen wolltet, sie anzunehmen.«
    |249| »Was!« rief die Montpensier verächtlich, »Seiden! Satins! Du trägst Wasser in die Seine!«
    »Nein, Madame«, sagte ich, »die Seiden und Satins dienten nur dazu, auf dem Weg hierher das wahre Geschenk vor den Augen des Volkes zu verbergen.«
    Ich gab Pissebœuf, der die Kiepe trug, ein Zeichen, sich umzudrehen und in die Hocke zu gehen, dann griff ich mit beiden Händen unter die Stoffe und zog eins nach dem anderen zwei Weizenbrote hervor, goldbraun, zu Mittag erst gebacken, noch heiß und knusprig dem Ohr, der Nase betörend würzig, und als ich beide in meinen Händen erhob, schienen sie den kleinen Salon mit ihrer wunderbaren Gegenwart so zu erfüllen, daß ich bei allen Göttern schwören könnte, nie wurden in einem Laden auf dem Pont aux Changes Perlen, Steine oder Diamanten von diesen Damen mit solcher Inbrunst begehrt. Ach, welch gerechte Umkehr der Dinge es doch war, daß diese Fürstinnen wenigstens einmal im Leben die brennende Gier kennenlernten, die so viele ihrer unersättlichen Untertanen im Reich tagtäglich umtrieb!
    Dennoch, sah ich, öffnete weder die eine noch die andere den Mund oder machte auch nur die leiseste Bewegung, sie waren wie erstarrt und versteinert, bis ich kniefällig zuerst der Montpensier ein Brot überreichte und dann Madame de Nemours, der ich meinen Kniefall mit weit ehrlicherem Respekt erwies als ihrer Tochter, die mich sogleich, ohne das kleinste Dankeswort, verabschiedete (sie mußte es sehr eilig haben, in das schöne Brot zu beißen).
    »Komm morgen um dieselbe Zeit, Tuchhändler«, sagte sie nur in dürrem Ton. »Dann erfährst du von mir, ob Madame de Nemours von ihrem Sohn einen Paß für dich erhalten hat, damit du mit deiner Kutsche aus der Stadt kommst und zurück.«
    »Ja, ich werde mich dafür verwenden«, sagte Madame de Nemours mit ihrem liebenswürdigsten Lächeln. »Einstweilen, Herr Tuchhändler, habt besten Dank für dieses schöne und gute Geschenk.«
    »Franz«, sagte die Montpensier, »du bleibst hier, ich brauche dich. Der Mann findet allein zur Tür.«
    »Wie Euch beliebt, Frau Herzogin«, sagte Franz.
    Gefolgt von Pissebœuf, ging ich die zwei Etagen die Wendeltreppe hinunter, bis zu der langen Galerie über der Seine. |250| Und während ich so dem Haustor entgegenschritt und einen Seufzer der Erleichterung ausstieß, daß die gefürchtete Begegnung so gut überstanden war, hörte ich hinter mir plötzlich eine gellende Stimme.
    »Baron von Siorac!«
    Überrumpelt in törichtem und tödlichem Irrtum, drehte ich

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