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Pastworld

Pastworld

Titel: Pastworld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Beck
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auf den Handrücken und Handgelenken des blinden Mannes dicke Narben befanden, wo er sich wahrscheinlich einmal schlimm verbrannt hatte. Plötzlich tauchte Calebs Vater aus dem Nebel auf. Er war außer Atem, als wäre er gerannt. »Da sind Sie ja endlich. Ich konnte Sie in diesem verdammten Nebel einfach nicht finden«, sagte er zu dem Blinden, dann unterbrach er sich und sah, was sich vor ihm abspielte. »Oh, du bist das, Caleb«, sagte er, streckte die Hand aus und packte den blinden Mann am Arm.
    Der Blinde verdrehte seine hellen Augen. »Nun, nun«, grummelte er. »Endlich, ich glaube, diese Stimme kenne ich, oder nicht? Wir müssen reden.«
    »Lass uns einen Augenblick allein, Caleb«, sagte sein Vater drängend, während sein Blick zu dem jungen Mann unter der Tür irrte.
    Caleb verstand überhaupt nichts mehr.
    »Los jetzt, es muss schon nach sechs Uhr sein.« Der blinde Mann senkte die Stimme. »Wir müssen gehen.«
    Ruhig entgegnete Calebs Vater: »Ich weiß, was Sie wollen, aber wo wollen Sie denn hin?«
    »Jemand wartet auf uns, mit einer Nachricht von Eve«, flüsterte der blinde Mann mit seiner heiseren Stimme und starrte vor sich hin. »Kommen Sie«, sagte er, »sonst schnappt er mich noch. Dann lässt er mich mit durchgeschnittener Kehle krepieren oder noch schlimmer, Sie haben ja keine Ahnung.«
    »Eve«, sagte Calebs Vater leise.
    »Ja, Eve und noch mal ja, Eve, die reizende Eve. Sie ist fort, weggelaufen – würde ich sonst dieses Risiko eingehen? Sie ist irgendwo da draußen in dieser Stadt.«
    Caleb beobachtete all dies aus der Nähe, nicht weit von dem brutalen jungen Bettler entfernt.
    »Sie sind mir auf den Fersen und sie sind mehr als nur einer allein und sie kommen von ihm, aus der Hölle.« Dann klappte der blinde Mann den Deckel einer verrostet aussehenden Taschenuhr auf, die ihm an einer schmutzigen Schnur um den Hals hing. Caleb sah, dass kein Glas über den Zeigern lag, und als der Blinde sie mit zitternden Fingern berührte, schien er noch mehr in Panik zu geraten.
    »Es ist schon halb sieben. Wahrscheinlich wartet sie bereits seit sechs Uhr dort auf mich. Sie wissen nicht, wie gefährlich das alles ist. Sie wird nicht ewig warten. Kommen Sie, kommen Sie, das ist auch unsere Chance. Ich muss die Nachricht unbedingt erhalten. Sie müssen Eve retten«, sagte der blinde Mann und wandte sein Gesicht ab. Seine Kiefer arbeiteten heftig, kauten und mahlten.
    In dem Moment entdeckte Caleb den zweiten Bettler, der ihnen den ganzen Weg vom Bahnhof aus gefolgt war. Er stand auf der anderen Straßenseite und beobachtete sie, dann stieß er einen schrillen Pfiff aus, der jemandem in der Menge galt. Der brutal aussehende junge Mann mit dem Schirm ging von der Tür weg.
    »Kommen Sie, nehmen Sie meinen Arm und bitte«, sagte Lucius, »achten Sie auf den Verkehr. Lassen Sie meinen Sohn Ihren anderen Arm nehmen und wir bringen Sie dahin, wo diese Frau ist.«
    Die drei blieben einen Moment lang am Bordstein stehen, während der Verkehr vorbeifloss. Caleb fröstelte. Etwas schwebte in Augenhöhe an ihm vorbei, etwas Metallenes, wie ein Insekt oder eine dünne Silbernadel. Es summte einen Augenblick lang um seinen Kopf herum. Er starrte es an, bis es in den Nebelschwaden verschwand und nicht mehr zu sehen war.
    Der zweite zerlumpte Mann überquerte die Straße und kam auf sie zu. Leichtfüßig schlüpfte er zwischen all den Kutschen und Wagen hindurch. Der jüngere Bettler hatte sie als Erster erreicht und griff nach dem Blinden.
    »Haben Sie mich gerade berührt?«, fragte der blinde Mann. »Was war das?«
    Plötzlich waren sie von mindestens drei zerlumpten Männern umringt wie von einer Meute wilder Hunde. Calebs Vater kam näher und sah Caleb mit offenem Mund an, als wollte er etwas rufen. Der Blinde wurde von einem hellen, silberglänzenden Gegenstand getroffen und fiel an Ort und Stelle in sich zusammen, wie ein Gebäude, das gesprengt wird. Der Bettler, der Caleb und seinem Vater gefolgt war, warf Caleb durch die Luft etwas zu. Instinktiv fing Caleb es auf und fühlte etwas Warmes, Klebriges. Seine Hand war über und über rot und darin lag ein blutbeflecktes Messer. Er ließ es fallen. Der blinde Mann lag bewegungslos auf dem nassen Kopfsteinpflaster dicht neben den ratternden Rädern einer Kutsche. Ohne nachzudenken, griff Caleb mit seiner blutigen Hand nach der Schnur, an der die Taschenuhr hing, und riss sie dem Blinden vom Hals.
    Jemand packte Caleb von hinten und hielt ihn fest.
    Mörder!«,

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