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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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können.
    Ich fiel eher auf die unterste Treppenstufe, als daß ich mich setzte, der Schweiß rann mir in Strömen übers Gesicht, und alle meine Muskeln zitterten, so gewaltig war die Anstrengung gewesen, und voll ungläubigem Staunen starrte ich auf den hingestreckten Leichnam der Vasselière vor mir, aus welchem meine Waffe zu ziehen ich nicht mehr die Kraft aufbrachte.
    »Moussu«, sagte Miroul, indem er mir die Hand auf die Schulter legte, »was nun?«
    Ich öffnete den Mund zur Antwort, doch kein Ton kam heraus, ich war so ausgedörrt, daß mir der wenige verbliebene Speichel die Lippen verklebte. Stumm wies ich nach einem der Fenster, das auf die Seine ging, doch sogleich übermannte mich ein Entsetzen, daß ich mich fast übergeben wollte, und ich vergrub meinen Kopf in den Händen.
    »Und die Lakaien, Moussu?« fragte Miroul.
    »Mitnehmen«, sagte ich.
    Doch wenn meine Stimme auch wiedergekehrt war, dauerte es noch geraume Weile, bis ich mich von der Treppenstufe erhob.

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    |255| ACHTES KAPITEL
    »Moussu«, sagte Miroul, als er mich am nächsten Morgen aus einem Schlaf voll blutiger Alpträume weckte, »der Umgang mit dem Stoßdegen im Krieg hat Eure Fechtkunst verdorben: Ihr wart zu langsam und schwerfällig gegen diese Bestie. Beim Ochsenhorn, war für eine Klinge! Und schnell wie der Blitz! Ich habe um Euch gezittert, und hättet Ihr die Jarnac-Finte verfehlt, ich hätte ihr mein Messer zwischen die Schulterblätter geschleudert, auf die Gefahr hin, daß Ihr mir niemals vergebt. Aber warum sie Euch zu töten versuchte, kaum daß sie die zwei Degen in Händen hielt, bleibt mir ein Rätsel, wo sie so großartig focht!«
    »Vielleicht aus Lust am Verrat«, sagte ich, indem ich mir den brummenden Schädel rieb. »Was hast du mit den Lakaien gemacht?«
    »Ich habe ihnen zur Nacht und heute morgen Essen vorgesetzt, und weil sie es nicht fassen, daß sie noch am Leben sind und obendrein gefüttert werden, nennen sie mich ›Herr Meister‹ und küssen mir die Hände.«
    »Was hältst du von ihnen?«
    »Es sind gute, ehrbare Leute, direkt vom flachen Land, ohne ein Gran Bosheit.«
    »Weißt du ihre Namen?«
    »Die wissen sie selber kaum. Außerdem radebrechen sie fürchterlich. Der eine hieß bei seiner Herrin Picard, weil er aus der Picardie stammt. Der andere Breton, weil er aus der Bretagne kommt.«
    »Ob radebrechen oder nicht, versuch, ihre Familiennamen herauszubekommen. Ich will sie in den Paß einschreiben, den Nemours mir ausstellt.«
    »Was! Wir nehmen sie mit?«
    »›Wir‹? Habe ich ›wir‹ gesagt?«
    »Moussu, Ihr schraubt mich!«
    »So, glaubst du?« sagte ich, womit ich ihn beim Kinn faßte |256| und ihn auf die Wangen küßte. »Wie käme ich denn wohl zurecht ohne meinen wachsamen Sekretär? Aber Pissebœuf und Poussevent bleiben hier. Und Héloïse.«
    »Gut. Das Haus muß gehütet werden«, sagte Miroul, befriedigt, daß die Arkebusiere nicht mitreisten.
    »Wie, bist du nicht eifersüchtig?«
    »Ehrlich teilen erspart Eifersucht.«
    »Und was bekommt Pissebœuf, der dem armen Picard im rechten Augenblick die Kiepe ins Gesicht warf? Dreißig Ecus?«
    »Die hat er verdient.«
    »Und du?«
    »Ha, Moussu!« sagte er großspurig und als wäre er gekränkt, »ich bin kein armer Mann!«
    »Das höre ich oft genug. Was hältst du von meinem Amethystring hier, mit den kleinen Diamanten ringsum?«
    »Das ist viel zuviel, Moussu!«
    »Dann ist es genau richtig. Ohne dich hätte die Furie mich aufgespießt.«
    »Moussu! Zehntausend Millionen Mal Dank!«
    Und sein klares, offenes Gesicht lief rot an vor Glück über dieses Geschenk, nicht sosehr seines Geldwertes wegen, sondern wegen der Ehre, die es ihm vor seiner Florine eintrüge, und sein braunes Auge glänzte fast so hell wie sein blaues. Er verneigte sich tief und tänzelte leichtfüßig zur Tür.
    »Warum fragst du nicht, was wir mit Picard und Breton machen?«
    »Schön«, sagte er, sich umwendend und beglückt über das »wir«, »was machen wir mit ihnen?«
    »Ich stelle sie in Chêne Rogneux in meinen Dienst.«
    »Moussu!« rief er freudig, »wir gehen nach Montfort? Ich getraute mich gar nicht, Euch das zu fragen, aus Furcht, daß sich keine Gelegenheit böte.«
    Und weil ihm plötzlich einfiel, daß ich mich auf Angelina ja nicht so freute wie er sich auf seine Florine, verdunkelten sich seine Augen ein wenig, und er wechselte rasch das Thema.
    »Der Einfall ist gut«, sagte er. »So ist uns das Schweigen von Picard und Breton bis

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