Parrish Plessis 01 - Nylon Angel
wohl einiges zu erklären.
Das Bild des fülligen Provinzlers in seinen Lederklamotten brachte ein Lächeln auf meine Lippen; in letzter Zeit hatte ich nicht viel Grund gehabt, mich über etwas zu amüsieren.
Unmittelbar nach dem Verschwinden der Muenos tauchte ein Dealer mit fleckiger Haut, prägnanten Gesichtszügen und dramatisch gestyltem Haar auf, um uns Drogen anzubieten. »Ihr beide scheint in schlechter Verfassung zu sein. Ich habe hier etwas Stirn für euch – zahle und strahle!«
Sein Gesicht war gescheckt, untypisch für einen Mueno, und seine Stiefel versicherten mir zusätzlich, dass der Typ auf keinen Fall aus der Gegend stammte: hochhackig, bis zu den Oberschenkeln hochgezogen, in stechendem Rosa. Echte Muenos trugen Schaftstiefel. Ich fragte mich, was der Kerl so weit von Plastique entfernt trieb.
»Wie viel willst du für das Zeug haben?« Ich wusste, dass Stos Körper in seinem jetzigen Zustand die Droge kaum verkraften würde. Höchstwahrscheinlich würde er einen Herzinfarkt bekommen. Normalerweise wäre das nicht weiter schlimm gewesen – Reanimationen waren an der Tagesordnung –, aber ich hatte weder Geld noch ein Wiederbelebungsgerät.
Nein. Das Stirn war für mich selbst.
»Dreihundert.«
»Dreihundert!« Ich war zwar müde, aber nicht dumm. »Ich geb dir fünfzig, und du legst noch ein wenig Elektrolyt obendrauf.«
Er verzog seine braun-weißen Lippen. »Du kennst dich aus. Wo kommst du her?«, fragte er mich, während er mir ein Päckchen Stim und einen Injektor mit Elektrolyt reichte.
Ich tröpfelte mir etwas davon auf die Finger und versicherte mich, dass es gutes Elektrolyt war; anschließend injizierte ich Sto eine Dosis in den Arm. Dann öffnete ich das Päckchen.
Der Dealer beugte sich zu mir hinüber. Mit seinen nadelförmigen Fingernägel-Implantaten zog er eine kleine Menge Stirn aus der Packung. Ich konnte mir vorstellen, dass die Implantate in seinem Beruf recht nützlich waren. Ich hatte auch schon andere gesehen, in der Regel waren sie wie kleine Messer geformt.
Der Kerl schenkte mir ein zuversichtliches Lächeln, das mich beunruhigte. »Ich mache dir ein Angebot. Du bist weit weg von zu Hause; deshalb darfst du die Ware probieren, bevor du zahlst. Das ist doch fair, oder nicht?« Er stach mir mit seinen Nadel-Nägeln in den Arm, schneller als ich reagieren konnte.
Im selben Augenblick traf mich das Rauschgefühl wie ein Blitz, und ich schlug den Kerl rein aus Reflex nieder.
Einen Moment später erkannte ich die schreckliche Wahrheit. Ich selbst löste den Rauschzustand aus; es war mein Adrenalin, mein Instinkt. Der Dealer hatte mir kein Stirn injiziert, sondern ein Beruhigungsmittel. Ich fiel innerhalb weniger Minuten aus dem High-Gefühl in einen tiefen Nebel. Unbeholfen drehte ich mich zu Sto um und versuchte zu reden, doch meine Zunge fühlte sich an wie angeschwollen.
Sto schleifte seinen Köper nach vorne, um meinen Fall zu bremsen. Wenigstens war der Dealer nicht wieder auf die Füße gekommen. Während ich in Bewusstlosigkeit versank, wanderte mein Blick auf die andere Seite der Straße. Das Letzte, was ich dort sah, war das geparkte Gas-Gas.
KAPITEL ACHT
Ein Engel raste durch meine Venen. Mit seinen großen, rot-goldenen Flügeln vernichtete er die Rückstände des Betäubungsmittels. Er schien wütend über die ungewollte chemische Invasion zu sein. Ich wartete darauf, dass er in die Nähe meiner Retina kam, damit ich sein Gesicht sehen und ihn erkennen konnte…
Stimmen zerschnitten meine Gedanken.
»Ist sie tot?«
»Nein. Aber ich hab ihr eine maximale Dosis verpasst. Die wird noch für eine ganze Weile außer Gefecht sein. Ich weiß, was ich tue.«
»Was ist mit Sto?«
»Sie hat ihm Elektrolyt verabreicht. Es geht ihm schon wieder besser. Aber seine Füße… ugh.«
»Ugh?«
»Verbrennungen dritten Grades, Brandblasen. Es sieht so aus, als hätte er sich sogar auf die Füße gekotzt.«
Ich hörte genau zu, versuchte, das Gespräch von der Vision des Engels in meinem Kopf zu trennen. Meine Gedanken waren verschwommen, doch mein Körper lebte wie elektrisiert von der Berührung des Engels.
Es dauerte eine Weile, bis ich eine der beiden Stimmen erkannte. Es war die des Dealers, und auch die andere kam mir bekannt vor… aber irgendwie verfremdet. Ich versuchte, gleichmäßig und flach zu atmen, und hörte weiter zu.
Der Dealer redete weiter. »Ich habe seine Verletzungen versorgt; trotzdem wird er für ein paar Tage nicht laufen
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