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Patty Janes Frisörsalon

Patty Janes Frisörsalon

Titel: Patty Janes Frisörsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorna Landvik
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der mittleren Stufe auf. Sie stellte den Kinderwagen in den Hausflur neben Thors Fahrrad und stieg, beladen mit Nora, der Zeitung und einem Beutel Orangen, den sie bei Del’s mitgenommen hatte, die Treppe hinauf. Sie drückte die Wohnungstür mit dem Fuß auf und stieß einen Schrei aus, als sie die Gesichter von Patty Jane und Harriet sah.
    Die Zeitung, die sie unter den Arm geklemmt hatte, fiel zu Boden. Der Beutel mit den Orangen entglitt ihrer Hand und polterte die Treppe hinunter. Die Frauen lauschten dem Geräusch, bis die Orangen unten aufschlugen.
    Â»Was ist?« fragte Ione.
    Patty Jane nahm ihr Nora aus den Armen und drückte ihr den Brief in die Hand.
    Â»Min gutt er i livet! Min gutt er i livet!« Ione küßte das Blatt und drückte es an ihre Brust. »Mein Junge lebt.«
    Â»Nicht mehr, wenn er hierher kommt«, sagte Patty Jane.
    Harriet lachte, weil Lachen ihr das beste Mittel schien, den Schock zu entschärfen. Ihr Gelächter endete abrupt, als sie sich bückte, um die Zeitung aufzuheben, die Ione fallengelassen hatte. Ein Foto, das eine Hälfte von Avels Gesicht zeigte, blickte ihr von der Titelseite entgegen. Sein ganzes Gesicht zeigte sich, als Harriet im Zeitlupentempo die Zeitung entfaltete.
    Die Schlagzeile lautete: AMES GRAINS ERBE BEI FLUGZEUGUNGLÜCK UMGEKOMMEN.
    Â»Was für ein gemeiner Scherz ...«, begann Harriet mit einer Stimme, die um Erbarmen flehte.
    Avels Lächeln begann in winzige Pünktchen zu zerfallen, und die fetten schwarzen Buchstaben tanzten vor ihren Augen. »Bruchlandung in Port-au-Prince ... Zeugen berichten von einer Stichflamme ... Keine Überlebenden.« Die Pünktchen schoben sich wirbelnd zu Schwärze zusammen, und Harriet fiel rücklings in Iones und Patty Janes Arme.

II

11
    PETIT -Point-Stickereien und Illustriertenbilder von Frisuren hingen an der Pseudo-Holztäfelung über einer Reihe von Trockenhauben und dem Waschbecken. Unter den breiten Rahmen der Spiegel vor vier Frisierstühlen steckten selbstgemachte Muttertagskarten und Gewerbescheine. Der Linoleumboden des Raums war von der Sonne ausgeblichen, und sämtliche Geräte waren gebraucht gekauft oder »neu aufgemöbelt«. Die Kunststoffpolster der Sessel waren mit breiten Streifen Isolierband geflickt, und die Metallkuppeln der Trockenhauben waren voller Beulen, doch Patty Jane war überzeugt davon, daß es in der ganzen freien Welt keinen schickeren Frisörsalon gab. Auf ein Holzschild in Form eines üppigen Lockenkopfs hatte Ione die Worte Patty Janes Flotte Locke gemalt, und die Namensgeberin hätte am liebsten jedesmal, wenn sie es betrachtete, Freudensprünge gemacht. Der Laden gehörte zu einem Haus auf dem Nawadaha Boulevard, einer Allee mit Einfamilienhäusern. Die Anzahlung hatte Ione geleistet, die jetzt mit Harriet, Patty Jane und Nora zusammenlebte. Sie arbeiteten alle, jede auf ihre eigene Art, in der Flotten Locke.
    Â»Noch etwas Kaffee, Grimmy?« fragte Patty Jane eine eisengraue Frau, die unter der Trockenhaube schwitzte. Die Frau, die den Spitznamen wegen ihrer Schroffheit bekommen hatte, als sie im Zweiten Weltkrieg beim Women’s Army Corps gewesen war, hielt ihre Tasse hoch.
    Â»Aber seien Sie diesmal nicht so kleinlich mit der Sahne, und bringen Sie mir noch zwei von den Gewürzplätzchen, wenn’s geht«, sagte Grimmy.
    Sie trug wie die anderen Kundinnen in der Flotten Locke einen frisch gewaschenen Kittel mit ihrem Monogramm und aß mit gesundem Appetit von Iones Leckereien. Sie wußten alle, daß sie jederzeit ihre Haarschnitte oder Dauerwellen anschreiben lassen konnten, wenn das Geld gerade knapp war, und daß sie, wenn sie einen wichtigen Termin hatten, aber keinen Babysitter, ihre Kinder im Salon absetzen konnten. Für die Frauen des Longfellow-Viertels war Patty Janes Frisiersalon Pokerklub, Billardhalle und Tante-Emma-Laden zugleich – ein Ort, wo sie klatschen und erzählen und sich dabei die Haare schneiden oder legen lassen konnten.
    In der vergangenen Woche hatte der Frisiersalon seine siebte alljährliche Weihnachtsplätzchenbörse veranstaltet, und davon gab es immer noch Reste – Spritzgebäck, Pfeffernüsse und Schokoladenringe, die Ione auf Tellern angerichtet und auf den Empfangstisch gestellt hatte, einen ehemaligen Kartentisch, um den sie einen bodenlangen gerüschten Volant mit Blumenmuster drapiert hatte.
    Patty Jane

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