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Passwort: Henrietta

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Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
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gesehen habe«, sagte Miriam plötzlich. »So attraktiv, mit seinem dunklen Teint. Und so ehrgeizig. Pläne für dieses, Ideen für jenes.« Ihre Finger strichen über die Perlenkette, als wäre diese ein Rosenkranz. »Aber es hat nichts Bezauberndes, wenn kein Geld mehr da ist. Nicht mit zwei Kindern.«
    Sie ließ von der Kette ab und öffnete ihre Handtasche, holte ein goldenes Feuerzeug heraus und eine Schachtel Zigaretten. Dann schien sie sich daran zu erinnern, wo sie sich befand, und stopfte alles wieder in die Tasche. Ihre Finger glitten zurück zur Perlenkette.
    »Die meiste Zeit wusste ich nicht, wo er sich aufhielt oder ob er überhaupt zurückkommen würde. Und wenn er kam, konnte es entweder sein, dass er sagte, wir hätten kein Dach mehr überm Kopf, oder dass er meinte, uns zum Essen ausführen zu wollen. Man wusste es nie.«
    Harry hätte gern nach Ashford gefragt, konnte es aber nicht. Es war eine Sache, wenn man wusste, dass die eigene Mutter einem etwas verübelte, eine ganz andere aber, wenn man es laut ausgesprochen hörte.
    »Ich habe ein- oder zweimal versucht, ihn zu verlassen«, fuhr ihre Mutter fort und streifte damit unbewusst selbst dieses Thema. »Aber es hat nie geklappt. Immer hatte Salvador einen neuen tollen Plan, eine neue Sache, nach der alles anders sein würde.«
    Seufzend schüttelte sie den Kopf. Dann sah sie Harry lang an. »Du bist ihm so ähnlich. Früher habe ich mir gewünscht, es wäre nicht so.«
    Harry sah weg. Sie strich ihr Taschentuch glatt und legte es zusammen. Schwer zu sagen, wer Miriam am meisten enttäuscht hatte: ihr Mann oder ihre Tochter.
    »Als du klein warst, warst du ihm so nahe«, sagte Miriam. »Du und er, ihr beide gegen den Rest der Welt. Und gegen mich.«
    Harry runzelte die Stirn. »So war es nicht.«
    »Er hat mich letzte Woche angerufen«, fuhr Miriam fort, als hätte sie es nicht gehört. »Hat davon gesprochen, dass er auf die Bahamas will, um dort ein neues Leben anzufangen.«
    Harry wurde es eng in der Brust. Sie knüllte das Taschentuch zusammen.
    »Er wollte sich von mir verabschieden.« Miriam runzelte die Stirn. »Er hat sich sonst nie verabschiedet.«
    Harry drückte das Taschentuchknäuel in der Faust. Ihr Vater hatte also vorgehabt, wieder zu verschwinden. Und die anderen hätten dann sehen können, wie sie mit seinen Hinterlassenschaften zurechtkamen.
    »Ich habe mir natürlich so meine Gedanken gemacht«, sagte Miriam und fixierte Harry. »Hat er wieder was vor? Gibt es noch andere Probleme mit der Polizei? Er hat mit dir doch immer geredet. Hat er dir irgendwas erzählt?«
    Harry sah weg. Es gab keinen Grund, ihrer Mutter nicht davon zu erzählen. Sie hatte ein Recht darauf zu erfahren, was vor sich ging. Sie starrte auf ihren Vater, dessen Arme so dünn wie die eines Kindes waren. Aus einem Grund, den sie sich nicht erklären konnte, schüttelte sie den Kopf.
    »Er hat mir nichts gesagt«, antwortete sie.
    Leise klopfte es an der Tür, die daraufhin geöffnet wurde. Sie erkannte die grauen Haarsträhnen und die traurigen Augen. Ashford.
    Er trat ein, ging sofort auf ihre Mutter zu und streckte ihr die Arme entgegen.
    »Miriam, meine Liebe, es tut mir so leid. Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte.«
    Ihre Mutter ließ die Kette los, ergriff seine Hände und sah ihn an. Die Stränge in ihrem Nacken schienen sich zu entspannen.
    Ashford wandte sich zu Harry und umfasste mit beiden Händen ihre Hand.
    »Harry, es tut mir so leid.«
    Miriam war erstaunt. »Ihr kennt euch?«
    »Ja, wir haben uns kennengelernt.« Er neigte seinen großen Kopf und drückte Harry die Hand. Sein Blick war voller Mitgefühl.
    Harry nickte nur, aber es fiel ihr schwer, sich nicht abzuwenden. Seine Anwesenheit kam ihr aufdringlich vor, ein unwillkommener Einbruch der Welt draußen in ihren ganz persönlichen Schmerz.
    Ashford ließ ihre Hand los und ging um das Bett herum, bis er an der Schulter ihres Vaters stand. Er strich mit dem Handrücken über die aschfahle Stirn.
    »Mein alter Freund«, sagte er, mehr zu sich selbst. Er starrte ihn an, als spräche er ein stilles Gebet, dann sah er zu Harry. »Wie schlecht steht es um ihn?«
    Harry schüttelte den Kopf. »Das sagt keiner.«
    Er ließ seinen Blick zu ihrer Mutter schweifen. »Miriam, du siehst todmüde aus. Wie lang bist du schon hier?«
    Sie seufzte. »Alle sagen mir, ich soll nach Hause gehen. Es geht mir gut.«
    »Nun, ich bestehe darauf. Ich werde dich nach Hause fahren.«
    Er ging um das Bett

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