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Pasta Mortale

Pasta Mortale

Titel: Pasta Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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offiziellen Geschichte,
die ihr während des Verfassens des Schreibens gekommen sein mussten, nicht zu
überlesen waren.
    Am schlimmsten war aber der eindringliche Appell, mit dem sie
ihren Brief beendet hatte. ›Bitte erinnern Sie die Arenbachs an ihr Versprechen,
Natascha zu adoptieren, falls ich aus der ganzen Geschichte nicht lebend
herauskomme. Natascha, ich liebe Dich und wünsche Dir ein glückliches Leben.‹
    Nach dem Lesen hatte der Major Tränen in den Augen gehabt,
und auch Wallner hatte Schwierigkeiten, seine Emotionen im Zaum zu halten.
Beide blickten sich an und waren sich auch ohne Worte einig in ihrem
überwältigenden Verlangen, die Schweine, die schuld an dieser Sauerei waren, so
rasch wie möglich zur Verantwortung ziehen zu wollen.

     
    *

     
    Als Palinski wieder in sein Büro zurückkam, war
es bereits kurz nach 20 Uhr. Wie erwartet, war die heutige Probe wieder eine
Katastrophe gewesen. Nein, noch schlimmer. Wie irgendein auch nur einigermaßen
vernunftbegabter Mensch annehmen konnte, dass die Premiere übermorgen über die
Bühne gehen sollte, war ihm nicht klar. Sogar intensives Glauben konnte da
nicht helfen, sondern wirklich nur mehr ein Wunder. Aber bitte, vielleicht
würde die Attraktivität der Döblinger Fledermaus gerade in diesem absoluten
Dilettantismus bestehen, dem betörenden Charme unfreiwilligen Humors absolut
untalentierter Amateure.
    Aber jetzt hatte Palinski andere Sorgen. Vor allem durfte er
die Uhr nicht aus den Augen verlieren. Wilma erwartete ihn in spätestens
90 Minuten am ›Cobenzl‹, und er hatte noch einiges vor bis dahin.
    Zunächst musste er unbedingt Juri Malatschew sprechen, ehe
ihn der alte Russe wieder von sich aus kontaktierte, ihm bald die Haut bei
vollem Bewusstsein abziehen würde. Dabei hatte er eigentlich noch überhaupt
keine Vorstellung, was er dem alten Fuchs aus Nowosibirsk sagen sollte.
    Auf Band erwarteten ihn Nachrichten von Wallner und
Brandtner, die ihn über die Fortschritte bei der Suche nach Josef Bartulek
informierten. Schön, dass wenigstens bei dieser Sache etwas weiterzugehen schien.
    Jetzt wählte er Juris Handynummer auf seinem
Festnetzanschluss, aber der Teilnehmer war im Moment nicht erreichbar. Try it a
little bit later again. Nach rund 15 Minuten und vier weiteren erfolglosen
Versuchen hatte er es satt.
    Spielerisch öffnete er die unterste Lade links seines
Schreibtisches, holte das besagte kleine schwarze Notizbuch heraus und begann,
darin zu blättern. Ganz so, als ob er sich eine Inspiration davon erhoffte.
    Komisch, dass da nichts drinstand, was ad hoc einen Sinn
machte. Außer diesem Tortenrezept. Wen konnte er fragen, um …? Siedend
heiß überfiel ihn die Erkenntnis, dass er nicht nur höchst nachlässig und
vergesslich war, sondern auch ein Trottel. Und zwar ein ausgewachsener.
    Seine älteste Tochter hatte ihn vor, ja, es
mussten zwei Tage sein, also sie hatte angerufen, um mitzuteilen, dass sie
schwanger war. Und er, der stolze werdende Opa war innerhalb von 48 Stunden
nicht imstande gewesen, Silvana zurückzurufen, sie zu beglückwünschen und ihr
zu sagen, dass er sie liebte. Viel zu nachlässig und vergesslich.
    Dann war diese wunderbare junge Frau durch Zufall, genetische
Konditionierung, Schicksal, Karma oder was immer auch bedingt, eine der
weltbesten Patisseusen geworden, eine absolute Meisterin ihrer Profession. Und
er saß da und überlegte sich allen Ernstes, wen er kannte, den er wegen eines
Tortenrezeptes fragen konnte. Das war Blödheit hoch zehn, Blindheit, Ignoranz,
was immer auch. Es war schlimm, was war aus ihm geworden?
    Wild entschlossen stellte er die Verbindung mit dem ›Rittener
Hof‹ in der Nähe von Bozen her und hoffte, dass diese Teilnehmerin available
war. Bitte, bitte, Silvana musste da sein und gewillt und in der Lage, mit ihm
sofort zu sprechen. Im Augenblick erschien ihm das das Wichtigste auf der Welt
zu sein.
    Und man war ihm, wo immer auch, wohlgesonnen. »Hallo Papa.
Ich habe geglaubt, mit dir stimmt etwas nicht«, hörte er da auch schon die
liebe Stimme seiner Tochter. Und hätte weinen können vor Freude, aber Buben
weinten nicht. Auch egal, dachte er sich und wischte sich einige Tränen aus den
Augenwinkeln.
    »So ist es auch, mein Schatz«, bekannte er, »mit mir hat
etwas nicht gestimmt. Bis eben vorhin. Aber jetzt ist wieder alles in Ordnung.
Wie geht es dir und Fritz? Habt ihr schon einen Vornamen? Was wird es

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