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Passwort: Henrietta

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Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
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arbeitete bei JX Warner?«
    »Richtig. Es gab Gerüchte, wonach ein weiterer Investmentbanker beteiligt gewesen soll, jemand ganz oben, von dem nur Leon wusste. Aber mir kam nie ein Name zu Ohren. Wer auch immer, er war jedenfalls nicht auf Leons Liste, und er stritt auch ab, dass es diese Person überhaupt gab.«
    »Warum sollte er jemanden schützen, wenn er doch sowieso alles ausplauderte?«
    »Könnte sein, dass er jemanden in der Hinterhand behalten wollte, falls er später, wenn es hart auf hart kam, noch jemanden brauchte, der ihm einen Gefallen tat. Leons Überlebensinstinkt war ziemlich ausgeprägt, soweit ich es beurteilen konnte. Er hatte sich damals wesentlich besser abgesichert als Ihr Vater, so viel steht fest.«
    Harry senkte den Blick und fummelte an einem weiteren Zuckertütchen herum.
    »Haben Sie sich mit meinem Vater jemals getroffen?«, fragte sie, den Blick immer noch gesenkt.
    »Ich hab’s versucht. Ich rief ihn ein paar Mal an. Er war höflich, wollte sich mit mir aber nicht treffen. Sprach mit mir die Hälfte der Zeit in Spanisch, was ich ziemlich anmaßend fand.«
    Harry nahm es ihr sofort ab. Ihr Vater hatte immer großen Wert auf seine spanische Abstammung gelegt und war sich natürlich bewusst gewesen, dass es ihm einen exotischen Reiz verlieh, besonders bei Frauen.
    »Dann, als er aus dem Gericht kam, fing ich ihn schließlich ab«, fuhr Ruth fort. »Er gab sich lässig, elegant, sehr distinguiert.« Ihr Mundwinkel zuckte. »Sagte mir, ich würde wie Kleopatra aussehen.«
    »Klingt ja fast so, als würden Sie ihn bewundern.«
    »Ich verachte ihn und alles, was er getan hat. Trotzdem, seinen Charme muss man ihm lassen.«
    Harry warf das Zuckertütchen auf den Tisch. »Okay, mein Vater war also ein Charmeur. Kehren wir zu Leons Liste zurück. Sie sagten, drei Namen hätten darauf gestanden. Mein Vater, der Prophet, und wer noch?«
    »Ein Typ namens Jonathan Spencer. Er arbeitete wie Ihr Vater bei KWC . Die Polizei ermittelte gegen ihn, aber es kam zu keiner Anklage.«
    »Warum nicht?«
    »Weil er tot war.«
    Harry blinzelte. »Was ist ihm zugestoßen?«
    Ruth, den Blick auf Harry fixiert, nahm einen weiteren Schluck vom Kaffee. »Sie sagten, der Ring hätte versucht, Sie umzubringen – erzählen Sie mir, wie es versucht wurde.«
    Was konnte es ihr zu diesem Zeitpunkt schaden, wenn sie ihr die Wahrheit sagte? »Jemand hat mich vor einen Zug gestoßen.«
    Ruth schwieg, dann nickte sie. »Dieser Spencer, er wurde einige Monate vor der Verhaftung Ihres Vaters vor einen Lkw gestoßen. Mitten im dichtesten Berufsverkehr. Patsch. Hatte keine Chance.«
    Den Bruchteil einer Sekunde befand sich Harry wieder auf den Eisenbahngleisen, das Gesicht flach gegen kalten Stahl gedrückt, am ganzen Körper verkrampft, während laut kreischend der Zug einfuhr. Sie unterdrückte einen Schauer. »Wo ist das passiert?«
    »Gleich vor dem IFSC , beim Denkmal der Ewigen Flamme. Er war auf dem Heimweg, in Richtung Connolly Station. Die Polizei ging zunächst von einem Unfall aus. Dann tauchte der Name auf Leons Liste auf.«
    Harrys Herzschlag schien sich zu überschlagen. Sie musste an ihre eigene Route denken, als sie KWC verlassen hatte. Auch sie war in Richtung der Ewigen Flamme unterwegs gewesen, bis sie gemeint hatte, sie müsse den Kopf freibekommen, und zur Pearse Station umgekehrt war.
    Ruth war noch immer am Erzählen. »Ich hab ein bisschen über ihn recherchiert. Er war in den Zwanzigern, verheiratet, eine junge Familie, hatte sich nie was zuschulden kommen lassen. Wahrscheinlich war es das erste Mal, dass er etwas Gesetzwidriges getan hatte. Weiß Gott, warum er es machte. Schulden vielleicht. Wie auch immer, er geriet in den Ring, nach einigen Monaten allerdings schien er kalte Füße bekommen zu haben. Er wollte raus und wandte sich an Ihren Vater um Hilfe.«
    »Wann war das alles?«
    »Im Oktober 2000. Etwa zu der Zeit, als der Prophet mit den Informationen zur Sorohan-Übernahme herausrückte. Dieser Deal sollte der bislang größte Coup der Gruppe werden, aber plötzlich war Spencer ein unsicherer Wackelkandidat. Er hätte alles ruinieren können.«
    Harry lief es kalt über den Rücken. »Also haben sie ihn umgebracht?«
    »Die Polizei konnte nie etwas beweisen.« Ruth starrte sie unumwunden an. »Ich weiß nur, am Tag nachdem er mit Ihrem Vater gesprochen hatte, war er tot.«

[home]
    19
      
    H arry stand neben der Ewigen Flamme und bereitete sich darauf vor, die Straße zum IFSC zu

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