Paris ist eine Messe wert
daraus hervor, so giftig, aufsässig und unverbindlich klangen die Worte, mit welchen er Navarra aufforderte, seinen hugenottischen Glauben unverzüglich abzulegen, wenn nicht, so könnten sie seine Legitimität als König von Frankreich nicht anerkennen.
»Sire«, sagte François von O, »da das Reich, das Euch heute zufällt, kein verächtliches Erbe ist, muß es zu seinen Bedingungen übernommen werden. Wir meinen deshalb, daß Ihr sehr genau in Betracht ziehen solltet, welcher Religion die Prinzen von Geblüt, die Offiziere der Krone, die Gerichtshöfe, die drei Stände und die Gesamtheit des Volkes in diesem Reich sind. Ebenso solltet Ihr in Betracht ziehen, daß in diesem Reich bis heute kein König als solcher angesehen wurde, der nicht geweiht und gesalbt war, die Salbung ist sozusagen Einstand und |118| Kennzeichen eines Königs von Frankreich, so daß er ohne Weihe und Salbung nicht wahrhaft regieren kann. Demgemäß halten wir dafür, daß Ihr, Sire, mit dem Reich zugleich die Religion des Reiches übernehmt – oder wenigstens jetzt ein Versprechen ablegt, Euch in den nächsten Tagen in der katholischen Religion unterrichten zu lassen –, oder aber Ihr wählt die Armut eines Königs von Navarra und entsagt dem Glück und der hervorragenden Stellung eines Königs von Frankreich.«
Nun auch von der zweiten Seite erpreßt, erbleichte der König vor Furcht und Zorn. Er hielt in seiner Wanderung inne und verwahrte sich gegenüber den »Dienern des seligen Königs« in höflichen, aber entschiedenen Worten gegen die Anmaßung, ihn zur Bekehrung zwingen zu wollen.
Die Gesichter der hugenottischen Räte hellten sich im gleichen Maße auf, wie sich die der anderen verdüsterten.
Um letztere nicht weiter zu verprellen, sicherte Navarra ihnen feierlich zu, daß er nicht die Absicht hege, irgend jemanden im Reich zur reformierten Religion zu bekehren, und er versprach, den Würdenträgern des Reiches umgehend in einem Sendschreiben kundzutun, daß er die katholische, apostolische und römische Religion besagten Reiches unangetastet und unverändert aufrechterhalten und bewahren werde. Was aber seine eigene Religion angehe, so bat er die Herren, seinem Gewissen ein wenig Zeit zu lassen. Nicht bedrängen sollten sie ihn, sondern vielmehr ihn belehren und unterrichten, er sei kein Starrkopf. Könnten sie ihm eine andere Wahrheit aufzeigen als jene, die er glaube, so werde er sich ihr ergeben.
Diese zugleich formelle und vage Zusage, die ihn verpflichtete, ohne ihn zu binden, versetzte die hugenottischen Räte, wie ich beobachten konnte, in höchste Unruhe, ohne doch die katholischen Herren zu befriedigen.
Das Ergebnis dieses Konziliums war auf katholischer Seite ebenso folgenschwer wie auf der hugenottischen: Unter Bekundung seiner Königstreue verließ Epernon das königliche Feldlager samt den zahlreichen Truppen, die er für meinen seligen Herrn ausgehoben hatte, und ebenso scheute La Trémoille sich nicht, mit seinen reformierten Adligen abzuziehen. Verfügte die königliche Armee am 1. August noch über 40 000 gesunde und gutbewaffnete Männer, so sank ihr Bestand am 3. August auf knappe 20 000, ohne daß die Mittel erlaubten, andere |119| Soldaten zu rekrutieren, die königlichen Kassen waren leer.
Am Abend dieses denkwürdigen Tages sprach der König denjenigen, die darauf beharrten, ihm auch im Unglück zu dienen, seinen unendlichen Dank für ihre Treue aus. »Denn schließlich …«, unterbrach er sich lächelnd und setzte mit verschmitzter Miene hinzu, »… denn schließlich, meine Herren, habt Ihr vor Euch einen Ehegemahl ohne Gemahlin, einen General ohne Geld und einen König ohne Krone.«
Im Verlauf des Gefechts vor den Mauern von Saint-Germain traf mich ein Schuß in den linken Arm. Weil ich stark blutete und den Zügel nur mit einer Hand halten konnte, ließ Monsieur de Rosny mich von seinem Junker Maignan ins Quartier Gondi begleiten und von seinem Feldscher verbinden. Als er mich am nächsten Tag besuchte, äußerte er seine Freude, mich in gutem Zustand, mit nur geringem Fieber, vorzufinden, und er sprach die Hoffnung auf meine rasche Genesung aus, obgleich der Bader ebenso meinte wie ich, daß es mindestens einen Monat dauern werde, bis ich meinen Arm wieder gebrauchen könnte. Hierauf – weil er wußte, daß ich Englisch konnte und seinerzeit der Gesandtschaft des Pomponne Pompös angehört hatte, die der selige König anläßlich des Prozesses der Maria Stuart zu Königin
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