Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da
sie auch mit dem Lernen war, sie fand die Zeit, schöne Prosa über das Aufwachsen in den Sozialsiedlungen zu schreiben. Sie erinnerte mich an eine junge Alice Walker. Begabt.
Etwas ganz Besonderes. Seit über vier Tagen vermißt. Im nagelneuen Polizeirevier von Durham wurde uns kein großer Bahnhof gemacht, nicht einmal, als Sampson und ich unsere Marken und Polizeiausweise aus Washington zeigten. Der Sergeant am Empfangstresen war nicht beeindruckt.
Er sah irgendwie dem Fernsehwetterfrosch Willard Scott ähnlich. Er hatte einen dicken Bürstenschnitt, lange, dichte Koteletten und eine Hautfarbe wie frischer Schinken. Als er festgestellt hatte, wer wir waren, wurde es eine Spur schlimmer. Kein roter Teppich, keine südliche Gastfreundschaft, keine südliche Gemütlichkeit. Sampson und ich mußten im Dienstraum des Polizeireviers von Durham warten und Däumchen drehen. Er bestand aus glänzendem Glas und poliertem Holz. Wir wurden mit den feindseligen Mienen und ausdruckslosen Blicken bedacht, wie sie normalerweise Drogenhändlern vorbehalten sind, die in der Nähe einer Grundschule erwischt werden.
»Ich fühl’ mich, als wären wir eben auf dem Mars gelandet«, sagte Sampson, während wir warteten und der Polizeielite von Durham zuschauten, beobachteten, wie Beschwerdeführer kamen und gingen. »Mir gefällt gar nicht, was die Marsmenschen für ein Gefühl ausstrahlen. Die kleinen Knopfaugen wie die von Marsmenschen gefallen mir auch nicht. Ich glaube nicht, daß mir der neue Süden gefallt.«
»Wenn du mal drüber nachdenkst, wären wir überall so fehl am Platz«, sagte ich zu Sampson. »Im Hauptquartier der Polizei von Nairobi bekämen wir denselben Empfang, würden genauso mit kalten Blicken bedacht.«
»Kann schon sein.« Sampson nickte hinter der Sonnenbrille. »Aber es wären wenigstens schwarze Marsmenschen. Die wüßten wenigstens, wer John Coltrane ist.«
Schließlich, eineinviertel Stunden nach unserer Ankunft, kamen die Detectives aus Durham, Nick Ruskin und Davey Sikes, herunter und begrüßten uns.
Ruskin erinnerte mich etwas an Michael Douglas in seinen Rollen als finsterer Polizeiheld. Er trug eine Kombination: Tweedjackett in Grün und Hellbraun, ausgebleichte Jeans, gelbes T-Shirt mit Taschen. Er war etwa so groß wie ich, was hieß, ungefähr eins neunzig; gute Überlebensgröße. Sein langes braunes Haar war zurückgestrichen und mit dem Rasiermesser gestutzt. Davey Sikes war gut gebaut. Sein Kopf war ein massiver Block, der rechte Winkel zu seinen Schultern bildete. Er hatte schläfrige, hafermehlbraune Augen; soweit ich das beurteilen konnte, so gut wie ohne Gefühlsbewegung. Sikes war der typische Assistent, definitiv kein Anführer. Jedenfalls nicht, falls der erste Eindruck irgend etwas zu sagen hat.
Die beiden Detectives schüttelten uns die Hand und gaben sich, als wäre alles vergessen, als hätten sie uns die Einmischung verziehen. Ich hatte das Gefühl, vor allem Ruskin sei daran gewöhnt, daß innerhalb der Polizei von Durham alles nach seiner Pfeife tanzte. Er wirkte wie der hiesige Star. Der wichtigste Mann hier in der Gegend. Ein Matineenidol im Glaspalast von Durham. »Tut mir leid, daß Sie warten mußten, Detective Cross, Sampson. Hier war der Teufel los«, sagte Nick Ruskin. Er hatte einen leichten Südstaatenakzent. Jede Menge Selbstvertrauen. Er hatte Naomis Namen noch nicht erwähnt. Detective Sikes hielt den Mund. Sagte kein Wort.
»Haben Sie beide Lust, eine Fahrt mit Davey und mir zu machen? Ich erkläre die Lage unterwegs. Wir haben einen Mord am Hals. Deshalb hatten wir alle Hände voll zu tun. Die Polizei hat in Elfland eine Frauenleiche gefunden. Ein scheußlicher Fall.«
12. Kapitel
Ein scheußlicher Fall. Eine Frauenleiche in Elfland. Die Leiche welcher Frau?
Sampson und ich folgten Ruskin und Sikes hinaus zu ihrem Auto, einem waldgrünen Saab Turbo. Ruskin stieg auf den Fahrersitz. Ich dachte an die Worte von Sergeant Esterhaus in Hill Street Blues: »Da draußen heißt es aufgepaßt.«
»Wissen Sie irgend etwas über die Ermordete?« fragte ich Nick Ruskin, als wir Richtung West Chapel Hill Street fuhren. Er ließ die Sirene an und fuhr jetzt schon schnell. Er fuhr dreist und anmaßend.
»Ich weiß nicht genug«, sagte Ruskin. »Das ist ja Daveys und mein Problem bei dieser Ermittlung. Wir kriegen über so gut wie gar nichts zuverlässige Informationen. Vermutlich haben wir heute deshalb so gute Laune. Ist Ihnen das schon aufgefallen?«
»Ja, ist
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