Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)
Untergeschoss, weil sie viel zu zappelig war, um auf den Aufzug zu warten. Sie sah auf die Uhr. Fünf Minuten nach acht. Kilian würde sicher schon auf sie warten, die Deutschen waren ja für ihre Pünktlichkeit bekannt.
Sie stieß die Tür zum Parkdeck auf und griff nach dem Lichtschalter, aber die Tiefgarage war bereits hell erleuchtet. Unter den zwei Dutzend Wagen konnte sie Kilians dunkelblauen Mietwagen nicht sofort ausmachen. Sie ging zwischen den Autos durch und war so mit den Gedanken an Narcís und der von Carlos gefälschten Gästeliste beschäftigt, dass ihr erst, als sie die Mitte der Garage erreicht hatte, einfiel, was es bedeutete, dass die Beleuchtung angeschaltet war: Der Lichtschalter war an eine Zeitschaltuhr gekoppelt. Also musste jemand vor Kurzem hier gewesen sein.
Kilian? Nein.
Sie fand seinen leeren Wagen hinter einem roten Kombi. Joana machte auf dem Absatz kehrt. Sich als Frau alleine in einer Tiefgarage zu befinden, war kein beruhigendes Gefühl. Sie zwängte sich zwischen zwei Autos durch, als die Lampen über ihr mit einem Klacken erloschen. In der Garage war es mit einem Mal stockfinster.
Joana atmete flach und versuchte, die aufkeimende Panik unter Kontrolle zu halten. Die Lampen brannten drei Minuten, also so lange, wie man brauchte, um in die Garage hinein oder aus ihr herauszukommen. Vor drei Minuten hatte also jemand den Lichtschalter betätigt. Befand sich außer ihr noch jemand hier? Joana stieß gegen einen Pfeiler und erschrak. Sie tastete sich um die Säule herum und kniff die Augen zusammen, die sich nur langsam an die Dunkelheit gewöhnen wollten. Nun konnte sie zumindest einen Lichtstreifen unter der Ausgangstür erkennen. Da musste sie hin. Sie beruhigte sich etwas, ging schneller und stieß mit der Hüfte gegen ein Auto. Sie streckte tastend die Hände vor, riss sie aber im gleichen Moment wieder zurück, als hätte sie auf eine Herdplatte gegriffen. Sie stand vor einer Motorhaube. Vor einer knisternd heißen Motorhaube.
Joana suchte nach dem Lichtstreifen, der ihr zur Orientierung diente, und wich zurück, als es vor ihr heller wurde. Das Licht kam aus dem Innenraum des Fahrzeugs, vor dem sie stand. Es leuchtete auf, weil die Fahrertür geöffnet wurde. Die Lampe beschien von oben nur seine Glatze und die Stirn mit der Narbe – die untere Gesichtshälfte von Brian Sundler lag im Schatten.
31
P aco besprach sich mit Teniente Lozano und Capitán Morales, dem Chef der Mordkommission der Provinz Granada, den seine Sargenten Peralta und Varela zu diesem Ausflug an die Küste begleitet hatten.
Sie saßen im stickigen Besprechungsraum der Guardia Civil und anwesend waren auch die Sargenten Mendez und Carranza, die zu den fähigsten Beamten der Dienststelle Almuñécar zählten. Capitán Morales hatte gerade die Vorfälle der letzten beiden Wochen im Hotel »Costa Tropical Palace« resümiert und wies abschließend darauf hin, dass er sich von Elenas Obduktion, die am Abend abgeschlossen wäre, einiges erhoffte. Ebenso wie von den noch ausstehenden Befragungen im Hotel, die bisher zu keinen nennenswerten Ergebnissen geführt hätten, wie er betonte, was einige der Anwesenden durchaus als Kritik verstanden.
Paco räusperte sich und fasste sein Gespräch mit dem jungen Hotelangestellten zusammen, der eine Affäre mit der zu Tode gestürzten Elena zugegeben hatte. Paco erläuterte auch, dass es der Name eben jenes jungen Mannes war, den sie auf dem Felsen unweit der vermuteten Absturzstelle eingraviert fanden. Dann berichtete Paco, wie er den jungen Mann ob seines Familiennamens in eine Falle lockte, sodass dieser das mutmaßliche Verhältnis zur Toten endlich eingestand.
Seine Kollegen schmunzelten und sogar der spanische König, dessen Porträt etwas schief über der Eingangstür hing, schien beeindruckt auf ihn herabzublicken. Paco berichtete weiter von der augenscheinlichen Nervosität des Jungen, die sich anhand verschiedener Indizien – allen voran der verräterischen Körpersprache – seiner Meinung nach eindeutig feststellen ließ. Teniente Lozano fragte nach dem Alibi des Verhörten und Paco berichtete von der zufälligen Begegnung mit Señorita Joana Ramos Ortiz, die behauptete, um zwanzig nach zwölf einen Schrei gehört zu haben, sich dabei jedoch nicht sicher sei, von wem oder woher dieser stammte. Capitán Morales machte eine Notiz. Paco berichtete weiter, dass sich Elenas Exfreund angeblich bis halb eins bei der Arbeit befunden und sich anschließend
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