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Patient meines Lebens: Von Ärzten, die alles wagen (German Edition)

Patient meines Lebens: Von Ärzten, die alles wagen (German Edition)

Titel: Patient meines Lebens: Von Ärzten, die alles wagen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Albrecht
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über dichtbewaldete Hügelketten mit spärlichen Lichtungen. Hungerer und der Sanitäter suchten mit den bloßen Augen, der Copilot mit Fernglas. Nach einer halben Stunde der erste Notarzteinsatz auf der Skipiste, sie mussten abbrechen.
    Was weiter passierte, verfolgte Hungerer über den Polizeifunk. Ein halbes Jahr später würde er diese Suche minutiös rekonstruieren, immer noch fassungslos über all die ungünstigen Zufälle. Vier Hubschrauber waren, als der Nebel sich etwas gelichtet hatte, zum Teil gleichzeitig im Einsatz. Ein Großaufgebot an 55 Bergwachtlern und sieben Mitgliedern der alpinen Einsatztruppe der Polizei durchkämmte das Gelände großräumig in mehreren Trupps. Die Freunde Dominiks waren auf dem Traktor in den Hügeln unterwegs, der Vater im Jeep. Aber alle suchten ohne konkrete Anhaltspunkte, die letzten Angaben des Vermissten waren zu verwirrend gewesen.

    Polizeioberkommissar Friedrich Schröferl hatte sofort ein Gesicht vor Augen, als er den Namen Dominik Ziegler hörte. Ein Junge mit Leichtkraftrad, der schon öfter in Geschwindigkeitskontrollen geraten war. Das alles war jetzt unwichtig. Er konnte gut nachempfinden, wie es den Eltern gehen mochte, die er flüchtig kannte, so wie fast alle, die in Kochel und Umgebung wohnten – war er doch selbst Vater von drei Söhnen, der jüngste genauso alt wie der Vermisste.
    Als klar war, dass Dominiks Handyakku leer war, hatte Schröferl sofort die richtige Idee. Er erinnerte sich, dass er und seine Kollegen einige Jahre zuvor im Auftrag des Landeskriminalamts mit Handy und Rucksack über die Berge gelaufen waren, in denen sich der Junge jetzt vermutlich verirrt hatte. Ziel war die Gewinnung von Daten gewesen, die künftig eine Handyortung im Nachhinein ermöglichten – eine »Funkzellenauswertung«. Das LKA verfügte über Angaben zur Position aller Sendemasten, und über den »Abstrahlwinkel« konnte ein dafür abgestellter Mitarbeiter auf einer Landkarte ein schmales, bandförmiges Gebiet eingrenzen, innerhalb dessen sich das Handy einer gesuchten Person zuletzt in einen Funkmast eingeloggt hatte.
    Pech war nur: Es war Neujahr. Der Mitarbeiter war nicht im Dienst. Sie mussten ihn über Umwege privat erreichen und bitten, an seine Arbeitsstelle zu fahren und die notwendigen Recherchen anzustellen.
    Erst dreieinhalb Stunden später bekam Schröferl die Nachricht über Funk, als sie gerade mit dem Polizeihubschrauber »Edelweiß« 50 Meter über den Baumwipfeln bei Ried kreisten. Er fluchte. Sie alle suchten an der falschen Stelle, weil Dominik in seinen letzten Telefonaten immer davon gesprochen hatte, dass er sich irgendwo in der Umgebung der Orte Ried und Ort befinde. Doch er war viele Kilometer entfernt – im Lainbachtal.
    Nur eine Viertelstunde später wurden sie fündig.
13.05 Uhr:
»Die Person lag auf einer freien Schneise, die sich zwischen mehreren Baumgruppen befindet, in völlig unwegsamen Gelände. (…) Dominik lag in Rücklage im Schnee. Er lag so tief im frischen Neuschnee, dass sein Körper nicht über den Schnee hinaus ragte. (…) Er hatte eine extrem blasse Gesichtsfarbe, seine Augen waren offen, seine Pupillen starr. Sein Gesicht war leicht mit Schnee bedeckt. (…) Atmung und Puls waren nicht mehr fühlbar. (…) Als Oberbekleidung trug er lediglich eine rote Fleece-Jacke, einen leichten Pulli, eine Jeans und Bergschuhe.«
(Aktenvermerk des Polizeioberkommissars Schröferl laut Notiz von Alfred Ziegler, der die Akte später eingesehen hat.)
    Hungerer versuchte seine Gedanken zu ordnen, während die Rotoren aufheulten und der Krankenhauslandeplatz in der Seitenscheibe des Hubschraubers immer kleiner wurde: Letzter telefonischer Kontakt um Viertel nach acht. Der Vermisste lag vermutlich seit bald fünf Stunden regungslos im Schnee. Minus zwölf Grad am frühen Morgen. Alkohol weitete die Adern in den Armen und Beinen. Folge: das Blut versackte in der Peripherie, gab seine Wärme an die eiskalte Umgebung ab, der Körper kühlte rasch aus. Auf diese Weise erfroren jeden Winter Obdachlose auf Parkbänken. Möglicherweise flogen sie gerade zu einem Toten.
    Die Menschentraube auf der Waldlichtung befand sich nur wenige hundert Meter entfernt vom nächsten Dorf. Hätte der Junge noch eine Viertelstunde durchgehalten, er wäre gerettet gewesen. Der Hubschrauber konnte auf dem abschüssigen Gelände nicht landen, Hungerer ließ sich über ein Seil hinab. Unter sich sah er viele Fußspuren im Schnee, sie führten geradeaus

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