Passionsfrüchtchen
noch einmischte. Gut, dass sie sich mit so etwas nicht herumschlagen musste.
Sonntagabend um Viertel vor acht klingelte es an Ninas Tür. Das musste er sein. Endlich war der Zeitpunkt gekommen.
Sie hatte sich genau überlegt, wie sie vorgehen wollte, um das Gespräch auf die Frage zu bringen, die sie so brennend interessierte. Sie hatte sich besonders schön für ihn gemacht und ihr enges rotes Stretchkleidangezogen, das nur von einem Träger auf der rechten Schulter gehalten wurde. Jetzt war der Moment da. Sie öffnete die Haustür und ließ Sven herein.
„Hallo, Liebling“, sagte Sven. Er umarmte sie und gab ihr einen Kuss auf den Mund. „Du hast mir gefehlt.“
„Du mir auch.“ Es war die Wahrheit. Jetzt, da er vor ihr stand, erschien es undenkbar, dass er ein anderer sein könnte, als der, den sie kannte. Sie spürte das vertraute Gefühl seiner Nähe, und doch war er ihr ein kleines bisschen fremd. Trotzdem genoss sie den Augenblick des Wiedersehens und fühlte jene Erregung von ihr Besitz ergreifen, die sie immer in seiner Anwesenheit überkam.
Er schnupperte in die Luft. „Mmh … hier riecht es gut. Hast du gekocht?“ Er spähte in die Küche.
„Nur eine Kleinigkeit. Ich dachte, ich warte mit dem Essen auf dich. Hast du Hunger?“
„Einen Bärenhunger!“ Er zog sie an sich und sah ihr tief in die Augen. „Mmh, du siehst zum Anbeißen aus.“ Er kniff sie sanft mit den Zähnen in den Hals.
Sie spürte ihr Verlangen nach ihm auflodern und wusste genau, von welchem Hunger er sprach. Wenn er sie noch länger so ansah und festhielt, würde sie sich nicht mehr beherrschen können. Sie sehnte sich danach, dass seine Hände sie berührten, seine Lippen sie liebkosten, aber sie wusste auch, wenn sie es jetzt zuließ, hätte sie nicht mehr die Kraft, ihn zur Rede zu stellen. Sie musste aber Gewissheit haben. Noch so ein Tag voller Zweifel ging über ihre Kräfte. Sie befreite sich aus seiner Umarmung.
„Also“, sagte sie, „lass uns erst etwas essen.“
Er schaute überrascht, folgte ihr aber in die Küche und nahm an dem gedeckten Tisch Platz.
Sie hielt ihm eine Schachtel Streichhölzer hin. „Du kannst die Kerze anzünden.“
„Wenn du jedes Mal ein Candle-Light-Dinner machst, wenn wir uns zwei Tage nicht sehen, sollte ich vielleicht öfter geschäftlich unterwegs sein“, neckte er sie und entzündete ein Streichholz. „Was für ein Empfang!“
Nina öffnete die Ofenklappe und prüfte, ob das Fleisch gar war.
„Kann ich dir mit irgendetwas helfen?“, fragte er.
Sie schloss den Backofen und drehte sich zu ihm um. „Ja, sei doch so lieb und mach schon mal den Wein auf, Sven.“
Nina hielt den Atem an. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Sie beobachtete, wie er nach der Weinflasche und dem Korkenzieher griff, die schon auf dem Tisch bereitlagen und anfing, die Kapsel vom Flaschenhals zu lösen. Er wollte gerade den Korkenzieher ansetzen, als er innehielt und seinen Blick auf sie richtete. In seinen Augen spiegelte sich die Erkenntnis, dass sie Bescheid wusste. Sie meinte aber auch Traurigkeit zu entdecken, vielleicht sogar ein wenig Furcht und bekam jetzt selbst ein bisschen Angst vor dem, was nun folgen würde.
„Woher weißt du …? Wie bist du drauf gekommen?“
„Ich habe den echten André getroffen.“ Sie setzte sich an den Tisch, berichtete von ihrem Erlebnis im Büro, von ihrem Entsetzen, als der echte André ihr die Wahrheit eröffnete, und von der schrecklichen Ungewissheit, die sie daraufhin gequält hatte. „Wieso hast du mir nicht gesagt, wie du wirklich heißt?“, fragte sie, als sie mit Erzählen fertig war. „Hast du geglaubt, ich verrate dich?“
„Das war es nicht.“
Nina meinte so etwas wie Hoffnungslosigkeit aus seiner Antwort herauszuhören. „Was dann?“
Sven fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. „Wenn ich nur wüsste, wie ich das erklären soll“, druckste er herum. „Es tut mir so leid, dass du dich wegen mir schlecht gefühlt hast. Das wollte ich nicht. Ganz bestimmt nicht.“ Er schien nach den richtigen Worten zu suchen. Dann fuhr er fort. „Ich wollte es dir schon am ersten Abend sagen. Aber du hast mich so erschreckt angesehen, dass ich es nicht konnte. Ich wollte dir nicht wehtun. Danach habe ich es immer wieder versucht, aber jedes Mal passierte irgendetwas … Und dann hast du gesagt: André, ich liebe dich. Ich dachte, du hast dich in André verliebt. In den erfolgreichen Marketingleiter und nicht in mich. An dem Abend wollte ich dir
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