Patterson James
nicht
fertig gestellten Gebäudes nicht weit entfernt vom City and
County Building in Denver. Ihm war es völlig gleichgültig, ob
die Kinder flogen oder nicht, abgesehen von der Tatsache, dass
sie definitiv kleine Monsterfreaks waren. Sie sahen gut aus,
zugegeben, sie waren sogar irgendwie schön, aber es war
einfach nicht richtig, wie sie waren. Was sie waren.
Gottverdammte Missgeburten der Natur.
Und doch, es machte Spaß, ihnen zuzusehen – bis er den
Befehl erhielt, sie runterzuholen.
Er hatte keine Ahnung, ob und wann dieser Befehl kommen
würde. Was auch immer, er war bereit. Wenn er eines der
Kinder ausschalten sollte – kein Problem.
Er war sogar fest überzeugt, dass er alle sechs abschießen
konnte, falls der Job es verlangte. Auch das wäre kein Problem.
Anschließend würde die Hölle losbrechen, doch er gab einen
Dreck darauf. Er hatte Rückendeckung von weit oben.
Langsam und gekonnt bewegte er das Visier seines
Zielfernrohrs über die Gesichter der sechs. Das japanische
Fernrohr war eine ausgezeichnete Arbeit, und er konnte die
winzigsten Unreinheiten auf der Gesichtshaut der Kinder
erkennen – einen Pickel oder ein eingewachsenes Haar, was
auch immer.
Er schwang den Lauf des Gewehrs wieder auf das blonde
Mädchen. Sie war am beeindruckendsten von allen, eine
geborene Anführerin. Entweder sie oder der hübsche Junge, den
sie Ozymandias nannten. Er war schlank und geschmeidig und
besaß trotz seines jungen Alters bereits die Muskeln eines
Athleten.
Der Auftragskiller trug einen Ohrhörer und wartete geduldig
darauf, dass er seine Befehle bekam. Soweit er wusste, waren
noch andere Scharfschützen über die Stadt verteilt – vielleicht
einer für jedes der Kinder.
Dann hörte er seinen Namen im Ohrhörer. »Marco, hören Sie
mich? Sind Sie da?«
»Ich bin genau am vereinbarten Ort«, sagte er in das winzige
Mikrofon, das unter seiner Lippe klebte. Wo zur Hölle sollte ich
sonst sein, fügte er für sich hinzu.
»Können Sie jetzt eines der Kinder ausschalten?«
»Kein Problem. Jedes einzelne. Welches soll ich runterholen?
Sie haben die Wahl.«
»Wie wäre es mit allen?«, fragte die Stimme.
»Auch kein Problem. Sagen Sie mir einfach wann. Jetzt wäre
ein guter Zeitpunkt. Fast kein Wind.«
Die andere Seite schwieg sekundenlang. Marco Vincentis
Finger legte sich um den Abzug. Er war bereit.
»Legen Sie das Gewehr nieder«, sagte die Stimme schließlich.
»Für den Augenblick brauchen wir Sie nicht mehr. Es war
lediglich eine Übung. Diese Kinder sind unglaublich wertvoll
für die Wissenschaft, und wir hoffen, dass wir einen anderen
Weg finden, um unser Problem zu lösen. Bitte verlassen Sie
Denver so bald wie möglich. Sie werden den Wagen nehmen,
und selbstverständlich werden Sie für Ihre Zeit entschädigt. Es
war wie immer ein Vergnügen, Marco, mit einem richtigen Profi
zu arbeiten. Wir werden uns wieder bei Ihnen melden.«
»Ich freue mich bereits darauf«, entgegnete der Auftragskiller.
Und dann verstummte sein Ohrhörer.
Er zielte auf Max’ linkes Auge, dann auf das rechte, und
schließlich auf eine Stelle genau in der Mitte.
»Beim nächsten Mal bist du dran, Kleine«, sagte er leise.
Ich fühlte mich, als würde die Welt rings um mich herum
einstürzen. Das war es also, oder doch nicht? In meinem Kopf
drehte sich alles, und es tat höllisch weh. Ich wagte nicht einmal
über die Möglichkeit nachzudenken, die Kinder zu verlieren.
Ich nahm in einem braunen Ledersessel Platz, einem von
mehreren in Richter Dwyers geräumigem Amtszimmer. Die
Holzpaneele der Wandverkleidung sollten vermutlich einen
Anschein von Wärme und Sicherheit erwecken, doch ich fühlte
mich vollkommen unsicher, und die Klimaanlage erzeugte eine
eisige Kälte.
Kit betrat den überfüllten Raum. Er blieb stehen, suchte mich,
kam dann herüber und nahm meine Hand. Endlich traf auch
Richter Dwyer ein, gefolgt vom Gerichtsstenographen. Die Tür
fiel mit einem Knall ins Schloss.
»Ich habe Sie zusammengerufen«, begann Dwyer ohne
Umschweife, »weil ich Ihnen meine Entscheidung im Voraus
mitteilen möchte. Auf diese Weise können Sie die Kinder
informieren, ohne dass die Öffentlichkeit dabei zusieht.«
Mir drohte der Atem zu stocken. Ich drückte Kits Hand fester
und blickte auf zu ihm. Er beugte sich vor und küsste mich auf
die Haare. Ich konnte nicht umhin zu denken, was für ein
absolut umwerfender Mann er war. Ich riss mich zusammen und
konzentrierte meine Aufmerksamkeit auf
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