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Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Titel: Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Brodrick
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Platte an. »Mr. Riley hatte einen Zeitungsartikel über Frauen am Gericht gelesen. Er suchte sich Ihre Mutter aus, weil er gelesen hatte, sie könne in den Schuldigen hineinschauen. So eine Fähigkeit wäre von unschätzbarem Wert, um seine Verleumder zu entlarven, sagte er.«
    »Was hat das damit zu tun, dass sie den Mund nicht aufzumachen brauchte?«
    »Eine gute Frage, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf«, gratulierte Mr. Wyecliffe, »denn dieser bezeichnende Satz stand nicht in dem Artikel.«
    Kühl und sachlich musterte Nick sein Gegenüber. Dieser Berg aus Haaren und Kleidern hatte sich offensichtlich schon seit dem Tag, an dem er in St. John’s Wood die Schnittchen vertilgt hatte, mit dem Riley-Prozess beschäftigt, um irgendetwas zu begreifen.
    Mr. Wyecliffe nahm die Kugel und schüttelte den Schnee auf. Die Flocken wirbelten umher und fielen langsam herunter.
    »Können wir bitte ein Fenster öffnen«, bat Nick.
    »Tut mir leid. Sie sind mit Farbe verklebt.«
    Die Luft war abgestanden, stickig und beklemmend.
    »Wo war ich stehen geblieben?«, fragte Mr. Wyecliffe verbindlich. »Ach ja. Ich vereinbarte einen Beratungstermin und schickte die Unterlagen ab. Am nächsten Tag rief Ihre Mutter mich an und sagte mir, ein Kronanwalt sei für diesen Fall nicht nötig und ich solle die Sache besser Mr. Duffy übertragen. Aber der Mandant war damit nicht einverstanden. Also beauftragte ich beide – auf Drängen Ihrer Mutter. Wo wir gerade von dem Mönch sprechen – na ja, damals war er noch kein Mönch –, kennen Sie ihn?«
    »Flüchtig.«
    »Haben Sie eine Ahnung, warum sie ihn ausgesucht haben könnte?«
    »Nein. Wieso?«
    »Im Vertrauen gesagt … Er war gut, wenn man ein Signalhorn auf einem sinkenden Schiff brauchte, aber um sich über Wasser zu halten … da gab es andere. Wie sich herausgestellt hat, habe ich mich darin allerdings geirrt. Mit einer einzigen Frage hat er die Gegenseite aus dem Wasser gepustet.«
    »Es hatte was damit zu tun, dass jemand sich George statt David nannte.«
    »Ja.« Mr. Wyecliffe drehte den Lufterfrischer um die eigene Achse. »Woher wissen Sie das?«
    »Mr. Duffy hat es mir erzählt.«
    Der Anwalt zog eine Schulter hoch und hustete. »Ich gehe davon aus, dass meine nautische Metapher unter uns bleibt.«
    »Sicher.«
    »Vielen Dank.« Mr. Wyecliffe kratzte sich den Bart. »Alles sehr seltsam, wirklich, denn die Geschichte mit dem Namen kam von mir – also, ich habe den beauftragten Anwalt darauf aufmerksam gemacht – aber Ihrer Mutter gefiel das nicht … sie war sogar entschieden dagegen. Ich habe mich oft gefragt, wieso, denn es hat sich als unsere beste Trumpfkarte erwiesen. Wollen Sie schon gehen?«
    »Vielleicht kann ich Sie auf einen Drink einladen«, schlug Nick vor.
    »Ein äußerst erfreulicher Vorschlag.«
    Mr. Wyecliffe öffnete eine Schreibtischschublade und holte ein blaues Notizbuch heraus. »Wirklich komisch … wenn man darüber nachdenkt«, er schob die Lade ruckelnd zu und warf dabei den Lufterfrischer um, »durch Mr. Duffys letzte Frage haben wir tatsächlich gewonnen, ohne dass Ihre Mutter den Mund aufzumachen brauchte. Selbst Mr. Riley war völlig verblüfft.«
    Nick wandte sich zum Korridor. Durch eine graue Fensterscheibe sah er matt die Lichter von Cheapside.

2
    BEVOR ANSELM NACH London fuhr, hatte er bei einer – unvermeidlichen – Begegnung mit dem Cellerar blaue Flecken davongetragen.
    »Bist du mit dem Finanzamt und seinen merkwürdigen Angewohnheiten vertraut?«
    »Ja«, sagte Anselm demütig. Er hatte sich nach den Laudes gemeldet, um das nötige Bargeld für die Fahrt zu bekommen.
    »Das dachte ich mir.« Cyril war in seinem Büro unter einer Arkade – ein ordentlicher Raum ohne jeden Schmuck bis auf farblich gekennzeichnete Aktenordner: blau für Äpfel (rechts) und grün für Pflaumen (links). Jeder war mit einem Datum versehen. Sein einziger Arm lag auf dem Tisch wie ein Totschläger. Cyril war dick und vierschrötig. Seine Nase war rot, seine Augen gelblich. Er war erkältet. »Sie verlangen eine akkurate Buchführung mitsamt entsprechenden Belegen.«
    »Ja.«
    »Kannst du mir ein Beispiel geben?«
    »Eine Quittung.«
    Cyril nieste und drückte ein riesiges gepunktetes Taschentuch auf seine Nase. Nachdem er außer Sicht mit einer Schatulle geklappert hatte, blätterte er eine abgezählte Summe für die zu erwartenden Bahn- und U-Bahn-Fahrtkosten auf den Tisch.
    »Gott segne dich, Cyril.«
    »Reden wir nicht

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