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Paul Flemming 01 - Dürers Mätresse

Titel: Paul Flemming 01 - Dürers Mätresse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinssen
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hat – es führt kein Weg daran vorbei – schlicht und einfach nur getrunken«, sagte sie ihrem enttäuschten Besucher. »Das allerdings in erheblichem Umfang. Die Konzentration lag bei über drei Promille, als der Amtsleiter in die Pegnitz stürzte.« Diese maßgebliche Erkenntnis ging aus einem vierten Diagramm hervor: »ein Infrarotabsorptionsspektrum zur Ermittlung der Herkunft des Ethanols, sprich: des Alkohols. Der Glühwein hatte zwar Anteil an Densdorfs hohem Promillewert, aber den entscheidenden Kick musste sich der Verstorbene anderweitig geholt haben.« Sie erläuterte, dass eine verdampfte Blutprobe durch einen Gaschromatographen geleitet worden war. Das Chromatogramm hatte die verschiedenen chemischen Komponenten im Blut und ihre Konzentrationen aufgezeigt. Demnach war Schnaps der ausschlaggebende Faktor gewesen: hoch konzentrierter Ethylalkohol aus dem Schnapsglas oder aber als Schuss im Glühwein, folgerte Paul.
    Sie schlug die Akte zu und nahm einen Umschlag aus der Schublade, dessen Inhalt sie nun auf die Schreibtischplatte schüttete. Vor ihnen lagen die Fotos vom Unglücksort. Der erschlaffte Körper des übergewichtigen Densdorf, die Kleider vom eisigen Wasser durchtränkt, das feiste Gesicht violett-blau angelaufen und mit kirschroten Linien überzogen. Die Augen halb geschlossen wie in alkoholbedingter Umnachtung.
    Die Fotos der Spurensicherung konnten nach Pauls Erinnerung erst entstanden sein, nachdem die Sanitäter vor Ort gewesen waren und zu retten versucht hatten, was nicht mehr zu retten war. Wertvolle Spuren und Hinweise waren dadurch vernichtet worden. Seine eigenen Aufnahmen hatten weit mehr Aussagekraft.
    Die Staatsanwältin straffte die Schultern. Sie wirkte angespannt. »Warum sage ich dir das eigentlich alles?«
    Paul spürte, dass ihm die Röte ins Gesicht stieg. Das leichte Spiel war schneller beendet als vorgesehen. Ihm blieb wenig Zeit, um nach einer überzeugenden Antwort zu suchen: »Weil du mich schon in der Schule unwiderstehlich gefunden hast und mir nie einen Wunsch abschlagen würdest?«
    Sie lächelte ihn an. Herzlich und sichtlich amüsiert. »Ich kann nicht leugnen, dass du noch immer ziemlich attraktiv bist«, gab sie prompt zurück. »Du bist ein Frauentyp, Paul. Aber meine Hormone habe ich fest im Griff.«
    Abermals spürte Paul, dass er rot wurde.
    »Ich habe dich damals für vertrauenswürdig gehalten, und ich tue es noch heute«, setzte sie fort. »Im Übrigen ist es tatsächlich so, dass du bisher der Einzige bist, der ebenso wie ich nicht an einen Unfall glauben mag. Die Polizei stellt zwar gewisse Ermittlungen an, aber die sind halbherzig und wenig zielführend. Es gibt nicht einmal eine Sonderkommission für den Fall.«
    Gewisse Ermittlungen, wiederholte Paul in Gedanken. Jetzt war die Katze also aus dem Sack! Paul fühlte einen leichten Schauder. »Ja, ich habe schon davon gehört«, sagte er interessiert.
    Sie nickte. »Tatsache ist: Es gibt keinerlei konkrete Beweise und trotz der vielen Passanten leider keine verwertbare Zeugenaussage.«
    Paul war gespannt auf das »Aber«. »Was lässt dich also an der Unfalltheorie zweifeln?«, erkundigte er sich mit einem mühsam unterdrückten, drängenden Unterton.
    Seine alte Schulfreundin strahlte ihn mit jenem teils selbstbewussten, teils ein wenig linkischen Lächeln an, das er von ihr noch aus Teenagerzeiten in Erinnerung hatte. Sie sagte: »Ich habe veranlasst, den Sturz von der Brückenbrüstung zu rekonstruieren.«
    »Ihr habt den Todessturz nachgestellt?«, fragte Paul verblüfft, denn davon hatte offensichtlich selbst der rundum informierte Blohfeld bislang nichts mitbekommen.
    »Ja«, bestätigte sie, »sehr dezent allerdings, denn für weitergehende Ermittlungen fehlt uns das grüne Licht des Oberstaatsanwalts. Der hält nämlich nichts von meinen Verschwörungstheorien«, sagte sie mit milder Selbstironie.
    Paul lächelte sie an. Gern hätte er ihr jetzt spontan einen Kakao vom Hausmeisterkiosk ausgegeben, ganz wie in alten Zeiten. »Das ist ja wohl etwas übertrieben«, sagte er dann freundlich. »Zu einer Verschwörungstheorie bedarf es ein wenig mehr.«
    »Ich bin ja noch nicht am Ende«, sagte die Staatsanwältin.
    »Der Fall Densdorf ist leider nicht der einzige, bei dem eins und eins nicht zwei ergibt.« Sie sprach nicht weiter, sondern sah ihn an, als würde sie mitten im Gespräch gemerkt haben, dass sie in ihrer Offenheit zu weit gegangen war.
    Paul lehnte sich zurück und streckte die Beine

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