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Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Titel: Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Brodrick
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er.
    »Wie?«
    »Ich habe einen Brief bekommen.«
    »Was stand drin?«
    »Nichts.« Mehr konnte Riley nicht sagen, aber er brauchte Hilfe. »Es war nur ein Foto drin.«
    »Von wem?«
    »Das ist egal«, sagte Riley lauter. »Ich dachte, Prosser könnte es geschickt haben, das ist alles.«
    »Höchst unwahrscheinlich«, stellte Mr. Wyecliffe seelenruhig fest. »Wer clever genug ist, ein Foto für sich sprechen zu lassen, gibt seine Deckung nicht auf, indem er dumme Fragen stellt.«
    Von Angst getrieben wäre Riley beinahe herausgerutscht, was er fast sein Leben lang für sich behalten hatte. »Ich will nur wissen, ob Sie jemanden daran hindern können, bei mir rumzubuddeln.«
    »Das hängt davon ab«, sagte Mr. Wyecliffe mit einer Hand auf der Schneekugel. »Wer könnte sonst noch die Schaufel in der Hand halten, sozusagen?«
    »Keine Ahnung«, bellte Riley. Das hatte er sich selbst Tag und Nacht schon gefragt. Wenn es nicht Prosser war, kam niemand mehr in Frage. John Bradshaw war mit einer Frage und einem Versprechen angekommen, hatte aber nie eine Antwort bekommen. Riley sagte: »Mir fällt kein Lebender ein.«
    »Irgendwelche Toten?« Der Anwalt schüttelte die Schneekugel.
    Riley hielt den Atem an und spürte Hitze, die sich wie eine Krone auf ihn herabsenkte. »Treiben Sie keine Spielchen mit mir, Wyecliffe.«
    »Mir war es noch nie ernster.«
    Rileys Schläfen begannen zu pochen. »Tote?«
    »Ja.«
    Riley konnte nicht klar denken. Nur Lebende konnten ihm etwas anhaben. Er warf den Kopf zurück, als schüttelte er lästige Fliegen ab.
    »Nun gut«, sagte Mr. Wyecliffe mit einem langen, enttäuschten Seufzen. »Wenn Sie keine weiteren Namen haben – wahrscheinliche oder unwahrscheinliche –, kann ich nichts machen. Dann müssen Sie eben abwarten und sehen, was sie mit dem anfangen, was sie wissen.«
    »Sie?«
    »Nur so eine Redensart«, antwortete der Anwalt. Er hakte die Daumen in seine Westentaschen ein und fügte hinzu: »Aber wo wir davon reden: Vielleicht hat der Absender mehrere Leute angewiesen, in seinem oder ihrem Namen zu handeln.« Er musterte Riley mit einer Mischung aus Mitleid und Verwunderung. »Wissen Sie, alles läuft immer auf Fakten hinaus.«
    »Fakten?« Der Themenwechsel warf Riley aus der Bahn.
    »Ja. Bekannte und unbekannte.« Mr. Wyecliffe schwenkte die Handflächen über dem Schreibtisch, als ob er einen Bann spräche. »Wir Anwälte stellen die bekannten Fakten für die Geschworenen zusammen. Sie würden staunen, wie viele verschiedene Bilder sich mit einigem Geschick aus denselben Puzzleteilen machen lassen.« Er kicherte bei der Vorstellung.
    »Wenn es ein Spiel wäre, würde ich sagen, dass man einiges für sein Geld bekommt. Aber lassen Sie sich von mir nach vierzig Jahren im Gericht eines gesagt sein.« Er war nicht mehr fröhlich, und das Licht wirkte mit einem Mal noch dämmriger.
    »Niemand kann das Erscheinungsbild eines Fakts ändern, der für sich spricht. Er ist wie ein Foto.«
    Riley zupfte an seinem obersten Hemdenknopf. Wyecliffe hatte das Thema gar nicht gewechselt.
    »Sagen Sie mir den Namen des Mannes auf dem Foto«, sagte der Anwalt beschwichtigend.
    »Ich habe nie gesagt, dass es ein Mann war.«
    »Völlig richtig.« Er nickte beifällig.
    »Wenn ich ihn sage, können Sie mir dann helfen?«
    Wyecliffe seufzte und murmelte: »Das hängt davon ab.«
    Riley stieß seinen Stuhl zurück und riss die Tür auf. Immer hing alles »davon ab«. So hatte Wyecliffe sich schon beim letzten Mal benommen, ständig Andeutungen gemacht, gestöhnt und sich kein bisschen überrascht gezeigt.
    Auf der Cheapside fand Riley eine Parkkralle an seinem Transporter. Rasend vor Wut trat er gegen die riesige gelbe Klammer und riss das Protokoll von der Windschutzscheibe. Fast hätte er geweint. Jemand war hinter ihm her, und er konnte ihm nicht entkommen. In einem Augenblick beklemmender Ruhe traf ihn plötzlich das Naheliegende wie ein Schlag mit dem Handrücken: Wer es auch sein mochte, er wusste bereits, was John Bradshaw hatte wissen wollen.

15
    GEORGE WAR SICH nicht sicher, aber wahrscheinlich nahm er genau denselben Weg zurück an den Fluss, den er auch gegangen war, als er Mitcham zum ersten Mal verlassen hatte. Beim Gehen fiel ihm Ninos Geschichte über Richtig und Falsch ein. Das Ende hatte Elizabeth so gut gefallen, aber George hatte sich nie an den Anfang erinnern können. Und jetzt, nachdem sie tot war, war er plötzlich wieder da.
    »Ich hatte einen ganz komischen Traum«,

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