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Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Titel: Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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runden Gesicht des schnauzbärtigen Pfarrers.
    »Du glaubst mir auch nicht«, sagte er schließlich niedergeschlagen.
    »Um ehrlich zu sein«, Fink legte ihm die Hand auf die Schulter, »nein, ich bin mir wirklich nicht ganz sicher, ob ich dir glauben kann.«
    »Verflucht.«
    »Fluchen kannst du zu Hause, aber nicht hier«, ermahnte ihn der Geistliche. In sanfterem Ton fuhr er fort: »Ich kann mir vorstellen, wie du dich jetzt fühlst. Und dass du dich nicht erinnern willst. . .«
    »Kannst!«, unterbrach ihn Paul. »Ich kann mich nicht erinnern!«
    Fink neigte seinen Kopf: »Mag ja sein. Ich kann das am Ende nicht beurteilen.« Dann schwieg der Pfarrer, während eine Gruppe japanischer Touristen an ihnen vorbeizog.
    Leise, aber deutlich redend, knüpfte Fink wieder an: »Was die Polizei dir vorwirft, klingt leider ziemlich schlüssig. Aber immerhin: Ein Punkt passt ja so gar nicht zu dieser Geschichte – du weißt schon: Kurzschlusshandlung nach übermäßigem Alkoholkonsum.« Fink sah Paul eindringlich an. »Du hast die Ausstellung der Reichskleinodien erwähnt.«
    »Ja«, sagte Paul, »Eine große Sache. Ich habe mich gewundert, dass wir überhaupt noch im Lochgefängnis fotografieren durften. Danach wurde ja das ganze Areal zum Hochsicherheitstrakt erklärt.«
    »Das ist genau der Punkt«, sagte der Pfarrer nachdenklich und nahm damit unwissentlich Herthas Ideenfaden auf. »Ist dir eigentlich klar, was für eine Ausstellung das ist?«
    Paul fand diese Frage angesichts seiner drängenden Probleme ein wenig fehl am Platze.
    »Na klar, es geht um einen ziemlich großen Wert«, sagte Paul etwas enttäuscht.
    »Ziemlich großen Wert?«, wiederholte Fink mit vorwurfsvoller Stimme. »Zu den Reichskleinodien gehören ja nicht nur die normalen Insignien der Macht. Sondern auch die Heilige Lanze.«
    »Ich weiß«, sagte Paul und war versucht, die Augen zu verdrehen. Ein kirchenwissenschaftlicher Vortrag hatte ihm jetzt gerade noch gefehlt.
    »Soso, du weißt.« Fink näherte sich mit seinem mächtigen Schädel Pauls Kopf bis auf wenige Zentimeter. »Die Heilige Lanze ist eine der berühmtesten Reliquien der Welt: die Longinuslanze. Gaius Cassius Longinus war der römische Centurio, der dem gekreuzigten Jesus die Lanze in die Seite stieß, um zu prüfen, ob er tot war. Das Blut Christi hat der Waffe übernatürliche Kräfte verliehen. Man nennt sie auch den Schicksalsspeer. Sie verheißt den Sieg und macht angeblich unverwundbar.«
    »Ich dachte, wir verehren in der evangelischen Kirche keine Reliquien?«, wandte Paul ein.
    Fink winkte verärgert ab. »Das ist eine ökumenische Angelegenheit. Die geht weit über die Anschauungen der einzelnen Konfessionen hinaus.«
    »Entschuldige, wenn ich etwas Falsches gesagt. . .« – Weiter kam Paul nicht.
    Denn Pfarrer Fink holte zu einem Vortrag aus, der mehr den Charakter einer Predigt hatte: »Hast du auch nur eine ungefähre Vorstellung, was die Heilige Lanze für uns bedeutet? Für unseren Glauben und für diese Stadt?«, fragte Fink ergriffen. »Sie ist wahrhaft schicksalsträchtig, diese Speerspitze. Immer wieder ist sie durch die Hände wichtiger Männer gegangen. Dreihundert Jahre nach der Kreuzigung auf Golgatha führte sie der heilige Mauritius – «
    »Muss man den kennen?« wagte Paul zu fragen.
    »Der erste schwarze Heilige und einer der wenigen Römer, die sich zum neuen Glauben bekannt haben«, erwiderte Hannes Fink streng. »Danach ging sie in den Besitz des ersten christlichen Monarchen über: Kaiser Konstantin. Konstantin wurde zwar erst auf dem Totenbett getauft, aber er hatte die Christen toleriert – und ihre Machtsymbole hatte er geschätzt.«
    »Du kennst dich aus in deiner Kirchengeschichte«, warf Paul ein. »Aber was soll ich . . .«
    »Das sollte zum Allgemeinwissen gehören«, unterbrach ihn Fink schroff. »Nach Konstantin galt die Lanze gut dreihundert Jahre als verschollen, bis sie bei Karl dem Großen wieder auftauchte.«
    »Karls Lanze«, sagte Paul, in dessen Erinnerung Fragmente aus dem Geschichtsunterricht in der Schule aufstiegen. »Für Karl den Großen war die Heilige Lanze ja Dreh – und Angelpunkt seines Reichs.«
    Fink nickte. »Nach ihm haben die Herrscher bis zur frühen Neuzeit sie als Zeichen ihrer Macht geführt. Die Heilige Lanze war Karls Vermächtnis an die Geschichte. Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation stellte sie ein Symbol für den uneingeschränkten Machtanspruch dar.«
    »Und sogar die modernen Herrscher haben an

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