Parrish Plessis 02 - Code Noir
können, doch ich brauchte keine chemische Analyse, um zu wissen, dass es sich bei dem gelbgrünen Schleim, der durch ihn hindurch floss, um ein hochgiftiges Gemisch handelte. Die Dämpfe, die von dieser Flüssigkeit aufstiegen, brannten mir bereits in Augen und Nase und ätzte in meinen Atemwegen wie Salzsäure – ich atmete pures Gift.
Ich trat ein paar Schritte zurück und schnappte nach Luft. Als ich in den Himmel hinaufschaute, erblickte ich zu meiner Überraschung einen dünnen Rauchstreifen, der sich bis zum Horizont hin zog.
Ich spürte ein Prickeln in der Magengrube. War das eine Spur des Leichtflugzeugs? Hatte ich es womöglich doch beschädigt?
Die Richtung, in die sich der Rauchstreifen erstreckte, stimmte mit meinen Kompassdaten überein: Osten. Die Maschine bewegte sich noch immer in dieselbe Richtung.
»Wie überquere ich bloß diesen Kanal?«, grübelte ich laut.
Nachdenklich sah ich wieder in den Kanal hinab und beobachtete die dicke Flüssigkeit, die die Sonnenstrahlen in unnatürlichen Farben zurückwarf. Ich erkannte das leuchtende Blau von Kupfersulfat, was mich vermuten ließ, dass früher in der Nähe eine Kupferschmelze existiert haben könnte.
Ich sah zum gegenüberliegenden Ufer hinüber, das so verführerisch nah wirkte. Vor langer Zeit hatte dieser Kanal vielleicht einmal die Reichen und Mächtigen, die dort drüben gelebt hatten, vom einfachen Pöbel abgeschirmt, der am diesseitigen Ufer in seinen bescheidenen Behausungen dahinvegetiert hatte.
Loser machte eine Miene wie zehn Tage Regenwetter und kauerte sich bekümmert an den Rand des Kanals. Der Gestank, der mir noch immer in der Nase brannte, schien ihm nicht das Geringste auszumachen.
Mit einem kleinen Sicherheitsabstand zum Wasser trottete ich Richtung Westen am Ufer entlang und hielt nach einem Weg hinüber Ausschau. Nach einer Weile erreichte ich die verwitterten Überreste einer alten Monorailbahn-Brücke. Es war schwer zu sagen, ob man ihr Gerüst absichtlich eingerissen hatte, oder ob der ätzende Strom, der unter ihr hindurch floss, den Stahl zerfressen hatte. Nur die Stützpfeiler waren noch übrig geblieben und ragten nun wie rostige Nägel aus dem giftigen Wasser heraus.
Es muss noch einen anderen Weg geben, machte ich mir Mut. Vielleicht existierten noch andere alte Verkehrswege, die nach wie vor intakt waren. Doch hier würde ich vergeblich nach Straßen suchen. Es war schon lange her, dass ein Mensch seinen Fuß in dieses Gebiet gesetzt hatte.
Sogar die Schlangen hielten sich respektvoll vom Wasser fern. Ich sah, wie zwei von ihnen aus einem der Gebäude krochen, das Wasser jedoch mieden, als existiere eine unsichtbare Grenze am Ufer.
Offenbar wussten sie etwas, das ich nicht wusste. Ich wünschte, sie hätten ihr Geheimnis mit mir teilen können.
Als sich bereits die Dunkelheit über das Land legte, saß ich noch immer in der Nähe der verrosteten Brückenpfeiler und starrte frustriert zum anderen Ufer hinüber. Die Dämmerung tauchte den Dschungel in schmutzige, dunkle Farben. Von Menschen war nirgends eine Spur zu sehen.
Ich streckte meine müden Beine aus und ließ den Blick über die Baumgipfel schweifen. In der Ferne erblickte ich den hellen Lichtschein der bevölkerten Stadtteile.
Wie gerne wäre ich nach Hause gegangen und hätte den Cabal Coomera einfach erklärt, ich hätte Tulu verloren und Dis sei für Touristen gesperrt.
Und vielleicht hätte ich das auch tatsächlich getan, wenn ich mir nicht sicher gewesen wäre, dass hier irgendwo Menschen lebten.
Sie versteckten sich noch tiefer im Urwald.
Außerdem war an Kapitulation nicht zu denken: Tulu hatte Mei entführt und beinahe Sto getötet. Und sie hatte die Karadji in ihrer Gewalt. Nein, ich konnte nicht einfach aufgeben und mich Zuhause auf meine Couch legen. Das hier war längst persönlich geworden.
Ich ging dorthin zurück, wo ich Loser zurückgelassen hatte. Ich folgte einfach dem Verlauf des Kanals, wobei ich vorsichtshalber die Atemmaske aufsetzte, die mir die Straßenkinder gegeben hatten. Der Schein meiner Minenlampe bewahrte mich davor, aus Versehen in die giftige Brühe zu fallen.
Loser hatte sich nicht vom Fleck gerührt; er lag noch immer wie eine graue Steinstatue am Ufer des Kanals. Ich ließ mich neben ihn fallen und lehnte mich gegen einen Pfahl, der vielleicht einst als Festmacher für Boote gedient hatte.
Mit der Maske auf meinem Gesicht, dem Gurkha-Messer in der einen, einer Pistole in der anderen Hand und
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