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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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wird das?«, fragte sie mich dann.
    »Ein Heiratsantrag?«, scherzte ich.
     
    Zwei Minuten darauf ließ sie Emad sitzen, der wie Bimbo im Regen aussah. Nina lachte noch immer, als sie zum Pool zurückkehrte.
    |308| »Du hattest recht«, feixte sie und stellte zwei neue Bierflaschen zwischen unsere Liegen. »Burschi hat mir allen Ernstes einen
     Heiratsantrag gemacht. In vollendeter Form. Das würde ganz schnell und ohne große Formalitäten gehen, und für danach hat er
     mir die beste Zeit meines Lebens versprochen.«
    »Verblüffend. Dabei wollte er doch eigentlich die Verkäuferin aus der Boutique ehelichen.«
    »Ach? Echt?« Nina kicherte. Ihr Bräutigam in spe stand noch immer neben dem Tisch und sah unglücklich zu uns herüber. Als
     er bemerkte, dass ich ihn beobachtete, drehte er sich um und eilte davon.
    »Ja, das hat sie mir erzählt. Morgen soll die Hochzeit sein.«
    »Ist Polygamie in Ägypten erlaubt?«
    Ich zog meinen neuen Allround-Inforiegel hervor. »Schauen wir mal.«
     
    Fünf Minuten später waren wir schlauer. Das Spielchen nannte sich »Orfi-Ehe«. Die bestand aus einem Vertrag, der vor einem
     beliebigen Anwalt geschlossen wurde und der vom Mann jederzeit kündbar wäre. Die potentielle Ehefrau trat dabei in ein rechteloses,
     sklavenartiges Verhältnis ein, das aber vor dem Imam Bestand hatte – und von dem sie im Rahmen der Eheschließung möglichst
     wenig erfuhr. Die muslimischen Ägypter hatten sich das ausgedacht, um die Touristinnenscharen ordentlich durchvögeln zu können,
     ohne Probleme mit Allah zu bekommen. Wie außerordentlich clever. Und augenscheinlich gab es nicht wenige ausländische Mädels,
     die tatsächlich glaubten, fortan als Gattin eines Ägypters zwischen Rotem Meer und Pyramiden einem tausendundeinenachtmäßigen
     Leben frönen zu können.
    »Vermutlich wird die Boutiquetante auch ein solches Angebot bekommen haben«, mutmaßte ich.
    Nina nickte nur.
    »Wir sollten sie warnen«, ergänzte ich. Sie schnaufte.
    |309| »Nikolas, dein omnipräsentes Samariter-Gen in allen Ehren, aber manchmal müssen Leute ihre Fehler selbst machen. Das nennt
     man Lebenserfahrung, was dabei herauskommt.«
    »Ich finde,
Fehler
ist ein ziemlicher Euphemismus dafür, lediglich Bumsfleisch für notgeile Wüstenhelden zu sein.«
    »Gut, dann Ärgernis.« Sie stellte ihre Flasche ab und lehnte sich zurück. Die Hitze war mörderisch. Ich hatte das Gefühl,
     den halben Liter Bier bereits wieder ausgeschwitzt zu haben, mindestens.
    »Die Kleine hat doch sicher alle Brücken nach Hause abgebrochen – oder sie ist dabei. Wenn Emad keinen Bock mehr auf sie hat,
     steht sie ohne irgendwas da. Weckt das nicht die Frauenrechtlerin in dir?«
    »Die habe ich bisher nicht entdeckt«, murmelte Nina und schloss die Augen.
    Also ging ich allein zur Hotelboutique. Auf dem Weg dorthin wurden mir folgende Dinge mehrfach offeriert: Rolex-Repliken,
     Produkte aus geschützten Tierarten, junge Männer zu Bespaßungszwecken und Diverses andere mehr. Die Verkäuferin stand vor
     dem Hoteleingang und rauchte. Nach ihrer Hochzeit wäre zumindest damit vorübergehend Schluss. Meinen Informationen zufolge
     nahmen es die Bräutigame mit ihren eigenen Verpflichtungen zwar nicht so genau, nötigten ihren temporären Orfi-Frauen aber
     durchaus eine gott- und ehegattengefällige Lebensweise ab. Wozu der Verzicht auf Alkohol und Zigaretten, aber zum Beispiel
     auch auf den Bikini am Strand gehörte.
    Kurz bevor ich sie erreichte und mich bemerkbar machen konnte, traf Emad ein. Ich drückte mich in einen Hauseingang. Ihr »Ehemann«
     in spe wirkte nervös, aber beherrscht. Seine deutsche Gefährtin demgegenüber sprühte vor Freude, konnte ihre Hände kaum von
     ihm lassen, was ihm offensichtlich missfiel. Ich erwog, Ninas Rat zu befolgen und das Mädchen – sie war vielleicht einundzwanzig
     und auf ländliche Art hübsch – ihre Fehler oder
Ärgernisse
selbst bewältigen zu lassen. Aber ich
konnte
einfach nicht, also wartete |310| ich ab, bis Emad wieder von dannen gezogen war, und folgte der jungen Frau ins Hotel.
    Sie erkannte mich sofort und begrüßte mich per Handschlag. »Fehlt noch was? Ihre Freundin hat doch schon so viel gekauft.«
    »Nein, es fehlte nichts. Ich komme wegen Ihrer … Hochzeit.«
    »Oh.« Sie strahlte. »Möchten Sie vielleicht dabei sein? Emads Familie ist verhindert, und meinen Leuten ist der Flug zu teuer.
     Außerdem« – sie senkte die Stimme – »sind sie dagegen.«
    »Äh. Danke

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