Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)
vor und nahm ihre Hände. Die beiden Uniformierten griffen nicht ein und Joana zog ihre Hände nicht zurück. »Joana, es tut mir schrecklich leid wegen deiner Mutter, zumindest das darfst du mir glauben. Und wenn du auch nur den geringsten Zweifel hegst, dass ich etwas damit zu tun habe, dann geh jetzt bitte. Dann besorg ich mir einen deutschen Anwalt.«
Der Teniente versuchte die Konversation wieder in die Richtung eines protokollierten Verhörs zu leiten, aber Joana ignorierte ihn.
»Du siehst nicht aus, wie einer, der seine Mutter umbringt.«
Kilian drückte ihre Hände. »Joana, sobald das hier vorbei ist … Ich verspreche dir, ich erzähle dir alles. Aber nicht hier und nicht jetzt. Ich habe es der Polizei und dem Gericht in Deutschland erklärt, und die haben es nicht verstanden, warum also sollten die Beamten es hier verstehen? Bitte vertrau mir, es ist ganz und gar nicht so, wie es scheint!« Er fasste sich ein Herz und strich ihr eine Locke aus dem Gesicht. Joana ließ es geschehen und tauschte sich mit den Beamten aus.
»Sie wollen wissen, warum du nach Spanien gekommen bist.«
»Weil ich herausfinden wollte, was mit meinem Bruder passiert ist! Warum denn sonst?«
»Sie fragen, ob dein Bruder regelmäßig Medikamente einnahm. Psychopharmaka, Schmerzmittel, Schlaftabletten?«
»Nein. Sag ihnen, es ist mir ein Rätsel. Xaver war kaum jemals krank und meines Wissens nahm er diese Art von Tabletten nie zu sich.«
Joana gab die Information weiter.
»Kannst du dir vorstellen, wie er an das Morphium kam?«
»Nein«, antwortete Kilian, ohne nachzudenken. Die nächste Frage kam von Paco.
»Der Sargento will wissen, ob du selbst regelmäßig Medikamente einnimmst.«
Kilian nickte. Er hatte nun langsam das Gefühl, dass die beiden Beamten ihre Fragen tatsächlich stellen mussten, um der Aufklärung von Xavers und Inmaculadas Tod näherzukommen, also beschloss er, bei der Wahrheit zu bleiben. »Außer Aspirin nehme ich noch Psychopharmaka und manchmal auch Schlaftabletten, aber nicht regelmäßig.«
»Du nimmst Psychopharmaka?«
»Hin und wieder, vor allem an Tagen wie diesen.« Er versuchte zu lächeln.
»Sie wollen wissen, ob jemand bezeugen kann, dass du am 21. April, dem Tag, an dem dein Bruder starb, in Deutschland warst.« Zögerlich legte sie ihre Hand auf sein Knie. »Dass du die meiste Zeit mit mir unterwegs warst, als meine Mutter verschwand, habe ich ihnen schon gesagt.«
»Danke. In München können mein Geschäftspartner und noch ein paar andere Personen meine Anwesenheit an dem Tag bestätigen.«
Joana nickte. Gut, dachte sie erleichtert. Die Beamten berieten sich eine Weile. Dann schaltete der Teniente das Mikrofon aus, erhob sich und verließ den Raum. Die beiden Wachposten neben Kilians Stuhl nahm er mit nach draußen. Danach war es eine Weile still. Paco erhob sich, öffnete das Fenster und zündete sich eine Zigarette an. Der Lärm eines Martinshorns drang in den Raum und Joana wartete, bis es sich entfernte, ehe sie Paco fragte, was nun Sache war.
»Der Teniente berät sich mit dem Juez«, antwortete der Sargento.
»Wird Kilian etwa … wird er verhaftet?«
Paco blies den Rauch aus dem Fenster. »Ich denke nicht. Wir haben nichts Konkretes gegen ihn in der Hand, außer dass er sich verdächtigt benimmt und seine Mutter in Deutschland um die Ecke gebracht hat.«
Kilian blickte sie fragend an, aber Joana sah sich vorläufig von ihren Pflichten als Übersetzerin befreit. Sie wandte sich wieder Paco zu. »Kilian hat mir versprochen, mir zu erzählen, warum er es tat – der Mord an seiner Mutter –, aber er sagte, es wäre nicht so, wie es scheint.«
Paco wies auf das Fax. »Es steht aber nun mal so in diesem Bericht, und er hat es ja auch zugegeben. Jedenfalls werden wir mithilfe der deutschen Kriminalpolizei überprüfen lassen, ob er am 21. April tatsächlich in München war.« Paco strich sich über den Schnauzer.
Joana dachte nach. »Er war es nicht, Paco!«, sagte sie schließlich.
»Er war nicht in München, meinst du? Woher …«
Joana schüttelte den Kopf. »Nein, ich meine, er war es nicht. Er ist nicht der Mörder.«
Paco musterte sie nachdenklich. »Das kann ich momentan weder bestätigen noch ausschließen. Ich rate dir nur, dich vor ihm in Acht zu nehmen.«
»Aber wie hätte er denn diese Verbrechen überhaupt begehen können? Darauf musst du als Ermittler doch eine Antwort haben, bevor du ihn verdächtigst, oder etwa nicht?«
»Schau, wir sind hier in
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