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Passwort: Henrietta

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Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
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einem matten Netz zerplatzt, die anderen Fenster sahen aus, als wären sie von einer unsichtbaren Faust herausgeschlagen worden. Die Motorhaube war platt und flach gedrückt, als würde der Wagen zu schmelzen beginnen. Selbst Harry wunderte sich, wie sie es geschafft hatte, lebend aus dem Fahrzeug zu kommen.
    Mehrere Minuten hatte sie neben dem Mini gestanden, hatte über die Motorhaube gestrichen, als wäre der Wagen ein verletzter Welpe, und nicht von seiner Seite weichen wollen. Dann hatte Dillon sie ohne ein Wort am Ellbogen gefasst und sie den Berg hinauf zu seinem Wagen geführt.
    Der Lexus surrte über die kurvenreiche Straße. Harrys Kopf schwebte, während der Wagen den Berg hinabglitt. Der Schlaf überkam sie und drückte sie wie eine bleierne Decke in den Sitz. Als Dillon auf die Bremse trat, wurde Harry nach vorn gerissen, ihre Tasche rutschte ihr fast vom Schoß. Sie schlug die Augen auf und starrte ihn finster an. Sie wollte wetten, dass er es absichtlich getan hatte. Worüber zum Teufel war er überhaupt so verärgert? Schließlich war sie doch diejenige, die fast ums Leben gekommen wäre.
    »Willst du mich nicht fragen, was passiert ist?«, fragte sie.
    Dillon schlug mit der Faust aufs Lenkrad ein. Sie fuhr zusammen.
    »Ich weiß nicht, Harry. Soll ich wirklich?« Er rammte den Schaltknüppel in den zweiten Gang und schoss um eine Kurve. »Und wenn ich es tue, erzählst du mir dann die Wahrheit? Oder bekomme ich wieder nur zu hören, dass alles in Ordnung ist?«
    Harry riss die Augen auf. Sie wollte etwas sagen, ließ es aber bleiben.
    »Du hattest also einen Unfall und bist von der Straße abgekommen.« Er schüttelte den Kopf. »Der Wagen ist nicht von allein abgekommen, das sieht man sofort.«
    »Hör zu, wenn du wegen unserer Verabredung so verärgert …«
    »Mein Gott, Harry, natürlich bin ich nicht wegen unserer Verabredung verärgert.« Er stieg auf die Bremse, quietschend kam der Wagen zum Stehen. »Für wen hältst du mich eigentlich?«
    Dillon fuhr sich durchs Haar. Dann atmete er langsam aus und drehte sich, einen Arm über das Lenkrad gelegt, ihr zu.
    »Wir wissen beide, dass du in ernsthaften Schwierigkeiten steckst«, sagte er und sah ihr in die Augen. Für einen Moment sah sie wieder den Jungen mit den dunklen Augen vor sich, der in ihrem Zimmer gesessen und ihr mit solch glühender Leidenschaft vom Leben und von ethischen Grundsätzen erzählt hatte.
    Seufzend schüttelte er den Kopf. »Würde es dich umbringen, wenn du nur einmal zulassen würdest, dass ich dir helfe?«
    Harry biss sich auf die Lippen. Er hatte recht. Sie hatte ihn ausgeschlossen. Es war ihr so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie sich auf niemanden verlassen konnte außer auf sich selbst. Damit ersparte man sich einige Enttäuschungen. Andererseits war sie so damit beschäftigt, ihre Unabhängigkeit zu wahren, dass sie es kaum mehr wahrnahm, wenn andere sich verletzt fühlten, weil sie ausgeschlossen wurden. Sie versuchte, eine zerknirschte Miene aufzusetzen, insgeheim aber trällerte es fröhlich in ihr bei der Vorstellung, dass er sich Sorgen um sie machte.
    »Tut mir leid. Ich bin es gewohnt, meine Sachen selbst zu regeln.« Sie zuckte mit den Achseln. »Nur diesmal scheint es nicht so recht zu klappen.«
    »Willst du mir davon erzählen?«
    Sie nickte. »Du fährst, ich erzähle.« Sie sah zu den dunklen Schatten draußen. »Kehren wir in die Zivilisation zurück.«
    Wo anfangen, fragte sie sich, während der Lexus den Berg hinabschwebte. Sie seufzte. Wie alles, dachte sie sich, begann und endete es mit ihrem Vater.
    »Ich bin immer noch dabei, mir die Dinge zusammenzureimen. Folgendes also: Bevor mein Vater verhaftet wurde, brachte er einen Haufen Kohle aus seinen Insidergeschäften zur Seite, und jetzt wollen seine alten Kumpel das Geld zurückhaben. Das Problem ist nur: Sie meinen, ich hätte das Geld. Was eine Weile lang auch stimmte, aber dann stellte sich heraus, dass das alles nur ein Irrtum war.«
    Dillon warf ihr einen ratlosen Blick zu. Harry, die an den manipulierten Kontoauszug denken musste, verzog das Gesicht.
    »Frag nicht«, sagte sie. »Es wird mir immer noch schlecht, wenn ich nur daran denke. Jedenfalls hab ich einen fürchterlichen Fehler gemacht.« Sie schloss die Augen; beim Gedanken an ihre Dummheit wurde ihr schwindlig. »Ich habe mit dem Trading-Ring eine Abmachung getroffen.«
    »Du hast was? Bist du völlig übergeschnappt?«
    Sie schlug die Augen auf. »Ich war ziemlich

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