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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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Skrupellosigkeit aus. VerlässtAuschwitz, als sich die RoteArmee nähert. Er wird von Himmler in das sogenannte Führerhauptquartier Adlerhorst in der Nähe von Bad Nauheim berufen…»
    «Stopp!», sagte Marthaler. «Was war das? Was haben Sie da gerade gesagt?»
    «Schon gut», sagte Bernd Meissner. «Es ist jedes Mal dasselbe, wenn ich davon erzähle. Kaum jemand weiß, dass Hitler von MitteDezember 1944 bis Mitte Januar 1945 mit der gesamten Spitze des Reichs einen Monat hier in der Gegend verbracht hat. Schon zuBeginn des Krieges hatteAlbert Speer die Schlösser in Kransberg und Ziegenberg für diesen Zweck umbauen lassen.Aber als es endlich so weit war,hat sich Hitler geweigert, dort einzuziehen.Also baute man ein paar Kilometer weiter in ein einsam zwischen Wäldern gelegenes Wiesental sieben massive Betonhäuser, die allesamt mit unterirdischen Bunkern versehen waren. Um die Häuser zu tarnen, wurden sie mit Holzverkleidet und mit Tarnnetzen überspannt.»
    «Gut»,sagte Sabato, der inzwischen fast den gesamten Kuchen, den derArchivargekauft hatte, allein aufgegessen hatte, «aber wieging es nun mit Niehoff weiter?»
    «Wussten Sie», fragte Meissner, «dass Hitler in den letzten Monaten seines Lebens zum Entsetzen seiner Diätköchin ganze Berge von Kuchen vertilgt hat?»
    Sabato hörte kurz auf zu kauen, schluckte noch einmal, schüttelte den Kopf und schob sich schließlich das letzte Stück Streuselkuchen in den Mund.
    «Also gut… Niehoff», fuhr derArchivar fort. «Je näher dieAlliierten kamen, desto nervöser wurde man in Wiesental. Hitler misstraute allen und jedem. Er hatte sogarAngst, dass ihn einer der Mediziner aus seiner Umgebung vergiften könne.Auf Betreiben Himmlers wurde Niehoff in den Tross der Begleitärzte integriert. Ob er Hitler persönlich jemals zu Diensten war, ist unklar. Jedenfalls war es der Höhepunkt und das Ende seiner kurzen Karriere.»
    «Aber was wurde aus ihm?», fragte Marthaler.
    «Als die Ardennenoffensive gescheitert war, war auch Schluss mit dem Adlerhorst in Wiesental.Am 15.Januar 1945 zogen Hitler und die ganze Bande weiter.Sie fuhren mit ihren Autos über Ziegenberg, Ober-Mörlen, Bad Nauheim nach Hungen. Dort stiegen sie in den Zug, der sie nach Berlin brachte, wo sie vom Bahnhof aus direkt inden Bunker der Reichskanzlei fuhren. Dort hockte auch Dr.Niehoff bis EndeApril, als das Feuer der Geschütze immer näher kam und Hitler seine Getreuen entließ. ‹Macht, was ihr wollt. Ich habe keine Befehle mehr›, sagte Hitler.Niehoff versuchte, sich mit einer ganzen Gruppe durchzuschlagen, kam aber im Geschützfeuer der Roten Armee ums Leben.»
    «Und wenn nicht?», fragte Sabato.
    «Gerüchte gab es immer», sagteMeissner. «Wahrscheinlich landete seine Leiche in einem der Massengräber, die man in Berlin fürdie Toten der letzten Kriegstage hatte ausheben lassen. Niehoffs Frau ließ ihren Mann für tot erklären und heiratete später einen seiner Cousins…Aber, ehrlich gesagt, ich finde, dass ich jetzt genug geredet habe. Jetzt wüsste ich gerne, warum Sie sichso sehr für Niehoff interessieren. Sie haben dieAufzeichnungen ArthurHofmanns gefunden, nicht wahr?»
    Sabato und Marthaler sahen sich verwundert an. «Wie kommen Sie darauf?», fragte Sabato. «Wie kommen Sie auf diesen Namen? Und wieso haben Sie sich ausgerechnet heute mit Niehoffs Biographie beschäftigt?» DerArchivar grinste. «Weil oben in unseremAktenlager ein älterer Herr sitzt, der in den Protokollen des Auschwitz-Prozesses nach Hinweisen auf seinen Vater sucht. Bevor ich vorhin in die Cafeteria kam, habe ich ihn auf eine Stelle aufmerksam gemacht, in der es um Dr.Niehoff und umArthur Hofmann geht. Und Sie wollen mir doch bitte nicht weismachen,dass es sich dabei um einen Zufall handelt…» Marthaler schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Das Geschirr auf dem Tablett klirrte. Erschrocken drehten sich einige derStudenten an den Nachbartischen herum. «Das heißt, Georg Hofmann ist nach Frankfurt gekommen», rief Marthaler aus. «Wir müssen ihn sprechen. Sofort. Vor allem müssen wir sehen, was er in den Akten gefunden hat.»
     

Neun
    Zu dritt standen sie im siebten Stock des IG-Farben-Hauses vor demAktenlager.Als derArchivar Bernd Meissner die Tür geöffnet hatte, sahen sie, dass sich niemand mehr in dem Raum befand. Monsieur Hofmann war bereits wieder gegangen.
    «Verdammt nochmal», sagte Marthaler. «Wir sind zu spät.»
    Auf dem Tisch lag ein aufgeschlagenerAktenordner.
    «Das ist die

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