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Paul Flemming 01 - Dürers Mätresse

Titel: Paul Flemming 01 - Dürers Mätresse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinssen
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leerte den Rest der Gummibrötchen vom Teller und kaute stattdessen unentschlossen auf einem Stift.
     
    Lenny hatte schon Recht gehabt. Seitdem die Anzeigeneinnahmen der Zeitungen eingebrochen waren und die Verleger mehr und mehr am Personal sparten, wurden Fotografen jeden Alters und jeder Qualifikation auf den Markt gespült. Aufträge, für die Paul vor ein paar Jahren keinen Finger krumm machen musste, erforderten jetzt einen Einsatz wie für den Job des Lebens.
    Genau da lag die Krux: Das Klinkenputzen und Anbiedern lag ihm überhaupt nicht. Dazu war er zu stolz – und vielleicht war er dafür auch ein bisschen zu faul, gestand er sich ein. Auf jeden Fall wollte er niemandem hinterherrennen. Wenigstens nicht, solange es irgendwie anders ging.
    Verdammt, er brauchte das Geld!
    Die Nummer von Densdorf war noch in seinem Telefon gespeichert. Mal sehen, dachte er, es musste ja einen Nachfolger geben oder zumindest jemanden, der den Laden kommissarisch weiterführte, bis ein Nachfolger gefunden war.
    »Stadt Nürnberg, Sie sprechen mit Yvonne Wormser«, meldete sich eine dröge klingende Stimme.
    Paul stellte sich höflich vor und schilderte seinen Fall. Noch schneller als befürchtet, kam die Frage: »Können Sie mir bitte Ihre Auftragsnummer nennen, dann werden wir Ihnen das vereinbarte Honorar überweisen.«
    »Es tut mir Leid«, sagte Paul, »aber es handelt sich um einen mündlich vereinbarten Auftrag.«
    Ihm war schon vor dem nun folgenden Austausch von nett verpackten gegenseitigen Vorhaltungen klar, dass er nichts in der Hand hatte, um an sein Geld zu kommen.
    Frau Wormser verabschiedete sich schließlich mit der klaren Botschaft, dass Densdorfs Nachfolger – wer immer das werden würde – sicherlich kein Interesse an Pauls Fotos hätte.
    Paul legte den Hörer auf und nahm sich mit einem Seufzen sein Auftragsbuch vor, wohl wissend, dass er nicht viel darin finden würde. Er sah sich in seinem Reich um, das weit und hell war und einen wohltuenden Kontrast zum enggassigen, überwiegend in Zinnober- und Ockertönen gehaltenen Burgviertel bildete. Sein Atelier war sein Ein und Alles, ein wahr gewordener Traum, der sich angesichts seiner finanziellen Verhältnisse aber ganz schnell wieder zur bloßen Wunschvorstellung verflüchtigen könnte.
    Er war also wieder am selben Punkt angelangt: das Geld! Paul beschloss, dem ausbleibenden beruflichen Glück ein wenig auf die Sprünge zu helfen und sich nach neuen Aufträgen umzuhören. Er dachte an Lenny Zimmermanns Tipp und wählte die Nummer der Redaktion.
    »Blohfeld«, meldete sich der Polizeireporter kurz angebunden.
    »Ja, hier ist Flemming«, sagte Paul ins Telefon, wobei er sich bemühte, seiner Stimme strategisch eine Note der Unterwürfigkeit beizumischen.
    »Ach, Sie sind es«, sagte der andere und ihm war anzuhören, dass er Paul keine große Wertschätzung entgegenbrachte. »Den Schock von gestern Abend schon verwunden?«
    Schock? Was erwartete Blohfeld auf diese Frage zu hören? Paul beeilte sich zu relativieren: »Ich bin einiges gewohnt.« Jetzt schnell einen Fuß in die Tür bekommen: »Ich lese gerade Ihre Zeitung.«
    »Das ist schön«, sagte Blohfeld gelangweilt.
    Paul holte einmal tief Luft, biss in Gedanken die Zähne zusammen und sagte: »Fundierte Artikel, aber bei den Fotos hapert es in letzter Zeit ein wenig, finden Sie nicht auch? Ich dachte, ich rufe mich mal wieder in Erinnerung.«
    Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. »Zwei Jahre?«, fragte Blohfeld schließlich. »Oder sind es sogar drei Jahre?«
    »Drei«, räumte Paul ein.
    »Ah, so. Drei Jahre haben Sie nicht mehr für uns gearbeitet. Wir sind eigentlich recht gut versorgt mit Fotografen.«
    »Das weiß ich«, sagte Flemming betonungslos.
    »Was wollen Sie also von mir?«, dröhnte es aus dem Hörer.
    »Herr Blohfeld, ich kann und will Ihnen nichts vormachen. Sie wissen selbst, wie der Markt momentan bestellt ist. Aber ich liefere anerkannt gute Ware und bin kein Preistreiber«, Paul hörte selbst, wie verzweifelt er klang.
    Vom anderen Ende der Leitung kam ein spöttisches Hüsteln: »Wie wäre es mit dem Pin-up-Girl für die Seite eins?«
    Die Häme in Blohfelds Stimme entging Paul keineswegs. Er wog ab, ob er sich provozieren lassen wollte oder nicht. Dann sagte er: »Das wäre kein Problem. Kommen Sie auf eine Flasche Rotwein bei mir vorbei und blättern Sie meine Aktalben durch. Sie haben die freie Wahl zwischen der schüchternen Lolita und dem Vamp in

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