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Paul Flemming 01 - Dürers Mätresse

Titel: Paul Flemming 01 - Dürers Mätresse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinssen
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Momente …« Mehr sagte sie nicht.
    Paul hatte selbst noch keine klare Vorstellung von dem, was er sich von dieser Aktion erhoffte, aber er war fest entschlossen, seinen Plan durchzuziehen. Alles, worauf er sich dabei berufen konnte, war sein vager Verdacht, dass in diesem Zimmer etwas verborgen sein könnte. Bereits bei seinem ersten Besuch im Dürerhaus, als er mit dem Bürgermeisteradlatus Dr. Winkler den Schauplatz des Verbrechens besichtigt hatte, waren ihm die neu glänzenden Nägel in den Bodendielen aufgefallen. Ein Zeichen dafür, dass hier erst vor kurzem einzelne Dielen neu befestigt worden waren. Zum damaligen Zeitpunkt hatte das für ihn noch keine Bedeutung gehabt. Inzwischen aber sah er alles mit anderen Augen – und es gab nur einen Weg, seine Ahnung bestätigen zu können: Sie hoben die Dielen aus.
    Sie schwiegen, als das erste Brett nachgab, ächzte und sich schließlich aus seiner Verankerung löste. Zwei weitere Bohlen folgten. Paul wischte Staub und Mörtel beiseite und machte ziemlich schnell den Blick auf eine mattsilbern glänzende Umfassung frei: der Deckel eines Behälters.
    Paul sah Lena an, die zuckte mit den Schultern. Er nahm sich einen langen Schraubenzieher und stocherte am Rand des Metallschubers herum. »Denkst du auch, was ich denke?«, fragte er.
    Lena schaute ihn gleichsam erstaunt wie ausdruckslos an. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
    Paul kratzte, zerrte und kam ins Schwitzen. Schließlich zog er ein schweres Ungetüm aus dem Boden. Bleiumfasst, schmal und lang, von den Abmessungen eines kleinen Aktenkoffers.
    »Was …«, stöhnte er, »was ist das für ein Ding?«
    Lenas Blick war verwirrt und nachdenklich. »Ein Schuber. Ich denke, du hast etwas Wesentliches entdeckt.«
    Paul nickte. Der Deckel der Kiste gab schnell nach und ließ sich aufklappen. Paul fasste hinein. Sein Herz klopfte.
    Die Ernüchterung folgte auf dem Fuß: Paul förderte Wachspapier zutage, das spröde und widerstrebend in seinen Händen zerbröselte. Ansonsten war der Schuber leer.
    »Hat dich das weitergebracht?«, fragte Lena.
    Paul schüttelte nachdenklich den Kopf. »Nein«, sagte er dann. Und dachte: Ja.

31
     
    Als Paul durch die Gassen der Sebalder Altstadt eilte, war er von einer beängstigenden Entschlossenheit erfüllt. Er nahm nichts um sich herum wahr und hatte nur ein Ziel vor Augen. Um es schneller zu erreichen, hätte er gern die Zeit beschleunigt.
    Außer Atem bog er in die Lammsgasse ein. Als die Türme der Sebalduskirche vor ihm auftauchten, rief er von seinem Handy aus bei Pfarrer Fink an.
    »Gemeinde St. Sebaldus, Pfarrer Fink am Apparat. Was kann ich für Sie tun?«
    »Hannes, du musst mir helfen«, presste Paul heraus.
    Der Pfarrer schwieg einige Augenblicke und fragte dann salopp: »Brauchst du mal wieder einen Schluck trockenen Rotwein aus den Beständen unseres Kirchendieners?«
    »Mir ist gerade nicht nach Scherzen zumute. Ich muss noch einmal auf euer Kirchendach. Kannst du in fünf Minuten mit dem Schlüssel vor dem Hauptportal stehen?«
    »Ich sitze gerade an einer Predigt. Geht es nicht in drei Stunden oder besser noch morgen?«
    »Fünf Minuten, Hannes«, sagte Paul bestimmt. »Keine Sekunde mehr.«
    Paul erreichte die Kirche wenig später. Die Tür stand schon offen. Er trat ein, von Fink war aber keine Spur. Seine Blicke glitten unruhig hin und her. Er erspähte einen aus dem Stein gehauenen Engelsputto, der mit kleinen Schlägern auf zwei Trommeln einhieb, als wollte er Paul damit antreiben. Dann sah er eine Abbildung des heiligen Sebald selbst, der sich am Trugbild eines Feuers wärmt, das in Wahrheit nur aus Eiszapfen besteht. Wieder ein Symbol, das auf seine Situation zutraf. Auch Paul würde demnächst ein Feuer entfachen müssen. Eines, für das er seine Gefühle auf Eis legen musste.
    »Was gibt es so Dringendes?«, fragte der Pfarrer, der plötzlich aus dem Dunkel des unbeleuchteten Kirchenschiffs auftauchte.
    »Wie gesagt: Ich muss auf den Dachboden. Jetzt und sofort.«
    »Bei aller Eile möchte ich doch zumindest eine kurze Erklärung.«
    Paul warf ihm einen gehetzten Blick zu. »Dafür ist jetzt wirklich keine Zeit. Es geht darum, weitere Morde zu verhindern. Reicht das nicht aus?«
    Fink machte keine weiteren Anstalten, sich seinem Freund in den Weg zu stellen. Paul folgte ihm die steinernen Stufen hinauf, wobei Finks Pferdeschwanz bei jedem schnellen Schritt wippte.
    Das Schloss quietschte, als er die Feuertür zum Dachgeschoss öffnete. Endlich

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