Pastworld
kopfsteingepflasterte Straße gespenstisch leer, wie ein leeres Theater, was es ja auch in Wirklichkeit war. Ich fröstelte.
Ich hatte so viele Fragen an Jago, aber mir fiel nichts ein, was ich hätte sagen können, während mein Verstand versuchte, das alles zu begreifen.
Jago sagte: »Diese Hunde da im Park – es könnte bedeuten, dass ein Verbrechen begangen wurde, ich meine, ein echtes, ein ganz großes. Vielleicht ein Mord des Phantoms, eine Leiche mit herausgerissenen Innereien und ohne Kopf. Auf so etwas würden sie sofort reagieren.«
»›Mord des Phantoms‹«, wiederholte ich. »Ist das auch eine Illusion, ein Theaterstück wie alles andere?«
»Natürlich nicht, das Phantom ist … Moment mal, du hast noch nie was vom Phantom gehört?«
7
Das Phantom schob die Lumpen beiseite, die über der niedrigen Türöffnung hingen. Er zog den Kopf ein und betrat ein schäbiges Zimmer. Mit seiner Polizei-Karbidlaterne leuchtete er in die Ecken des Raums. Plötzlich schien es, als ob eine Gruppe von Schatten an den Wänden in einen wilden Tanz ausbrächen. Er zog seine schwarze Seidenmaske vom Gesicht und seine Augen funkelten hell hinter seinen Brillengläsern.
»Mein Gott«, sagte er, »wie es hier drin stinkt. Jemand hat eine Nachricht für mich, eine dringende Nachricht. Gebt sie mir. Ich gehe schon ein großes Risiko ein, nur weil ich diesen Raum betrete.«
»Ich habe sie gesehen«, sagte einer der zerlumpten Männer. Selbstsicher machte er einen Schritt nach vorn und stellte sich unmittelbar in den hellen Lichtstrahl, während die Schatten hinter ihm murrten und nervös von einem Fuß auf den anderen traten. »Ich bin sicher, dass sie es war. Ich bin hundertprozentig sicher, dass sie es war«, fügte er hinzu. »Sie war genau so, wie Sie gesagt haben. Ich konnte die Nachricht nicht direkt an Sie weiterleiten und außerdem wollte ich erst ganz sicher sein. Sie gab mir eine Münze aus ihrer Börse. Ich schaute hoch und sie lächelte mich sehr freundlich an. Und dann sah ich sie, es waren ihre Augen. Ich sah diese Augen und ich wusste, dass sie es war. Ihre Augen waren genau so, wie Sie gesagt haben, genau wie …«
»Weiter«, sagte das Phantom und stellte die Polizeilaterne langsam und gezielt auf einen vollgestellten Tisch in einer entfernten Ecke des Zimmers, sodass der Lichtstrahl noch immer direkt auf das Gesicht des zerlumpten Mannes fiel.
»Ich folgte ihr. Sie ging zu dem großen Markt, wo mein Stammplatz ist. Ich habe sie gepackt, ich hatte sie tatsächlich am Wickel.« Der zerlumpte Mann zog sein Jackett aus, drehte sich um und hielt es direkt in den Lichtstrahl. »Genau hier an ihrer zarten kleinen Schulter.« Er hielt inne und schaute auf seine Füße hinunter.
»Weiter«, sagte das Phantom, »was geschah dann?«
»Und dann, fürchte ich, wurde sie weggezaubert«, sagte er, »durch einen Zauberer, einen dunkelhäutigen Mann, einen Inder. Sie sind mit ihr weggefahren. Er hat einen seltsamen Trick angewendet, den ich mir nicht erklären kann. Und dann habe ich sie verloren.«
»Wie?«, sagte das Phantom leise und gefährlich ruhig, wie in unterdrückter Wut, die nur auf den richtigen Moment wartete, um zu explodieren.
»Ich bin hingefallen.« Der Bettler schwieg. Ein oder zwei Schatten hinter ihm fingen an zu lachen, hörten aber schnell wieder auf. Das Phantom schaute sie nur an und in diesem Augenblick sah er genauso übernatürlich aus, wie es seinem Ruf entsprach.
»Wo sind sie jetzt und um welche Gaukler handelte es sich? Es gibt Dutzende von ihnen an diesem gottverlassenen Ort«, fragte das Phantom immer noch ruhig, aber schon kurz vor einem Ausbruch, so wie das langsam anschwellende Pfeifen im Wasserkessel den Siedepunkt ankündigt.
»Keine Ahnung, das hab ich nicht mitgekriegt. Ich hab nur sie gesehen und diese Augen.« Der Bettler richtete sich, plötzlich selbstbewusst, zu voller Größe auf. »Aber da ist noch mehr«, sagte er.
»Tatsächlich?«, fragte das Phantom. Er spielte mit dem zerlumpten Mann wie die Katze mit der Maus.
Der zerlumpte Mann sprach lauter, ein Lächeln lag in seiner Stimme und in seinen Augen. Jetzt war er die Katze. »Ich habe den gesehen, von dem Sie gesagt haben, dass er auf sie aufpasst.«
»War er so gut wie blind und hatte Brandnarben auf den Händen?«
»Ja.«
»Gut, weiter.«
»Ich bin dahin zurückgegangen, wo ich sie zuerst gesehen hatte. Wo sie mir die Münze gegeben hat, die Sixpence-Münze.«
»Sixpence, was für ein großzügiges
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