Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da
einen Universitätsabschluß im Aufspüren verdient, als wir Jagd auf Soneji/Murphy gemacht hatten. Bis jetzt hatte ich festgestellt, daß das FBI an der Westküste ebenfalls gut darin war. Die Agenten Asaro und Cosgrove meldeten sich sofort über Funk, als wir losfuhren. Sie hatten das Kommando über die auf Will Rudolph angesetzten Überwachungsteams. Wir wußten immer noch nicht, ob er der Gentleman war. Wir konnten noch nichts gegen Dr. Rudolph unternehmen.
Wir folgten dem Range Rover durch Los Angeles nach Westen. Rudolph bog schließlich auf den Sunset Drive ein und blieb bis zum Pacific Coast Highway darauf. Dann fuhr er auf dem U. S. Highway l nach Norden. Mir war aufgefallen, daß er sich innerhalb von L. A. an die Geschwindigkeitsbeschränkung gehalten hatte. Aber sobald der Range Rover auf der offenen Straße war, raste er.
»Wo zum Geier will er hin? Mir sitzt das Herz im Hals«, gab Kate schließlich zu.
»Uns kann nichts passieren. Es wirkt nur so furchterregend, ihn nachts zu jagen«, sagte ich. Es war ein Gefühl, als wären wir allein mit ihm. Wo zum Teufel fuhr er hin? War er auf der Jagd? Wenn sein Muster so blieb, war bald ein anderer Mord fällig. Er mußte heiß daraufsein.
Es erwies sich als eine sehr lange Fahrt. Wir beobachteten, wie die Sterne die Nacht an der kalifornischen Küste erhellten. Sechs Stunden später waren wir immer noch auf dem Highway 1. Schließlich bog der Range Rover an einem malerischen Holzwegweiser ab, auf dem unter anderem Big Sur State Park stand. Wie als Beweis dafür, daß wir tatsächlich in Big Sur waren, überholten wir einen altertümlichen Lieferwagen mit dem Aufkleber: Besichtigen Sie den industriellen Zusammenbruch.
»Besichtigen Sie, wie Dr. Will Rudolph einen Schlaganfall bekommt«, knurrte Kate leise.
Ich sah auf die Uhr, als wir vom Highway abbogen. »Es ist nach drei. Ganz schön spät, wenn er sich heute nacht noch ernsthaften Ärger einhandeln will.« Ich hoffte, daß er ihn bekommen würde.
»Falls es je Zweifel daran gegeben hat, könnte das beweisen, daß er tatsächlich ein blutrünstiger Vampir ist«, murmelte Kate. Sie hatte wie fast immer auf der langen Fahrt die Arme vor der Brust verschränkt. »Er will in seinem Lieblingssarg schlafen.«
»Genau. Dann treiben wir ihm einen Pfahl durch das Herz«, sagte ich. Wir waren beide ziemlich erschöpft. Ich hatte auf der Fahrt eine Tablette genommen. Kate wollte keine. Sie sagte, sie wisse zuviel über Medikamente und mißtraue den meisten. Wir kamen an einem Schilderwald vorbei: Point Sur, Pfeiffer Beach, Big Sur Lodge, Ventana, Esalen-Institut. Will Rudolph fuhr Richtung Big Sur Lodge, Sycamore Canyon, Böttchers Gap Campgrounds.
»Ich hatte gehofft, er fährt nach Esalen«, witzelte Kate. »Lernt meditieren, überwindet seinen inneren Aufruhr.«
»Was zum Teufel hat er heute nacht vor?« fragte ich mich laut. Was führten er und Casanova im Schild? Bis jetzt war es unmöglich, das herauszubekommen. »Vielleicht ist in den Wäldern hier sein Versteck, Kate«, äußerte ich einen Gedanken. »Vielleicht hat er ein Schreckenshaus wie Casanova.«
Zwillingsbildung, dachte ich wieder. Das ergab eine Menge Sinn. Sie lieferten sich gegenseitig Hilfssysteme. Parallele Wege für die beiden Ungeheuer. Aber wo trafen sie sich? Gingen sie je gemeinsam auf die Jagd? Ich hatte den Verdacht, daß sie es taten. Der weiße Range Rover schlängelte sich eine steile, ziemlich schlechte Nebenstraße hinauf, die östlich vom Ozean verlief. Auf beiden Seiten der schmalen Straße blitzten alte, düstere Redwoods auf. Ein bleicher Vollmond schien sich direkt über dem Rover zu bewegen, ihm zu folgen.
Ich ließ ihm einen sicheren Vorsprung – so daß wir ihn aus den Augen verloren. Die hohen Bäume schienen auf beiden Straßenseiten an uns vorbeizutreibena. Finstere Schatten im wahren Leben. Die Scheinwerfer erfaßten ein leuchtendgelbes Schild: Bei Nässe unbefahrbar.
»Hier ist er, Alex.« Kates Warnung kam etwas zu spät. »Er hat angehalten!«
Die schwerlidrigen Augen des Gentleman sahen unser Auto finster an, als wir an ihm und dem Range Rover vorbeifuhren. Er hatte uns gesehen.
66. Kapitel
Dr. Will Rudolph war in einen zerfurchten Feldweg eingebogen, der von der Straße aus nicht zu sehen war. Er stand gebückt neben dem Rover und nahm einen Armvoll wer weiß was vom Rücksitz. Er sah unser vorbeifahrendes Auto mit einem kalten, fragenden Blick an.
Ich fuhr auf der asphaltierten Straße weiter, unter
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