Paula geht
und drei Jahre durch die Gegend gescheucht. Jetzt will er ihn nicht mal einstellen, wenn er fertig ist. Wobei er gut ist. Er holt sich lieber einen neuen Azubi. Und die Gesellenarbeit darf ich dann mitmachen, so sieht‘s aus.“
„Wäre es nicht irgendwie möglich, dass du nebenbei hier versuchst, etwas Eigenes aufzuziehen und dann erst kündigst? Das ist doch alles kein Zustand“, empörte sich Paula.
Svens freundliches Gesicht bekam einen harten Zug. „Das hatten wir doch schon, oder?“
Paula sprang vom Schreibtisch. „Aber ich sehe einfach, dass du da unglücklich bist, und du könntest wirklich mehr aus deinem Leben machen, weißt du.“
„Nur weil du dir deine Bruchbude gekauft hast, müssen andere nicht genauso unvernünftig handeln.“
Wow, das hatte gesessen. Paula sprang vom Schreibtisch und baute sich vor Sven auf. „Stell dir vor, ich musste genau so etwas Unvernünftiges machen, weil ich zu lange gewartet habe. Ich wünsch dir nur, dass dir das nicht passiert. Mensch, du bist doch noch jung!“
Sven warf die Bohrmaschine an. Paula zog den Stecker. Diese Art von Kommunikationsverweigerung ging ja gar nicht. Sven warf resigniert die Hände in die Luft und stieg von der Leiter. Er zog Paula unsanft am Arm in die Küche: „Du willst reden? Dann lass uns reden, davon wird dein Zimmer aber auch nicht fertig.“
Paula sah ihn trotzig an. „Vielleicht ist das hier erst einmal wichtiger.“
Sven strich mit seinen kräftigen Händen über die farbige Tischplatte, als wollte er unsichtbare Hindernisse beseitigen oder einen Weg glätten. „Ich habe dir schon mal gesagt, dass ich Verpflichtungen habe. Du bist hier nur für dich verantwortlich. Wenn du Mist baust, müssen das nicht noch andere mit ausbaden.“
„Deine Mutter?“, fragte Paula vorsichtig. Sven schüttelte resigniert den Kopf.
„Ich kann einfach nicht so, wie ich will, versteh das doch. Es gibt da Dinge, über die ich nicht sprechen möchte, nicht mal mit dir.“
Paula schwieg verletzt. Sie hatte gedacht, sie wären Freunde. Aber auch sie hatte zum Beispiel über ihre Beziehung zu Ralf nie offen mit ihm geredet, also musste sie ihm wohl das gleiche Recht zugestehen. Aber wenigstens zwischen ihnen musste jetzt wieder klar Schiff gemacht werden. So hielt sie das nicht aus.
„Also gut. Vielleicht kommt ja der Tag, wo du mir doch ein bisschen mehr über dich erzählst, ich würde mich freuen. Und vielleicht kann ausnahmsweise ich dich auch mal unterstützen, nicht immer nur andersrum?“
Sven nickte und schien erleichtert, dass sie nicht weiter in ihn drang.
„Und was ist das nun mit uns?“, fragte Paula leise.
„Auch das gehört zu dem ganzen Schlamassel dazu. Gib mir noch ein paar Monate, dann kann ich dir mehr sagen.“
„Aber wir können weiterhin Freunde sein, oder?“, fragte sie schüchtern. „Ich hasse es, mich mit dir zu streiten.“
„Ich auch.“ Er schaute sie liebevoll aus seinen warmherzigen Augen an und legte ihr die Hand auf den Arm. „Paula, du bist mir absolut wichtig. Ich würde gerne mit dir befreundet sein.“
Paulas Härchen am Arm stellten sich auf, nur da nicht, wo seine warme, sichere Hand lag. Sie merkte, wie ihr die Tränen kamen. Was auch immer Sven so belastete, sie wollte ihm einen Teil davon abnehmen. Das hatte er nicht verdient, dass er in seinem Alter schon so schwer am Leben tragen musste.
Plötzlich erinnerte er sie an den kleinen Bene. Der wirkte auch so schwer beladen, wenn er bei ihr ankam. Obwohl er doch eigentlich ein fröhlicher, lebendiger und frecher Kerl war. Er kam jetzt regelmäßig mindestens zwei Mal die Woche. Und seine sanfte und zugleich hartnäckige Art hatte Paula geknackt, so dass sie keinen Widerstand mehr leistete, wenn er in der Haustür stand.
„Kann ich vielleicht mal mitkommen, deine Mutter besuchen?“, fragte sie vorsichtig.
Sven wiegte nachdenklich den Kopf und gab sich anscheinend einen Ruck. „Also gut, ich nehme dich nächsten Donnerstag nach der Arbeit mit. Aber halt dich zurück, ja? Nichts mit Kügelchen und so.“
Paula nickte. Sven stemmte sich hoch, er war sichtlich erschöpft.
„Komm, lass uns ein anderes Mal weitermachen. Bis zur Praxiseröffnung habe ich ja noch ein paar Monate.“
„Ok, überzeugt. Diese Psychogespräche sind aber auch anstrengender als drei Stunden Löcher bohren, sag ich dir.“ Immerhin konnte er jetzt schon wieder ein wenig grinsen.
Paula stand ebenfalls auf, ging zu ihm und nahm ihn fest in den Arm. So standen
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