Parrish Plessis 02 - Code Noir
kündigte das laute Knattern von Rotoren einen näher kommenden Hubschrauber an.
Schade.
»Sie kommen.« Ike drehte sich um und ging hinaus.
Tulu blieb zurück. Sie schlich in die hinteren Regalreihen und kam mir bedrohlich nahe.
Ich kroch in die Kühltruhe, die mir am nächsten war, und kauerte mich zwischen zwei der großen Bottiche. Ich betete inständig, dass Tulu mein Zähneklappern nicht vom Geräusch der Kühlaggregate unterscheiden konnte.
Zu meinem Entsetzen blieb sie abrupt stehen und begann damit, jede einzelne Kühltruhe zu durchsuchen. Ahnte sie etwas?
Ich schloss die Augen und dachte an etwas Angenehmes: zum Beispiel wie ich Tulu den kleinen Beutel mit Voodoo-Symbolen abnahm, den sie um die Hüfte trug, und ihr damit den Hals zuschnürte. Dann würde ich ihr noch Nase und Mund mit Klebeband verschließen und sie langsam ersticken lassen…
Tulu stieß ein paar unverständliche Worte aus und griff in den Voodoo-Beutel.
Mich überfiel eine plötzliche Platzangst; ich wollte die Tür der Kühltruhe aufreißen und an Tulu vorbei ins Freie stürmen. Verzweifelt lehnte ich mich gegen einen der Bottiche. Meine Muskeln verkrampften sich, und meine Haut fror sofort an dem eiskalten Metall fest; es war kein sonderlich angenehmes Gefühl, aber es half mir dabei, die Platzangst zu verdrängen.
Ich fühlte, wie Tulu sich wieder entfernte. Der Griff ihres Voodoo-Zaubers – denn anders konnte ich mir die Platzangst nicht erklären – ließ mich schließlich wieder frei.
Innerlich fluchend und mit Tränen in den Augen löste ich meine festgefrorene Haut von dem Metall; dann öffnete ich die Tür und schlich hinaus. Erst, als ich mich in Sicherheit wog und meine fast abgestorbenen Beine mit blutenden Händen massierte, bemerkte ich die beiden tropfenförmigen Parasiten, die sich an meinem Knöchel festgesaugt hatten. Ich zog den Cabal-Dolch und trennte sie vorsichtig ab.
Zitternd vor Kälte ging ich zur Tür hinaus. Ich wünschte mir nichts sehnlicher als eine warme Dusche und ein weiches Bett; doch bevor ich mich auf den Heimweg machte, musste ich Daac und Mei finden.
Und dann würden wir uns noch um Anna Schaum kümmern müssen. Lang musste sie hierher gebracht haben.
Meine Zehen schmerzten mit jedem Schritt. Vor nicht allzu langer Zeit hätte ich noch alles dafür gegeben, diesem widerlichen kleinen Flittchen die Hölle heiß zu machen. Offenbar hätte ich mir darüber keine Gedanken machen müssen, Schaum hatte sich selbst in diese absolut missliche Lage gebracht.
Das Quad stand noch dort, wo ich es versteckt hatte. Ich ließ den Motor an und machte mich auf den Weg zum nächsten Gebäude in der Hoffnung, das Rotorengeräusch des Hubschraubers würde das Quad übertönen.
Es war beinahe Vollmond, doch graue Schleierwolken verdunkelten den Nachthimmel. Als ich das Haus erreichte, parkte ich das Quad wieder außer Sichtweite. Dann rannte ich eilig zu dem Gebäude hinüber, bemüht, nicht lange im offenen Gelände umherzuirren. Ich stellte mich allerdings reichlich unbeholfen an, und stolperte über den Rand des Betonsockels, auf dem das Haus stand; mein Kopf krachte gegen den Türpfosten.
Wie gerne wäre ich einfach liegen geblieben, doch morgen würde bereits Vollmond sein, der Tag der King Tide. Das bedeutete: Ich musste den Cabal bis morgen Abend ihre Schamanen zurückbringen, wenn ich das Heilmittel von ihnen bekommen wollte.
Ich stand auf und öffnete die Tür.
Im Inneren des Gebäudes brannte kein Licht, und die Luft war kalt und trocken.
Ich wagte mich behutsam in die Dunkelheit vor. Ein Nachtsichtgerät wäre wirklich hilfreich gewesen; selbst im schwachen Schein des Mondes waren die Sichtverhältnisse besser gewesen als hier drinnen. Meine Hände fanden eine Wand, an der ich mich vorsichtig entlang tastete. Nach wenigen Metern berührte ich einen Lichtsensor. Ich schaltete ihn ein.
Eine Hälfte des Gebäudes erstrahlte in grellem Licht und tauchte die andere Hälfte in lange Schatten. Es dauerte einen kurzen Moment, bis sich meine Augen an den hellen Schein gewöhnt hatten. Ich stand in einer Halle mit glänzenden Metallen, hydraulischen Greifarmen, Gussformen jeglicher Art und Tischen voller Elektronik. Entlang der Wände standen Plasmatanks mit menschlichen Körperteilen, Hautproben und anderen Organen. In der Mitte des Raumes fand ich einige Aquarien vor – in den meisten schwammen merkwürdige Fische, die ich noch nie gesehen hatte.
Ich hatte Ikes Menschenfabrik gefunden!
Das
Weitere Kostenlose Bücher