Paula geht
irgendetwas nicht stimmte. „Passt‘s dir gerade nicht? Dann gehe ich auch wieder, sag‘s einfach.“
Paula schüttelte den Kopf. „Nein, nein, komm rein. Ich bin nur ein bisschen durch den Wind, das ist alles.“
„Also nichts, was sich mit meinem Spezial-Cappuccino nicht beheben ließe?“
Paula musste nun doch lachen. „Na, dann zeig mal, was du drauf hast.“ Sven konnte man einfach nichts abschlagen.
Er quetschte sich an ihr vorbei und gab ihr ein Küsschen auf die Wange. „Hm, du riechst gut. Heute ausnahmsweise mal geduscht?“
Paula schubste ihn in Richtung Küche. Er packte weitere Utensilien aus seiner Umhängetasche, eine Flasche Orangensaft, Espressopulver, da er den Kaffee aus Paulas alter Kaffeemaschine nicht mochte, ein Glas Nutella, Aufschnitt und Eier.
„Voilà“, sagte er stolz. „Ich dachte, wir feiern einen gelungenen Tag der offenen Tür. Das ganze Dorf redet darüber. Jetzt wollte ich gerne von einer Augenzeugin hören, wie es wirklich war.“
Oh je, dachte Paula. Hoffentlich kommt Ralf nicht gerade jetzt, das könnte peinlich werden. Sie räusperte sich. „Es war toll, doch. Alle waren ganz begeistert.“
„Aber?“
„Ach Sven, es ist alles so verwirrend.“ Paula setzte sich an den Küchentisch und stützte den Kopf in die Hände.
Sven zog sich einen Stuhl neben Paula. „Also schieß los. Vor Onkel Sven kannst du doch sowieso nichts verheimlichen.“ Und er sah sie so lieb aus seinen samtgoldenen Augen an, dass Paula jetzt schon merkte, wie ihr die Tränen kamen.
„Ich habe wohl Mist gebaut“, schluchzte sie. „Alles war so gut gestern, wir haben das wirklich prima hinbekommen. Und dann habe ich alles verdorben.“
Sven schaute sie fragend an.
Paula richtete sich auf und zog eine Grimasse. „Ich bin abgestürzt, abends, mit Ralf, weißt du.“
Sven schob ruckartig seinen Stuhl zurück und trat ans Fenster, so dass Paula seinen Gesichtsausdruck nicht sehen konnte. Sie wunderte sich, dass er so heftig reagierte. „Na ja, das passiert mir ja auch nicht jeden Tag. Aber wir haben uns so gefreut und waren wirklich ein super Team. Und dann habe ich Nähe mit Anziehung verwechselt. Ich weiß, das war bescheuert, vor allem, weil ich glaube, dass Ralf mehr möchte als ich.“
„Du liebst ihn also nicht“, kam es mit rauer Stimme vom Fenster.
„Nein, das ist ja das Problem. Ich weiß, dass er auf Frauensuche ist, und er ist richtig nett. Aber gerade deswegen hätte ich es nicht tun sollen. Aber, Scheiße nochmal, ich bin auch nur ein Mensch.“
In dem Moment klingelte es. „Das ist er bestimmt. Ich kann jetzt wirklich nicht“, stöhnte Paula.
Sven ging energischen Schrittes an ihr vorbei zur Tür. Paula versuchte, etwas zu verstehen, hörte aber nur Stimmengemurmel. Dann kam Sven zurück.
„Und?“
Wortlos überreichte er ihr einen Blumenstrauß. Er war wunderschön. Wo er den heute, am Sonntag, wohl aufgetrieben haben mochte?
„Ich habe ihm gesagt, du meldest dich bei ihm, wenn du so weit bist. Darüber war er gar nicht glücklich, aber er hat es respektiert.“
„Danke“, sagte Paula leise. „Jetzt komm, setz dich wieder. Ich bin doch deswegen keine Aussätzige.“
„Du verstehst nicht, oder?“ Paula hatte Sven noch nie so heftig erlebt.
„Bitte, Sven, was soll ich denn verstehen?“
„Ach, nichts. Ralf ist ein anständiger Kerl, er sollte seine Chance haben. Komm, lass uns frühstücken.“
Er machte sich schweigend daran, den Cappuccino zuzubereiten. Füllte die kleine Espressokanne, schäumte Milch auf und redete dabei kein Wort.
„Ach Sven, jetzt sei mir nicht böse. Du tust ja gerade so, als hätte ich dich verletzt.“
„Paula, Männer haben auch Gefühle. Wir sind nicht nur schwanzgesteuert.“
„Hat das hier irgendjemand behauptet? Aber Frauen haben auch Lust und wollen nicht immer vernünftig sein. Schließlich musste ich ihn nicht gerade überreden. Und ich habe noch versucht, ihn zu warnen. Und überhaupt, jetzt reicht‘s mir. Ich bin alt genug, dass ich mich nicht verteidigen muss, weil ich einen One-Night-Stand hatte. In eurer Generation ist das doch ganz normal, oder?“
Sven sagte nichts. Er beugte sich vor und legte ihr die Hand auf den Arm. „Ich will dich doch nicht verurteilen, aber komischerweise kann ich mir ziemlich gut vorstellen, wie es Ralf gerade geht.“
„Männersolidarität also?“
„Oder so ähnlich. Aber jetzt lass uns frühstücken, dann geht’s uns beiden wahrscheinlich wieder besser. Kann ich
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