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Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Titel: Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Brodrick
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besser als eine Polizistin. Manchmal weiß sie genau, dass ein Mann ein Verbrechen begangen hat, aber sie kann ihn nicht zur Rechenschaft ziehen, weil ein Zeuge nicht aussagen will (wie Anji) oder die zusammengetragenen Indizien die Geschworenen nicht von seiner Schuld überzeugen würden (wie im Fall John Bradshaws). Und selbst wenn sie ihn vor Gericht bringt, kann immer noch etwas schiefgehen (wie mit George Bradshaw). Aber die größte Enttäuschung ist seltsamerweise, wenn ein anrüchiges Verhalten nicht den Tatbestand eines Verbrechens erfüllt.
    Diese trüben Gedanken kamen Anselm, als er Inspector Cartwright begrüßte und feststellte, dass sie nicht lächelte. George nicht ansah und ihren Mantel fest um sich geschlungen hielt, obwohl die Heizung dieser öffentlichen Einrichtung ungezügelt arbeitete. Sie bildeten ein spannungsgeladenes Dreieck. Das mittlerweile eingeschaltete Deckenlicht glimmte vorsichtig, als hätte es Angst, etwas zu enthüllen.
    »Es gibt ein einfaches rechtliches Problem«, erklärte Inspector Cartwright rundheraus. »Rileys Machenschaften stellen keine strafbare Handlung dar. Es ist nicht anders, als ob jemand ein Telefonbuch benutzt. Er verkauft eine Telefonnummer, das ist alles. Und in seinen Händen ist sie neutral. Wenn es Vereinbarungen zwischen Riley und den Mädchen gäbe, sähe die Sache vielleicht anders aus. Aber die gibt es nicht.«
    George bürstete mit der Hand unsichtbaren Staub von seinem Ärmel. Anselm starrte wieder auf das Schuljungen-Motto: Das Gesetz wird durch Liebe erfüllt.
    »Selbst wenn sich ein Vergehen daraus zimmern ließe, wäre es so geringfügig, dass wir es nicht verfolgen könnten«, erklärte Inspector Cartwright weiter. Sie sprach langsamer, hasste ihre Rolle, ihre Pflicht. »George, das bedeutet, dass Riley außerhalb meiner und Ihrer Reichweite ist. Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber es sieht so aus, als ob er das schon war, bevor Sie und Elizabeth sich vorgenommen haben, ihn zu überführen.«
    Anselm fand, diese letzte Bemerkung gehörte in die Kategorie von Dingen, die nicht ausgesprochen werden mussten, auch wenn sie der Wahrheit entsprachen.
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir das aufzuschreiben«, bat George, als hätte er eine komplizierte Wegbeschreibung bekommen. »Ich muss mich in Zukunft daran erinnern.«
    Mit konzentriertem Stirnrunzeln klopfte er die Taschen seines Blazers ab, da er nicht sicher war, wo er sein Notizbuch gelassen hatte.
     
    Anselm hatte schon damit gerechnet, dass es zu spät werden könnte, um noch am selben Abend nach Larkwood zurückzufahren. Nachdem Inspector Cartwright fort war, blieb George daher brütend am Tisch sitzen, und Anselm bekam in einer schmalen Abstellkammer ein Feldbett, das zusammenklappte, als er sich in der Mitte daraufsetzte. Dennoch schlief Anselm überraschend schnell ein – was er am nächsten Morgen geradezu unanständig fand. Er begann die Komplet, kam aber nicht über den ersten Vers des ersten Psalms hinaus. Kummer und Sorgen, von denen er gedacht hatte, dass sie ihn wach halten würden, ließen ihn an Georges Tür klopfen, sobald es hell war. Die Tür war nur angelehnt und schwang bei seiner Berührung einen Spalt auf. Als Anselm eintrat, stellte er fest, dass das Bett unbenutzt und das Puzzle fertig war. David George Bradshaw war fort.

TEIL 5
ANFANG UND ENDE

1
    Anselm gesellte sich zu Pater Andrew in den Kreuzgang. Sie setzten sich auf eine Mauer unter einer der Bogenöffnungen zum Innenhof. Auf Drängen eines Wohltäters vom Marylebone Cricket Club hatte man ihn mit bestem Rasen vom Lord’s Cricket-Platz bepflanzt – »Pater, wir legen ein Außenfeld mit Sandbett und guter Dränage an« –, aber die völlige Missachtung der Pflegevorschriften hatte dazu geführt, dass diese Ecke der englischen Seele von Moos zerfressen war. Mittlerweile war das Rasenviereck ein dunkelgrüner Schwamm, der das Wasser speicherte.
    Die Riley-Sache war, wie sie beide fanden, eine traurige Angelegenheit. Ihre Beteiligung daran hinterließ den bitteren Nachgeschmack gemeinsamen Versagens: als hätten sie etwas tun können, um diesen Ausgang zu verhindern – eine Pflichtversäumnis gegenüber den Hoffnungen einer Toten. Sie hatte sich vorgenommen, die Vergangenheit und deren Auswirkungen zu verändern. Dass ihr ganzes Projekt an einem Irrtum über die Rechtslage scheitern sollte, war ein Unglück. Dass die richtige Analyse der Rechtslage von Anfang an von ihr hätte kommen müssen, war eine

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