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Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Titel: Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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Tages, abgesehen vom Oberbürgermeister und dem verspäteten Ministerpräsidenten: Bernhard Schrader betrat den Rathaussaal und zog eine Schleppe von Begleitern hinter sich her.
    Auf Fotos von Schrader hatte es Blohfeld besonders abgesehen, deshalb hielt Paul mit seiner Kamera fleißig drauf. Denn der Baumogul war ja Hauptsponsor der Ausstellung. Ohne seine üppigen Zuwendungen und sein politisches Gewicht hätte diese lange herbeigesehnte Ausstellung wahrscheinlich nicht stattgefunden.
    Schraders maskulin kantiges Gesicht, auf das Pauls Teleobjektiv gerichtet war, strahlte großes Selbstbewusstsein aus. Wie ein König – so kam es Paul zumindest vor – durchschritt er den Saal, und selbst hohe Würdenträger nickten ihm voller Anerkennung zu.
    Paul mochte Schrader nicht, obwohl er ihn persönlich bisher nicht kennengelernt hatte. Er misstraute seinem Erfolg und seiner Beliebtheit, vielleicht auch ein wenig deshalb, weil er kaum älter war als Paul, es aber im Leben fraglos viel weiter gebracht hatte. Das musste ihm der Neid lassen: Mit dieser Ausstellung hatte er Großes für Nürnberg geleistet.
    Paul schnappte sich ein hauchdünn mit Karpfencreme bestrichenes Toastbrot, um die Zeit bis zum eigentlichen Startschuss zu überbrücken. Dieser hätte laut Programm eigentlich schon fallen sollen, aber solange der Ministerpräsident nicht eingetroffen war, würden die Samttücher über den Vitrinen hängen bleiben.
    Nach einem weiteren Toast, einer formidablen Flusskrebs-Tarte und zwei köstlichen Rostbratwürstchen im Blätterteigschlafrock, die sich Paul mit einem leichten fränkischen Silvaner versüßte, bemerkte er die leise Unruhe, die in die Menge der hohen Herrschaften kam.
    Der Ministerpräsident war also eingetroffen. Quasi im selben Augenblick trat – noch vor dem Oberbürgermeister als Hausherr – Bernhard Schrader ans Rednerpult.
    Paul nahm die Zeit der Reden wahr, um weitere Fotos von dem geballten Promiauflauf zu schießen. Er entdeckte noch einige Gesichter aus der Herzogenauracher Sportartikelbranche, Manager aus der Marktforschung und sogar einige der Top-Rennfahrer vom Norisring. Er hatte damit etliche gute Aufnahmen im Kasten, um Blohfeld zufrieden zu stellen. Doch nun wurde es Zeit, wieder an sich selbst zu denken! Paul hielt Ausschau nach jemandem, der ihm in seiner eigenen Sache weiterhelfen konnte. Naheliegend wäre ein Gespräch mit Schrader gewesen, denn der kannte sich mit den Reichskleinodien offensichtlich vortrefflich aus. Doch an ihn war kein Herankommen an diesem Tag.
    Paul nutzte seinen fotografisch geübten Blick, um die Menge zu sondieren und die Gesichter nach seinen Vorstellungen zu filtern. Bald wurde er fündig: Ein alter Mann erregte seine Aufmerksamkeit. Paul kannte ihn nicht und arbeitete sich gerade deshalb neugierig an ihn heran.
    Als die roten Samthüllen endlich fielen und eine Reihe eleganter Panzerglasvitrinen freigaben, ging ein Raunen durch die Menge. Paul musste den Organisatoren zugestehen, dass sie die Show exzellent und äußerst professionell aufgezogen hatten: Die Ausstellungsstücke waren perfekt in Szene gesetzt worden. Dekor, Ausleuchtung und Platzierung im Saal waren optimal gewählt. Jedermann konnte das Gold und die Edelsteine funkeln sehen und die Magie vergangener Zeiten spüren. Paul fühlte, wie ihm ein wohliger Schauer der Ergriffenheit den Rücken hinunterlief.
    Die Erklärungen von Schrader, der nun abermals das Wort ergriffen hatte, gingen in der optischen Gewalt der Darbietung und im Glanz der wertvollen Exponate unter. Doch Paul horchte auf, als der Baumogul auf den alten Mann zu sprechen kam, an den er sich eben gehängt hatte:
    ». . . so ist Heinrich Bartel, den wir heute erfreulicherweise unter uns wissen dürfen, einer der letzten Zeitzeugen, der die Reichskleinodien in Nürnberg bewusst erleben, ja sogar berühren durfte.« Schrader machte eine rhetorische Pause, während ein Lichtspot auf den neben Paul stehenden Ehrengast gerichtet wurde: »Herr Bartel war einer der aufopferungsvollen Mitbürger, die die Reichskleinodien, die am 31. Dezember 1424 durch Papst Martin V. zur dauerhaften Verwahrung in Nürnberg bestimmt worden waren, zum Schutz vor Fliegerangriffen während des Zweiten Weltkrieges im Kunstbunker in der Oberen Schmiedgasse sicherten und sich damit sogar gegen einen persönlichen Befehl Adolf Hitlers stellten.«
    Paul lichtete das überraschte und zugleich gerührte Gesicht des alten Mannes ab.
    »Nach einem Antrag der

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