Patterson James
zufrieden? Dass
jemand anderes die Nummernschilder geklaut haben musste?«
»Ich weiß nicht, ob man das ›zufrieden‹ nennen könnte. Ich
war vorbestraft. Es war nicht besonders schwer, mich darauf
festzunageln, dass ich mit dem Klan zu tun hatte.«
»Ralphie D. konnte das sicher nicht so gut wegstecken.«
»Das würde ich eher untertrieben nennen, Mr. Goldenberger.
Alle waren stinksauer. Später am Abend habe ich mich mit
Stevie getroffen. Er hat Sachen gesagt wie ›Ich weiß, dass ich
das verbockt habe, aber wenn das Konsequenzen hat, dann gehe
ich nicht alleine‹. So verrücktes Zeug. Zeug, das er nicht hätte
sagen dürfen. Er war völlig aufgekratzt.«
»Und wie haben Sie reagiert?«, wollte Goldenberger wissen.
»Ich habe gesagt: ›Gott, Stevie, so was darfst du nicht sagen.
Das könnte jemand hören.‹ Aber er war nervös. Er wusste, dass
er die Sache verbockt hatte. In einem solchen Zustand hatte ich
Stevie noch nie gesehen.«
»Was haben Sie also getan?«
»Ich? Ehrlich gesagt, Mr. Goldenberger, ich musste mich um
mich selbst kümmern. Ich habe zu Ralphie gesagt, er soll gar
nicht auf Stevie achten. Der würde keine Dummheiten mehr
machen. Er sei einfach nur durchgeknallt, mehr nicht.«
»Sie haben Ralphie von Stevie erzählt?«
»Das musste ich, Mr. Goldenberger. Wenn man ihn geschnappt und er weitergeplappert hätte, wären wir alle geliefert
gewesen. Außerdem musste ich mir auch ein Alibi besorgen.
Damals hatte ich da so eine Sache mit dem Knie und musste
operiert werden. Also bin ich ins Kings County Hospital zu
einem Arzt gegangen, den wir kannten – er schuldete uns ein
bisschen Geld –, und habe von ihm verlangt, mich sofort
aufzuschneiden, dann wäre die Rechnung beglichen. Und in den
Unterlagen müsste stehen, dass ich schon seit dem Vormittag im
Krankenhaus gewesen war.«
»Lassen Sie mich das klarstellen, Mr. Machia. Sie brachten
einen Arzt dazu, fälschlicherweise zu behaupten, Sie seien in ein
Krankenhaus aufgenommen worden, womit er Ihnen ein Alibi
für den Mord an Samuel Greenblatt verschaffte?«
»Ja.«
»Und er stimmte zu?«
»Na ja, ich habe ihm eine Waffe an den Kopf gehalten,
Mr. Goldenberger.«
Andie konnte es nicht glauben. Das Gelächter wurde immer
wilder.
»Kommen wir auf Stevie Mannarino zurück, Mr. Machia,
Ihren Freund seit Kindertagen.« Goldenberger ging ein paar
Schritte auf seinen Zeugen zu. »Sie sagten zu Ralphie D., Sie
würden sich für Stevie verbürgen. Was meinte Ralphie dazu?«
»Ich sollte mir keine Sorgen machen. Er würde es mit dem
Boss besprechen. Sie würden ihn irgendwo hinbringen, wo er
eine Weile untertauchen könnte, bis Gras über die Sache
gewachsen wäre. Er meinte, es wäre besser, wenn ich mich auf
mich selbst konzentriere. Aber eigentlich war ich ein bisschen
nervös. Ich hatte Angst, nie wieder aus diesem Krankenhaus
rauszukommen, wenn Sie wissen, was ich meine.«
»Was passierte dann?« Goldenberger ging zum Tisch und griff
zu Steven Mannarinos Bild. Dieses hielt er in Richtung der
Geschworenen. »Sagen Sie dem Gericht, Mr. Machia, was aus
Ihrem Freund geworden ist.«
»Ich weiß nicht.« Louis Machia zuckte mit den Schultern und
spülte den Kloß in seinem Hals mit einem Schluck Wasser
hinunter. »Ich habe Stevie nie wiedergesehen.«
17
Es war fast vier Uhr. Richterin Seiderman ließ ihren Blick durch
den Gerichtssaal gleiten. »Mr. Goldenberger, ich glaube, das ist
ein guter Moment, um für heute Schluss zu machen«, beendete
sie die Zeugenvernehmung.
Sie ermahnte die Geschworenen, bevor diese nach Hause
geschickt wurden, nicht über den Fall zu reden und keine
Zeitungen zu lesen. Ein paar verabschiedeten sich hastig, um
noch ihren Zug zu erreichen.
Andie packte ihre Tasche und zog ihren Pullover an. »Bis
morgen dann«, rief sie in die Runde. »Ich muss meinen Sohn
abholen. Fährt jemand mit der U-Bahn?«
Eine Frau, Jennifer hieß sie, sagte, sie würde mitfahren. Gemeinsam eilten sie hinüber zur Chambers Street und sprangen in
die Broadway-Linie Richtung Norden. Jennifer, eine Anzeigenverkäuferin, stieg an der 79th Street aus. Andie fuhr noch weiter
in den Norden, wo sie seit vier Jahren in der West 183rd Street
in einem braunen Sandsteingebäude ohne Fahrstuhl, aber mit
Blick auf die George-Washington-Bridge wohnte.
An der Haltestelle 181st Street stieg sie aus und ging ein paar
Blocks zur 178th Street, wo sie Jarrod bei Sandra abholte.
Sandras Sohn Eddie ging wie Jarrod in die vierte
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