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Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Titel: Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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haben, gehe ich davon aus, dass sie weder die originale Lanze des Heiligen Longinus ist, noch dass sie einen Kreuznagel umschließt.«
    »Nicht einmal einen Splitter des Nagels?«, fragte Jasmin und klang ein wenig desillusioniert.
    Rubach schüttelte langsam den Kopf. »Nein, nicht einmal einen Splitter. Wenn es je eine Reliquie dieser Art gegeben haben sollte, ist sie längst in den Wirren der Zeitgeschichte verschollen.«
    »Aber die Heilswirkung«, wandte Paul ein. »Der Lanze werden übernatürliche Kräfte nachgesagt. Irgendetwas Wahres muss an der ganzen Geschichte ja dran sein.«
    »Ist es auch«, sagte Rubach, wobei seine Augen plötzlich blitzten. »Aber auch dafür haben einige Kollegen plausible Erklärungen: Zum Beispiel die Wirkung bestimmter metallischer Legierungen als sogenannte Handschmeichler, also das angenehme Gefühl beim Streichen über die Oberfläche.«
    »Das kommt wohl kaum in Frage, da das einfache Volk gestern wie heute kaum eine Gelegenheit hatte, die Reliquie anzufassen.«
    »Stimmt«, nickte Rubach anerkennend. »Dann war es wohl Wunderglaube kombiniert mit Ehrfurcht, angereichert mit Herrschaftsdenken, Gottesgnadentum. Meine Kollegen von der theologischen Fraktion meinen, dass die katholische Kirche gezielt das Empfinden vermittelte, durch die Lanze dem Martyrium von Jesus Christus nahe zu sein, und zwar körperlich wie geistig. Diese Überzeugung sollte ein besonderes Gespür für Hoffnung und Zuversicht auf Heilung bei gleichzeitiger Demut vermitteln.«
    »Um meine Frage zu wiederholen«, sagte Jasmin, »was glauben Sie persönlich?«
    Rubach sah sie offen an. »Ich glaube überhaupt nichts. Und genau das ist der Punkt: Ich gehe davon aus, dass die Heilige Lanze tatsächlich einen Kern mit spezifischen Eigenschaften beinhaltet. Aber diese Eigenschaften haben nichts mit Wundern oder Heilswirkungen im biblischen Sinn gemein.«
    »Sondern?«, zwang Paul ihn, auf den Punkt zu kommen.
    »Ich gehe davon aus, dass der Kern der Lanze ein ganz besonderes Metall birgt. Möglicherweise eine unbekannte Legierung. Oder sogar eines, das im Periodensystem bisher nicht vorkommt.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«, fragte Jasmin skeptisch.
    »Ich spreche von extraterrestrischem, meteoritischem Eisen oder einem noch unbekannten Metall mit bestimmten eingeschlossenen Mineralien, die Auswirkungen auf den menschlichen Organismus haben könnten.«
    »Sie meinen, der Kern der Lanze ist vom Himmel gefallen?«, fragte Paul verblüfft.
    »Ja«, lächelte Rubach. »Genau das meine ich – und letztlich könnte ein Beweis meiner These sogar mit dem religiösen Glauben in Einklang gebracht werden. Denn wie Sie ja selbst sagten: Der Kern ist direkt aus dem Himmel zu uns gekommen.«
    »Das klingt ziemlich spektakulär«, sagte Jasmin, die wenig überzeugt wirkte.
    »Ich weiß selbst, dass meine Thesen ohne eine empirische Beweisführung ein leichtes Opfer für Skeptiker sind«, sagte Rubach eingeschnappt. »Deshalb ja der Nürnberger Kongress und die Untersuchung der Lanze.«
    »Aber die Lanze wurde doch bereits vor ein paar Jahren geröntgt und sogar teilweise zerlegt«, meldete Paul sich wieder zu Wort. »Da hätte es auffallen müssen, wenn unbekannte Bestandteile enthalten gewesen wären.«
    »Ach was«, winkte Rubach ab. »Dilettantengeschwätz! Die Zusammensetzung des Kerns ist von außen nicht zu erkennen. Wir müssen bohren und brauchen eine Analyse des Bohrkerns.« Abermals flogen seine Hände über die Tastatur des Notebooks. Auf dem Bildschirm zeigte nun ein animierter Film, wie eine Probeentnahme aus dem Lanzenkern aussehen würde.
    Paul und Jasmin sahen sich den kurzen Film an, während Rubach unablässig wegen seiner verweigerten Zugriffsrechte grummelte.
    »Ich war so nahe dran«, sagte er voller Enttäuschung.
    Mit Blicken verständigten sich Paul und Jasmin darüber, dass sie fürs Erste genug von Rubach erfahren hatten, und verabschiedeten sich höflich.
    »Gern geschehen«, sagte der Professor, nachdem Paul sich für seine Ausführungen bedankt hatte.
    Sie wollten gerade die Messehalle verlassen, als die Wissenschaftlerin sie einholte, mit der sie anfangs gesprochen hatten.
    »Haben Sie Rubach gefunden?«, wollte sie wissen.
    »Ja, danke, haben wir«, sagte Paul.
    »Hat er Ihnen von seiner Theorie erzählt?«, fragte die Frau.
    »Ja, das hat er«, sagte Paul.
    »Dann können Sie sich denken, dass Kollege Rubach in Forscherkreisen recht umstritten ist.«
    »Na ja«, antwortete Paul, »seine

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