Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da
Mühe…
»Dr. Kate… mit den anderen gesprochen… gegen die Hausregeln verstoßen!«
»Die Beste, die Allerbeste… hätte sie sein können… so schlau, daß du dumm bist!«
Kate nickte, als hätte sie verstanden, was er eben zu ihr gesagt hatte, als hätte sie seinen Worten und seiner Logik bestens folgen können. Offenbar wußte er, daß sie mit den anderen gesprochen hatte. Hatte er gesagt, sie sei so schlau, daß sie dumm war? Das war leider wahr. Das hast du voll erfaßt, Kumpel. »Ich wollte… reden«, brachte sie heraus. Ihre Zunge fühlte sich an, als ob sie in einem Wollhandschuh steckte. Sie hatte sagen wollen: Laß uns reden. Laß uns über alles reden. Wir müssen reden. Bei diesem Besuch war er jedoch nicht besonders zum Reden aufgelegt. Er schien sich in sich zurückgezogen zu haben. Ganz distanziert. Der Eismann. Etwas besonders Unmenschliches umgab ihn. Diese scheußliche Maske. Heute war seine Rolle der Tod.
Er war keine drei Meter entfernt, bewaffnet mit der Betäubungspistole und einer Spritze. Arzt, schrie ihr Gehirn. Er ist Arzt, nicht wahr?
»Will nicht sterben. Bin brav«, brachte sie mit großer Anstrengung heraus. »Schöne Kleider… hohe Absätze…«
»Das hättest du dir früher überlegen sollen, Dr. Kate, und du hättest nicht bei jeder Gelegenheit gegen meine Hausregeln verstoßen sollen. Bei dir habe ich einen Fehler gemacht. Im allgemeinen mache ich keine Fehler.«
Sie wußte, daß die Elektroschocks aus der Pistole sie lahmen würden. Sie versuchte, sich darauf zu konzentrieren, was sie tun konnte, um sich zu retten. Sie lief jetzt voll auf Autopilot. Alle erlernten Reflexe waren da.
Ein direkter, richtiger Tritt, dachte sie. Aber das wirkte im Augenblick unmöglich. Trotzdem horchte sie tief in sich hinein. Volle Konzentration. Ihr jahrelanges Karatetraining kanalisierte sich zu der kleinen Chance, ihr Leben zu retten. Eine letzte Chance.
Sie hatte in der Karateschule tausendmal gehört, sie müsse sich auf ein einziges Ziel konzentrieren und dann die Kraft und die Energie des Gegners gegen ihn verwenden. Voll konzentriert. So gut sie das im Augenblick konnte.
Er kam auf sie zu und hob die Betäubungspistole. Er bewegte sich sehr zielstrebig.
Kate krächzte »kiai!« oder etwas Ähnliches. Das Beste, was sie herausbrachte. Sie trat mit aller Kraft zu, die sie noch hatte. Sie zielte auf seine Nieren. Der Stoß konnte ihn außer Gefecht setzen. Sie wollte ihn töten.
Kate mißlang der Tritt ihres Lebens, aber etwas tat sich. Sie traf auf Knochen und Fleisch.
Nicht die Nieren, nicht einmal die Nähe des angestrebten Ziels. Der Tritt hatte seine Hüfte getroffen oder seinen Oberschenkel. Das war egal, er hatte ihm weh getan.
Casanova jaulte vor Schmerz auf. Er klang wie ein Hund, der unter ein Auto gekommen ist. Sie merkte, daß er außerdem überrascht war. Er wankte einen Schritt zurück. Dann kippte der gottverfluchte Muskelprotz um. Kate McTiernan hätte am liebsten vor Freude geschrien. Sie hatte ihn verletzt. Casanova war am Boden.
42. Kapitel
Ich war wieder im Süden, wieder bei der häßlichen Mord- und Entführungsermittlung. Sampson hatte recht gehabt – ich nahm den Fall persönlich. Außerdem war es ein hoffnungsloser Fall, einer, der sich jahrelang hinziehen konnte.
Alles, was getan werden konnte, wurde getan. Im Augenblick wurden in Durham, Chapel Hill und Raleigh elf Verdächtige überwacht. Unter ihnen waren mehrere Perverse, aber auch Universitätsprofessoren, Doktoren und sogar ein pensionierter Cop in Raleigh. Wegen der »perfekten« Verbrechen waren alle Polizisten in der Gegend vom FBI überprüft worden. Ich befaßte mich nicht mit diesen Verdächtigen. Ich sollte suchen, wo sonst niemand suchte. Das war der Handel, den ich mit Kyle Craig und dem FBI gemacht hatte. Ich war als Torschütze eingeplant.
Im ganzen Land liefen damals die Ermittlungen in mehreren Fällen. Ich las über alle die detaillierten FBIAkten. Ein Mörder von Schwulen in Austin, Texas. Ein Serienmörder älterer Frauen in Ann Arbor und Kalamazoo, Michigan. Mörder mit einem bestimmten Muster in Chicago, North Palm Beach, Long Island, Oakland und Berkeley.
Ich las, bis mir die Augen brannten und ich mich innerlich noch schlechter fühlte.
Es gab einen scheußlichen Fall, der bundesweit Schlagzeilen machte – den Gentleman in Los Angeles. Ich wählte im Computerprogramm Nexus die Tagebücher des Mörders an. Sie wurden seit Anfang des Jahres in der Los Angeles Times
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