Paula geht
Reine gebracht zu haben. Vielleicht so wie nach dem Abendmahl im Gottesdienst, man fühlte sich wieder wie ein unbeschriebenes Blatt.
Sicher, er war immer noch ein bisschen traurig und wehmütig, dass es nichts geworden war mit Paula. Aber zwischendrin hatte er sich richtig verrannt. Gott sei Dank hatte er noch erkannt, dass das mit Liebe wenig zu tun hatte, diese Strategie, die er da gefahren war.
Er wendete den Traktor für die nächste Bahn und warf einen Blick zu den anderen, ob auch alles glatt lief. Am Horizont zogen schon graue Wolken auf. Gut, dass man hier so weit gucken konnte, meistens hatten sie noch einige Stunden Zeit, bis das schlechte Wetter dann da war.
Annemarie war wirklich auch nett. Kein Wunder, dass Paula und sie sich angefreundet hatten. Nun, sie hatte es auch nicht gerade leicht mit ihrem Mann, der momentan nicht wiederzuerkennen war, und ihrem pubertierenden Sohn. In den letzten Wochen hatte er gedacht, er wäre der Einzige mit Problemen auf der Welt, und er hatte sich wirklich hängen lassen. Damit sollte jetzt Schluss sein. Und er hatte schon eine Idee.
Und wer hatte ihn drauf gebracht – der kleine Bene, der ihn in der letzten Woche dreimal bei seiner Arbeit begleitet hatte. Er war ein eher ruhiges Kind, das nicht ständig vor sich hinplapperte, und hatte schnell gelernt. Ralf war richtig traurig gewesen, dass Bene jetzt vermutlich wieder bei Paula abstieg statt bei ihm. Das war der zündende Moment gewesen, dass er dachte, er bräuchte vielleicht keine Frau, sondern einfach mehr Kinder um sich.
Schließlich gab es viele Kinder, denen das Leben auf einem Hof guttun würde. Hier könnten sie sich so richtig austoben und in einem natürlichen Umfeld spielen. Und er hätte auch nichts dagegen, wenn sie schon ein bisschen älter wären, vielleicht so fünf aufwärts. Mit diesem Alter konnte er mehr anfangen als mit den ganz Kleinen. Obwohl die natürlich auch putzig waren.
Und jetzt hatte er wieder angefangen, im Internet unterwegs zu sein. Diesmal aber nicht in Partnerbörsen. Sondern er versuchte sich darüber zu informieren, wie er das angehen konnte, auf seinem Hof Ferienspiele für Kinder anzubieten. Erst wollte er es nur mal lokal ausprobieren, vielleicht könnte er ja langfristig auch Übernachtungsmöglichkeiten anbieten?
Er brauchte immer ein Projekt, auf das er sich ausrichten konnte. So war das mit dem Hof gewesen, auch mit dem Hofladen, zwischendrin mit der Frauensuche und jetzt waren es eben die Kinder. Nun, da stand ihm wieder jede Menge Arbeit bevor. Aber wenn sich Ralf etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann konnte er dafür viele Berge überwinden, vielleicht sogar bürokratische. Der Traktor stotterte und blieb stehen. Scheiße, Anfängerfehler, Sprit alle. Das war jetzt peinlich. Er schickte Olga zum Hof, um den Ersatzkanister zu holen, stieg ab und reckte seine müden Knochen. „Zwanzig Minuten Pause, Leute“, rief er und holte den Brotzeitkorb für alle.
„Chef, Diesel alle? Bist du verliebt?“, scherzte einer der Polen mit ihm. Ralf lachte. „Gott sei Dank nicht mehr“.
„Ach, was heißt Gott sei Dank? Liebe ist das Schenste auf der Welt“, erwiderte er.
Ja, dachte Ralf, das stimmt vielleicht. Aber es gibt schließlich viele Arten von Liebe.
Nachdem Paula und Sven lange im Baumhaus gesessen hatten und Paula ihm hunderte von Fragen gestellt hatte, die er geduldig beantwortete, beschlossen sie zurückzugehen. Beide waren ganz erschöpft. Am See angekommen, setzten sie sich auf einen Baumstumpf und schauten auf das glitzernde Wasser. Hier wirkte alles so friedlich, so dass alle menschlichen Dramen plötzlich nicht mehr so groß erschienen.
„Und du, was ist mit dir passiert in der letzten Woche?“, fragte Sven leise.
Also gut, das schien ja heute der Tag der großen Geständnisse zu sein. Sie erzählte Sven ausführlich von ihrer Woche. Er runzelte bedrohlich die Stirn, als er von ihrer Berlin-Schnapsidee erfuhr, aber freute sich auch mit ihr über die schönen Tage in Frankfurt. Und nach und nach entspannte sich die Stimmung zwischen ihnen.
Dann berichtete er ihr in groben Zügen von der Verschönerungsaktion und wie alle Feuer und Flamme gewesen wären und verschwieg auch nicht, dass Ralf es sich nicht hatte nehmen lassen, die ganze Aktion zu finanzieren.
Paula hob die Augenbrauen. „Oh je, da werde ich eine Weile bei ihm arbeiten müssen, um das wiedergutzumachen.“
Sven schüttelte den Kopf. „Ich finde, du solltest das einfach mal so
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