Patricia - Der Kuss des Vampirs
mit zittrigen Fingern das Buch herauszog, das den Mechanismus der Geheimtür in Gang setzte und kaum, dass die Tür auch nur halb aufgeschwungen war, schon die dunkle und enge Treppe hinabstürmte. Er musste verletzt sein, hatte sich wohl nur mit letzter Kraft durch die unheimlichen Katakomben schleppen können und schaffte es nun nicht mehr, alleine hochzusteigen. Vor ihrem geistigen Auge sah sie ihn am Fuß der Treppe liegen, einen geweihten Pfahl im Leib, den Pentwell, dieser verteufelte Vampirjäger, ihm hineingestoßen hatte.
Sie blieb auf der untersten Stufe stehen, um mit der Kerze in die Runde zu leuchten. »Max! Wo bist du?!«
In diesem Moment legten sich zwei kräftige Hände um ihren Hals.
Pat versuchte, den Angreifer mit dem Kerzenleuchter abzuwehren, hörte auch einen unterdrückten Schmerzenslaut, das Zischen einer Flamme, die auf Fleisch oder Haare traf und einen bösartigen Fluch, aber dann legten sich die Hände umso fester um ihre Kehle und sie verlor das Bewusstsein.
Als Pat wieder erwachte, fand sie sich in einer äußerst unbequemen Lage wieder. Noch im Halbdämmer versuchte sie, sich zu bewegen, fand sich dazu jedoch außerstande und war mit einem Schlag munter, obwohl es in ihren Ohren dröhnte und ihr Kopf schmerzte. Sie gab einen erstickten Laut von sich, als sie bemerkte, dass sie festgebunden war, ihr Kopf hinten überhing und sich eine kalte Kante schmerzhaft in ihr Genick grub. Langsam kam die Erinnerung zurück. Maximilian hatte sie gerufen, sie hatte die Geheimtür geöffnet und war die Treppe hinuntergelaufen. Jemand hatte sie überfallen, gewürgt und dann… setzte ihre Erinnerung aus.
Sie hob mühsam den Kopf und versuchte sich umzusehen. Sie befand sich in einer Höhle…, nein, nicht Höhle, der Raum hatte halb zerfallene Steinwände, über die dank einiger mächtiger Kerzenleuchter lebendige Schatten zuckten. Über ihr konnte sie den sternenübersäten Himmel sehen. Als sie vorsichtig ihren schmerzenden Kopf wandte, sah sie zu ihrem Entsetzen überall steinerne Särge stehen. Obwohl sie sich kaum rühren konnte, drehte sie den Kopf so weit, bis sie erkannte, dass sie auf einer Art Altar lag, der sich in einem kleinen Alkoven befand.
Ein Altar, auf dem man das Opfer festgebunden hat, schoss es ihr durch den Kopf. Sie versuchte sich zu bewegen, aber die Stricke, die man ihr um die Hand- und Fußgelenke gewunden hatte, waren mit dem Tisch verbunden und so fest gezurrt, dass sie sie nicht einmal einen Fingerbreit bewegen konnte. Sie war bis auf die dünne Baumwollspitzenhose und ihr Mieder nackt, zitterte vor Angst und Kälte und verwünschte ihre Idee, so ahnungslos diese Geheimtreppe hinuntergelaufen zu sein. An der Wand ihr gegenüber war das beunruhigende Relief einer Frau mit Flügeln. Neben ihr waren ähnliche, wenn auch kleinere Geschöpfe abgebildet und unter ihr eine Art Drache.
Sie zuckte zusammen, als sie gewahr wurde, dass noch andere Leute anwesend waren. Allerdings standen diese weiter entfernt im Schatten, wohin das Licht der Kerzen und der Sterne nicht reichte, sie fühlte ihre bedrohliche Gegenwart jedoch fast körperlich. »Was wollen Sie von mir? Binden Sie mich los!«
Sie riss den Kopf herum, als jemand sie berührte.
»Mr. Pentwell?!« Was machte Pentwell hier? Und wenn er hier war, wo war dann Maximilian?
Pentwell stand regungslos neben ihr und sah auf sie hinab. Seine Augen waren gerötet, blutunterlaufen. »Hatte ich Ihnen nicht gesagt, Sie würden es bereuen, nicht mit mir gekommen zu sein?«, sagte er mit einem kalten Lächeln. »Aber Sie wollten ja nicht auf mich hören. Es wäre dann alles viel einfacher für Sie gewesen.«
»Wieso? Was hat das damit zu tun? Man hat mich niedergeschlagen und hier gefesselt. Bitte lösen Sie meine Fesseln!«
»Das kann ich nicht. Dazu ist es noch zu früh.«
»Zu früh?« Pat zerrte an den Stricken.
»Sie würden davonlaufen. Noch würden Sie davonlaufen.« Sein Lächeln verstärkte sich. »Später, wenn alles vorbei ist, lasse ich Sie frei.«
»Vorbei…«, Pat sah sich gehetzt um. Diese vermummten und verhüllten Gestalten machten ihr Angst. »Was denn vorbei?« Ihre Angst um Maximilian stieg. Wo war er nur? Hatte Pentwell ihn etwa gar ebenso gefangen genommen wie sie selbst?
Pentwells Stimme klang sanft, als er sich über sie beugte und seine Fingerspitzen über ihren Körper wandern ließ. Sie waren wie Eis auf ihrer Haut. »Wenn Sie dann eine von uns sind.«
Pat machte einen hilflosen Versuch,
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