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Paul Flemming 07 - Die Paten vom Knoblauchsland

Paul Flemming 07 - Die Paten vom Knoblauchsland

Titel: Paul Flemming 07 - Die Paten vom Knoblauchsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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wirkten die prallen, blutroten Früchte wie von Künstlerhand gesetzte Farbkleckse.
    Die Tomatenpflanzen blieben nicht ihrem natürlichen Schicksal überlassen, sondern wurden umsorgt wie Patienten auf der Intensivstation: Überall verliefen dünne Schläuche in unterschiedlichen Farben, aus denen feinste Tropfen perlten, andere verteilten sprühnebelartige Feuchtigkeit über den Ranken. Nichts, so schien es, wurde hier dem Zufall überlassen, und jede einzelne Tomatenpflanze genoss eine Rundumversorgung, denn Sensoren registrierten den exakten Feuchtigkeitsgrad, die Temperatur und die Lichtintensität. Nur eines blieb den Tomaten vorenthalten, wie Paul feststellte: die Erde.
    »Kommen Ihre Zöglinge wohl ohne aus?«, erkundigte sich Paul und zeigte auf die Wurzelballen, die in Kunststoffkästen mit einer blassen Flüssigkeit und Granulat wurzelten.
    »Wir setzen ganz auf Hydrokulturen«, erläuterte Deuerlein bereitwillig. »Die Nährlösung enthält alles, was die Pflanzen brauchen. Die Dosierung ist optimal abgestimmt.«
    »Und das funktioniert wirklich, so ganz ohne Erde?«, fragte Paul erstaunt.
    »Gewiss. In unserem Betrieb werden Gurken, Tomaten und Paprika ausschließlich auf Substrat angebaut, genauer gesagt auf Perlite. Das ist ein durch Hitze aufgeblähtes Vulkangestein, es wird einmal im Jahr mit heißem Dampf sterilisiert. Gedüngt wird mit mineralischem Dünger, der über das Wasser an die Wurzeln ausgebracht wird. Es gibt keine Überdüngung mit Gülle oder Klärschlamm, und Pestizide haben bei uns nichts verloren.«
    »Damit sind Sie doch gar nicht mal so weit entfernt von Rodes grünen Idealen«, meinte Paul.
    Deuerlein verzog den Mund. »Meine Rede!« Voll Selbstbewusstsein erklärte der Großbauer: »Kein Krumen Erde berührt die Wurzeln meiner Zöglinge, kein Regentropfen benetzt sie, und doch wachsen sie in Rekordtempo zur Erntereife heran. Denn es gibt hier auch keine Schnecke, die an ihnen nagt, keine Dürre lässt die Blätter welken, kein Kälteeinbruch stresst die Kolonien.« Als Paul ihn mit aufkeimendem Zweifel ansah, ergänzte er: »Ich verwöhne meine Kulturen. So gut wie bei mir würde es den Tomaten nirgendwo anders gehen. Das Gleiche gilt für meine Paprika. Im Gegenzug für die gute Behandlung belohnen mich die Pflanzen mit Früchten von großem Volumen, ausgezeichneter Qualität und höchstem Aroma.«
    Paul, den die ganzen Apparaturen, Schläuche und Flüssigkeiten mehr und mehr an ein Krankenhaus denken ließen, war nicht überzeugt davon, dass eine Pflanze - wenn sie denn eigenen Willen zeigen könnte - wirklich diese sterile Kunstwelt der freien Natur mit Wind und Wetter vorziehen würde. Andererseits musste er sich eingestehen, dass ihn die Technik beeindruckte: Nährlösung träufelte direkt auf die Wurzelballen, über ein Schlauchsystem an der Decke verdampfte Wasser, die Luftfeuchtigkeit wurde konstant gehalten, die Wärme sowieso. Paul schätzte sie auf 24 bis 26 Grad. Die künstliche Sonne schien feindosiert. Rote, blaue und weiße Leuchtdioden bestrahlten die Blätter aus geringer Distanz.
    »Je nach Art benötigen die Pflanzen bestimmte Wellenlängen für ihr optimales Wachstum«, hörte Paul seinen Begleiter sagen. »Zwischen 400 und 700 Nanometer.« Dann sprach er von einer »dynamischen Nahrungsmittelindustrie«, was in Paul unwillkürlich Bilder von Instantkost und Konservendosen wachrief.
    Seine Gedanken behielt er jedoch für sich und ließ sich von seinem Gastgeber nach nebenan in ein ebenfalls gläsernes Kesselhaus mit chromglänzenden Wassersilos führen. Deuerlein ging währenddessen beiläufig auf das Thema Energieversorgung ein, sprach von einem Blockheizwerk, hoher Effizienz und vergleichsweise geringen Emissionen.
    Und schon folgte die nächste Station: Per Knopfdruck ließ Deuerlein ein Rolltor surrend nach oben fahren und führte Paul in einen peinlich sauber gehaltenen Kühlraum. Zu beiden Seiten standen hohe Stapel von Gemüse- und Obstkisten, in denen die Ernte des Vormittags bei Kühlschranktemperatur lagerte und auf ihre Verschickung an die Abnehmer wartete.
    Paul war beeindruckt von der schieren Größe des Raums und den Unmengen an Frischware. »Wo werden Sie das bloß alles los?«, fragte er.
    Deuerlein, Gemüsebauer, aber eben auch Geschäftsmann durch und durch, erklärte: »Das meiste geht per Lkw an die Discounter, einiges auf den Großmarkt und eine geringe Menge direkt an den Endverbraucher. Mir ist ganz wichtig: Wir wollen den Kontakt zum

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