Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Passwort: Henrietta

Passwort: Henrietta

Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
Vom Netzwerk:
blauschwarze Schatten eines riesigen Mantarochens durch das Wasser glitt. Laut ihrem Reiseführer gehörte es zum sogenannten Dig, einem unterirdischen Ganglabyrinth, in dem man die Meeresfauna betrachten konnte. Gewöhnliche Labyrinthe waren schon schlimm genug, bei der Vorstellung, dass sie hier von haiverseuchten Gewässern umgeben war, wurde ihr kalt.
    Sie setzte ihren Rundgang fort, bis sie fand, wonach sie gesucht hatte. Den Eingang zum Kasino.
    Sie trat in den Raum, in dem es vor Gästen nur so wimmelte. Augenblicklich fühlte sie sich zu Hause. In der Luft lag das Klacken der Jetons, ein Geräusch wie von Millionen Heuschrecken. Automaten und Spieltische erstreckten sich, so weit das Auge reichte: Black Jack, Poker, Roulette, Craps. Croupiers mit Fliegen standen an den Tischen, gelegentlich war das Ding-Ding ihrer silbernen Glocken zu hören, wenn ihnen die Gäste von ihrem Gewinn ein Trinkgeld zukommen ließen.
    Harry musste beinahe lächeln. Dank ihrem Vater war ihr diese Welt vertraut. Natürlich war hier alles um einige Nummern größer als in den Kasinos in Soho, aber die Umgangsformen und die Spieler waren im Grunde überall gleich.
    Sie betastete ihre Handtasche und spürte die dicken Umschläge. Dann schlängelte sie sich zu den Black Jack-Tischen in der Mitte des Raums. Die Tische mit den geringeren Einsätzen, die ihrem Zweck nicht dienlich und außerdem überfüllt waren, ignorierte sie. Sie suchte sich einen Tisch mit einem Minimumeinsatz von zweihundert Dollar. Nur ein einziger Spieler saß dort, ein älterer Mann, dem eine nicht angezündete Zigarette im Mundwinkel klebte. Sie setzte sich auf einen Hocker, zog aus ihrem dicksten Umschlag zweitausend Dollar, legte die Scheine auf den Tisch und wartete, dass der Croupier sie in Jetons umtauschte. Ihr Vater hatte ihr von klein auf beigebracht, dem Croupier nie Bargeld hinzuhalten. Aus Sicherheitsgründen durfte er nichts aus den Händen der Spieler annehmen. Erst als der Croupier ihren gekauften Jetonstapel zusammenstellte, registrierte sie seine hellen, bernsteinfarbenen Augen und erkannte in ihm ihren Taxifahrer. Ethan.
    Sie lächelte. »Sie haben also zwei Jobs?«
    Fragend sah er sie an, dann erkannte er sie. »Ach, die Lady, die rein geschäftlich hier ist.« Er erwiderte ihr Lächeln. »Eigentlich hab ich drei Jobs. Morgens führe ich Touristen durch den Dig.« Er schob ihr den Jetonstapel hin und ließ die Geldscheine in einen Schlitz im Tisch gleiten. »Waren Sie schon mal dort?«
    »Nein, ich bin nicht scharf auf Haie.«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Dann sind Sie hier fehl am Platz.«
    Harry lächelte, nahm einen purpurfarbenen Jeton vom Stapel und legte ihn in die Wettbox. Fünfhundert Dollar. Ethan gab die Karten und schob sie mit seinem Rateau den Spielern hin. Harry bekam eine Sechs und eine Vier, während der alte Mann neben ihr zwei Achten erhielt.
    »Warum die vielen Jobs?«, fragte sie und war sich bewusst, dass der Anblick eines vertrauten Gesichts sie in Plauderlaune versetzte.
    Ethan deckte eine seiner Karten auf, die andere blieb umgedreht. Er hatte eine Neun. »Hab Ihnen doch gesagt, dieses verpennte Nest kann man vergessen. Sobald ich genügend Geld zusammenhabe, bin ich hier weg.«
    Er sah sie an und wartete auf ihre Entscheidung. Harry tippte mit dem Zeigefinger auf den Filzbezug, und er deckte für sie eine weitere Karte auf. Eine Zehn. Damit hatte sie insgesamt zwanzig. Sie strich mit der Hand über die Karten und zeigte an, dass sie genug hatte.
    »Wo wollen Sie hin, New York?«, fragte sie.
    »Vielleicht. Oder Las Vegas.« Ethan zog die Karten und die Jetons des Alten ein, nachdem sich dieser überkauft hatte. »Da gibt es viele Kasinos.«
    Ethan deckte seine umgedrehte Karte auf. Zu seiner Neun kam noch eine Fünf. Daraufhin gab er sich eine Acht. Überkauft. Er zahlte Harry den Gewinn aus, einen weiteren purpurnen Jeton, und räumte die Karten weg.
    Harry schob für das nächste Spiel nun alle ihre Jetons in die Wettbox: insgesamt zweitausendfünfhundert Dollar.
    »Vielleicht können Sie mir weiterhelfen, Ethan.« Sie verschränkte die Hände. »Ich suche einen Mann namens Philippe Rousseau. Mir ist zu Ohren gekommen, dass er oft hier ist.«
    Ethan sah zu ihr, dann auf ihren Einsatz. »Ich kenne ihn. Er spielt in einem der Privaträume Poker.« Er ließ die Karten über den Tisch schnellen. »Aber mit den Jungs sollten Sie sich lieber nicht einlassen, das sind Zocker.«
    Er gab Harry eine Dame und ein Pik-Ass. Black

Weitere Kostenlose Bücher