Paula geht
sprudelte Paula los.
Sven sah sie mit seinem direkten Blick an. „Deswegen sind wir nicht hier.“
„Oh“, sagte Paula und stieg die Treppe hinauf. Dieser Sven verunsicherte sie.
„Tja, die alte Dame hat so einiges gesammelt in ihrem Leben und jetzt ist vieles leider durch die Feuchtigkeit verschimmelt. Wollte ihr vielleicht einen Mundschutz haben?“ Paula hatte nach ihrem ersten Schimmelerlebnis extra welche in der Apotheke in Penzlin gekauft, damit sich ihre Helfer nicht vergifteten. Sie selbst fand es aber nach einer Weile unerträglich, damit zu arbeiten. Die beiden schienen die gleiche Erfahrung gemacht zu haben und lehnten dankend ab.
Sven griff sich einen Korb, gab ihn Harald und sagte: „Stell das einfach unten auf die Straße.“
„Wollen wir das nicht verpacken? Die Leute haben sich eh schon über meinen Sperrmüll aufgeregt.“
„Ach, die sollen sich mal nicht so haben. Jeder von ihnen hat mal Sperrmüll.“
„Tja, noch versuche ich hier nicht so anzuecken, weißt du.“
„Das klappt sowieso nicht. Also mach dir nichts draus. Fremde werden hier die ersten Jahre auf Herz und Nieren geprüft. – Möchtest du das hier aufheben?“ Sven zeigte auf eine kleine Kommode, bei der sich das Furnier auf der Oberfläche schon wölbte. Wie selbstverständlich duzte er sie. Na ja, schließlich gehörte er einer anderen Generation an als sie und Ralf.
Paula schüttelte den Kopf. „Ich habe hier schon geschaut. Ich brauche nichts mehr. Nimm dir alles, was du haben möchtest.“
Sven wiegte bedächtig den Kopf und schaute nach oben. „Hier tropft‘s, aber das weißt du wahrscheinlich.“
Paula nickte unglücklich. Sven schickte Harald nach unten, um eine große Plane aus dem Wagen zu holen. Dann lud er sich ein vorsintflutliches Radio auf die Schulter und etwas, das nach Dreschflegel aussah, packte mit der anderen Hand einen Stapel Altkleider und machte sich an den Abstieg. Paula begann weitere Kisten und Kasten in Richtung der Speichertreppe zu ziehen. Die Arbeit lief wie am Schnürchen. Harald war schweigsam und packte kräftig mit an. Sven und er schienen ein gutes Team zu sein. Er lächelte kurz, als sie ihn fragte, ob er der Lehrling sei.
„Er war froh, mal rauszukommen. Unser Meister versteht keinen Spaß und lässt ihn auch noch in der Pause die Werkstatt fegen.“
„Ob das hier besser ist?“, fragte Paula. „Müsst ihr nicht bald wieder los?“
Sven sah auf die Uhr. „Mist, na klar müssen wir los. Komm, Harald.“
Paula rannte ihnen mit einer Tüte hinterher. „Hier für euch, schließlich habt ihr noch nichts gegessen.“
Sven grinste und hob den Daumen. Beide sprangen in einen alten Transporter mit der Aufschrift „Schreiner Böker bringt‘s“ und fuhren mit quietschenden Reifen davon.
Paula schaute ihnen nach. Irgendwie war ihre Laune trotz der beschissenen Arbeit gestiegen. Die beiden waren wirklich nett und sie freute sich schon auf die zweite Stippvisite heute Abend.
In der Zwischenzeit würde sie das Wohnzimmer an den nicht schimmeligen Wänden weiter tapezieren. Sie hoffte, dass das nicht voreilig war und der rote Staub der Mauerreparatur sich wieder von den Wänden abfegen ließe. Paula hatte nun definitiv entschieden, dass das ihr Praxisraum würde. Der Raum hatte einen schönen Blick ins Grüne. Platz für eine kleine Liege gab es auch und ansonsten müsste sie nur einen Schreibtisch und zwei, drei kleine Sessel hineinstellen.
Die Idee, eine Praxis zu eröffnen, nahm immer mehr Gestalt an. Ihre Mutter hatte ihr zu Weihnachten einen Online-Intensivkurs in Homöopathie für Kinder geschenkt, über den sich Paula wahnsinnig gefreut hatte. So langsam sah sie Land beim Lernen. Immer mehr kleine Inseln schlossen sich in ihrem Kopf zu größeren zusammen. Fakten, die dazukamen, konnte sie immer besser einsortieren. Sie wunderte sich über sich selbst. Jeden Abend, wenn es dunkel wurde, setzte sie sich zwar körperlich völlig erschöpft, aber hochmotiviert an ihren Laptop. Das WLan lief zuverlässig und so büffelte sie am wackligen Küchentisch mit einer großen Kanne Tee bis etwa zehn Uhr, um dann in einen tiefen, traumlosen Schlaf zu fallen.
Aber heute Abend würde sie Sven fragen, ob er noch eine Pizza bei ihr essen wollte. Sie hatte ihren Pizzastein auf dem Grund einer Kiste wiederentdeckt und konnte ihm echte Steinofenpizza anbieten.
Schließlich musste sie darauf achten, dass sie nicht wieder völlig vereinsamte vor lauter Arbeit, und eine Pizza war das
Weitere Kostenlose Bücher