Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da
FBI übliche fröhliche Camperlächeln erspart und den berühmten »lächelnden Händedruck« des FBI.
Nick Ruskin war schroff zu ihr. Der erste Augenblick, in dem er mir sympathisch war. »Das ist Detective Alex Cross mit seinem Partner, Detective John Sampson. Sie sind aus D. C. hergekommen. Die Nichte von Detective Cross, Naomi Cross, wird an der Duke University vermißt. Das ist die Leiterin des Sondereinsatzes, Joyce Kinney«, stellte er die Agentin vor. Agentin Kinney runzelte die Stirn, vielleicht war es auch ein finsterer Blick. »Das hier ist auf keinen Fall Ihre Nichte«, sagte sie. »Ich wüßte es zu schätzen, wenn Sie beide zu den Autos zurückkehren würden. Bitte, tun Sie das.« Sie hatte das Bedürfnis, weiterzusprechen. »Sie haben in diesem Fall keinerlei Autorität und auch nicht das Recht, hier zu sein.«
»Wie Detective Ruskin eben zu Ihnen gesagt hat, ist meine Nichte verschwunden«, sagte ich leise, aber entschieden zu Joyce Kinney. »Das ist alles, was ich an Autorität brauche. Wir sind nicht hergekommen, um die Lederverkleidung und das Armaturenbrett von Detective Ruskins Sportwagen zu bewundern.« Ein blonder Mann mit breiter Brust, Ende Zwanzig, trat forsch neben seine Chefin. »Ich glaube, Sie haben gehört, was Agentin Kinney gesagt hat. Sie sollten jetzt gehen«, erklärte er. Unter anderen Umständen wäre seine überzogene Reaktion komisch gewesen. Heute war sie es nicht. Nicht an diesem Schauplatz eines Massakers.
»Von Ihnen lassen wir uns an gar nichts hindern«, sagte Sampson mit seiner tiefsten, grimmigsten Stimme. »Nicht von Ihnen. Nicht von Ihren geschniegelten Freunden.«
»Schon gut, Mark.« Agentin Kinney wandte sich dem Jüngeren zu. »Wir kümmern uns später darum«, sagte sie. Agent Mark zog ab, aber nicht ohne einen überaus finsteren Blick, ganz ähnlich dem, mit dem seine Chefin mich bedacht hatte. Ruskin und Sikes lachten beide über den Rückzieher des Agenten. Uns wurde erlaubt, mit dem FBI und dem örtlichen Polizeiaufgebot am Tatort zu bleiben. Die Schönen und das Ungeheuer. Ich dachte an Ruskins Formulierung im Auto. Auch Naomi war auf der Anschlagtafel. War die Tote ebenfalls daraufgewesen? Es war heiß und schwül gewesen, und die Leiche verweste schnell. Waldtiere hatten der Frau übel zugesetzt, und ich hoffte, da sei sie schon tot gewesen. Aber im Grunde glaubte ich es nicht. Mir fiel die ungewöhnliche Lage der Leiche auf. Sie lag auf dem Rücken. Sie schien sich beide Arme ausgerenkt zu haben, vielleicht, als sie sich von den Lederriemen und dem Baum hinter ihr befreien wollte. Der Anblick war grauenhaft, und ich hatte auf den Straßen Washingtons und anderswo schon Grauenhaftes gesehen. Ich empfand fast keine Erleichterung darüber, daß das hier nicht Naomi war.
Schließlich sprach ich mit einem Spurensicherer vom FBI. Er kannte einen Freund von mir beim FBI, Kyle Craig, der in Quantico in Virginia arbeitete. Er erzählte mir, Kyle habe ein Sommerhaus hier in der Gegend.
»Eins muß man diesem Drecksack lassen, raffiniert ist er.« Der Spurensicherer vom FBI redete gern. »Er hat bei beiden Opfern, die ich untersucht habe, kein Schamhaar hinterlassen, kein Sperma, nicht einmal Schweißspuren. Ich bezweifle stark, daß wir hier etwas für eine DNSBestimmung finden werden. Wenigstens hat er sie nicht selbst gefressen.«
»Hat er Sex mit den Opfern?« fragte ich, ehe der Agent zu einer Abschweifung über seine Erfahrungen mit Kannibalismus ausholte.
»Ja, hat er. Jemand hatte mehrfach Sex mit ihnen. Jede Menge Vaginalverletzungen und Risse. Das Arschloch ist gut bestückt, oder er benützt etwas Großes, um Sex zu simulieren. Aber er muß dabei einen Zellophananzug tragen. Oder er reinigt die Opfer irgendwie. Bis jetzt haben wir noch keine Spur von Körperflüssigkeit. Der Entomologe hat seine Proben schon entnommen. Er wird uns den genauen Todeszeitpunkt nennen können.«
»Das könnte Bette Anne Ryerson sein«, sagte ein grauhaariger FBI-Agent in Hörweite. »Sie ist als vermißt gemeldet worden. Blondine, eins achtundsechzig, etwa fünfzig Kilo. Trug eine goldene Seiko, als sie verschwand. Umwerfende Schönheit, war sie jedenfalls mal.«
»Mutter von zwei Kindern«, sagte eine Agentin. »Englischstudentin an der North Carolina State University. Ich habe mit ihrem Mann gesprochen, einem Professor. Habe ihre beiden Kinder kennengelernt. Zwei schöne kleine Kinder. Ein Jahr und drei Jahre alt. Der Teufel soll dieses Schwein holen.« Die
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