Parker Pyne ermittelt
lapidare Antwort.
»Ich ziehe meinen Hut vor Ihnen«, sagte Mr Parker Pyne, und seine Stimme klang anders als sonst. Er lupfte feierlich seinen Hut und ging.
»Und Joe darf das niemals erfahren, verstanden?«, rief Mrs Rymer hinter ihm her.
Die untergehende Sonne zeichnete ihren Umriss vor einem strahlend blauen Himmel ab, in ihren Händen einen blaugrünen Kohl, mit stolz gerecktem Kopf und geradem Rücken. Sie gab eine grandiose Figur ab, diese Bäuerin, deren Gestalt sich in der Abenddämmerung vor dem golden gleißenden Gestirn abzeichnete…
Haben Sie alles, was Sie brauchen?
» P ar ici, Madame.«
Eine groß gewachsene Frau im Nerzmantel folgte ihrem erheblich belasteten Gepäckträger entlang des Bahnsteigs am Gare de Lyon.
Sie trug eine dunkelbraune Strickmütze, die sie über ein Auge und ein Ohr gezogen hatte. Die andere Seite enthüllte ein bezauberndes stupsnasiges Profil und kleine, goldene Locken, die sich um das muschelförmige Ohr scharten. Sie war ganz Amerikanerin, eine äußerst bezaubernde Person, und mehr als nur ein Mann drehte sich nach ihr um, als sie an den hohen Waggons des wartenden Zugs entlangging.
Große, schwere Anzeigetafeln steckten in den Halterungen außen an den Waggons.
PARIS – ATHEN. PARIS – BUKAREST. PARIS – ISTANBUL.
An der letzten Tafel blieb der Gepäckträger abrupt stehen. Er löste den Riemen, der die Koffer zusammenhielt, und sie polterten mit dumpfem Klang zu Boden. »Voici, Madame.«
Der Schlafwagenschaffner stand neben dem Trittbrett. Er näherte sich ihr mit den Worten »Bonsoir, M a dame« und einer Herzlichkeit, die vielleicht durch den besonders hochwertigen Pelzmantel gefördert wurde.
Die Frau reichte ihm das auf dünnem Papier gedruckte Schlafwagenticket.
»Nummer sechs«, sagte er. »Folgen Sie mir bitte.«
Er sprang behände in den Waggon, und die Frau folgte ihm. Als sie ihm den Flur entlang folgte, prallte sie fast mit einem beleibten Gentleman zusammen, der aus dem Abteil neben ihr kam. Kurz erhaschte sie einen Blick auf ein breites, angenehmes Gesicht und wohlwollende Augen.
»Voici, Madame.«
Der Schaffner präsentierte ihr das Abteil. Er ließ das Fenster herunter und winkte dem Gepäckträger. Ein Untergebener nahm die Koffer entgegen und brachte sie auf der Gepäckablage unter. Die Frau nahm Platz.
Ein kleines scharlachrotes Etui und ihre Handtasche lagen neben ihr. Es war sehr warm im Waggon, aber es schien ihr nicht in den Sinn zu kommen, ihren Mantel auszuziehen. Sie starrte aus dem Fenster, ohne etwas wahrzunehmen. Etliche Leute eilten den Bahnsteig auf und ab und versuchten ihre Waren zu verkaufen: Zeitungen, Kissen, Schokolade, Früchte, Mineralwasser. Sie streckten ihr alles entgegen, aber sie schaute durch sie hindurch, als ob sie gar nicht da wären. Der Gare de Lyon war für sie nicht mehr existent. Wer sie ansah, erblickte eine traurig und besorgt wirkende Frau.
»Würden Madame mir ihren Pass zeigen?«
Die Worte erreichten sie nicht. Der Schaffner, der im Türrahmen stand, wiederholte sie. Elsie Jeffries raffte sich mit einem Ruck auf.
»Wie bitte?«
»Ihren Pass, Madame.«
Sie öffnete ihre Handtasche, nahm den Pass heraus und gab ihn dem Schaffner.
»In Ordnung, Madame, ich werde mich um alles Weitere kümmern.« Eine kurze, aber vielsagende Pause. »Ich werde Madame bis Istanbul begleiten.«
Elsie zog einen Fünfzig-Franc-Schein hervor und gab ihn ihm. Er nahm ihn nüchtern entgegen und fragte sie, wann sie ihr Bett gemacht haben und ob sie zu Abend essen wollte.
Nachdem diese Fragen geklärt waren, zog er sich zurück und fast augenblicklich danach lief der Kellner den Flur entlang. Er klingelte wild mit einer kleinen Glocke und schrie: »Premier service, Premier service.«
Elsie erhob sich, zog ihren schweren Pelzmantel aus, warf einen kurzen Blick auf ihr Spiegelbild und trat auf den Flur hinaus. Ihre Handtasche und Schmuckschatulle nahm sie mit. Nach nur wenigen Schritten eilte der Kellner auf seinem Rückweg an ihr vorbei. Um ihm aus dem Weg zu gehen, wich Elsie für einen Augenblick in den Türrahmen des benachbarten Abteils aus, das nun leer war. Als der Mann an ihr vorbeilief und sie sich auf den Weg in den Speisewagen machen wollte, fiel ihr Blick zufällig auf das Namensetikett eines Koffers, der auf dem Sitz lag.
Es handelte sich um einen stabilen, wenn auch etwas abgenutzten Schweinslederkoffer. Auf dem Etikett standen die Worte: ›J. Parker Pyne, Passagier bis Istanbul.‹ Auf
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