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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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Geschwindigkeit entgegen.
     Das erste Fahrzeug bisher, ausgerechnet hier und jetzt.
    |166| »Aber ich muss kotzen«, stieß ich hervor, bereits durch beide Hände, die ich mir vor den Mund presste.
    Die Damen hinter mir kreischten. Der Bus passierte uns so dicht, dass ich die Nasenhaare des Fahrers erkennen konnte.
    »Kotzen?«, fragte Mustafa ungerührt.
    Eine der Damen sagte etwas auf Arabisch, aber ich hatte keine Zeit dafür, beeindruckt zu sein. Der Würfelhusten verlangte
     dringend sein Recht. Mustafa ging in die Klötze, aber es war schon zu spät. Ich schaffte es zwar noch, die Tür zu öffnen,
     reiherte aber schon in der Bewegung zur Türöffnung hin los, durch meine Finger hindurch, die kaum etwas zurückhielten, sondern
     den Streuwinkel sogar noch vergrößerten. Mustafa schimpfte in seiner Sprache, gleichzeitig stieß er mich ziemlich unsanft
     vom Sitz. Ich griff tränenblind in die Luft, fand aber nichts, woran ich mich festhalten konnte, und fiel, noch immer vor
     mich hin reihernd, seitwärts aus dem Van. Mit der rechten Schulter knallte ich gegen etwas, von dem ich annahm, dass es eine
     Leitplanke sei, dann lag ich da und wiederholte das Hurg-Hurg, das Stan immer gemacht hatte, bevor er sich auf seine Lieblingsstelle
     erbrach, nämlich exakt auf die Tasten G, H, B, V und N meiner Laptoptastatur. Hunderttausend Mal hatte ich mir vorgenommen,
     das Ding sofort zuzuklappen, wenn ich die Arbeit beendete, aber wenn ich es dann – ebenso oft – vergaß, war schon Sekunden
     später Stans Hurg-Hurg zu hören, und ich konnte noch so flink ins Arbeitszimmer spurten – der Kater war längst wieder vom
     Schreibtisch gesprungen, und sein verschleimtes Gewölle klebte auf der Tastatur. Durch die Reinigung hatten sich die Tastenbeschriftungen
     so sehr abgenutzt, dass die Buchstaben kaum noch zu erkennen waren. Dann fiel mir ein, dass mir
dieser
Laptop ja geklaut worden war. Als ich wiederum diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, bemerkte ich, dass sich mein Magen offenbar
     vollständig entleert hatte. Mein Mundinnenraum schmeckte nach Restaurantabfällen, mein Kopf dröhnte, meine Schulter tat weh.
     Ich wischte mir mit dem T-Shirt, das |167| ich dadurch endgültig ruinierte, übers Gesicht und ging zitternd in die Hocke. Da zwischen Wagen und Straßenrand nur sehr
     wenig Platz war, standen die Damen aus Detmold vor dem Auto und beobachteten mich besorgt. Aus dem Innern war wütendes Gemurmel
     von Mustafa zu hören, vermutlich belegte er mich gerade mit islamischen Bannsprüchen, die immerwährende Impotenz und Hirnkrebs
     auslösen sollten. In diesem Augenblick wäre es mir recht gewesen. Ich fühlte mich elend und wünschte mir nur ein kuschliges
     Bett und eine Tasse Tee. Nein, doch keinen Tee. Das Wort löste einen abermaligen Brechreiz aus, aber es kam nichts mehr, dafür
     spannen sich Speichelfäden von meinem Mund bis fast zum Boden.
    Mit Mineralwasser und Tempotüchern reinigten zwei Frauen Sitz und Fußraum, wofür sie meine Hochachtung hatten. Ich stand wacklig
     am Auto und versuchte, nicht in die Richtung zu sehen, in der sich als breite, schillernde Pfütze mein Mageninhalt befand.
     Falscher Gedanke! Hurg-Hurg, zum dritten Mal.
    Anschließend war mir sehr viel wohler, relativ betrachtet. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass direkt hinter der Fahrbahnbegrenzung,
     die nicht aus einer Leitplanke, sondern einem Steinhaufen bestand, gegen den mich der Fahrer katapultiert hatte, ein Abgrund
     begann, der gefühlt mehrere Kilometer in die Tiefe führte. Der Mann hätte mich beinahe umgebracht! Das machte mich so wütend,
     dass ich den größten Fehler des Tages beging – vorsichtig geschätzt. Ich teilte Mustafa nämlich mit, was mir soeben klargeworden
     war, und das in nicht gerade freundlichen Worten, sondern im Nina-Mietwagen-Stil. Was allerdings nicht dazu führte, dass sich
     der Mann kleinlaut bei mir entschuldigte und als Wiedergutmachung seinen Harem und seine Kamelherde anbot. Stattdessen befahl
     er den Frauen, ins Auto zu steigen, und hielt mich mit Gewalt davon ab, ebenfalls wieder Platz zu nehmen. Sekunden später
     stand ich allein neben meiner Kotzpfütze und sah dem davonrasenden Van hinterher.
    |168| Ich war durstig, mein Schädel dröhnte, und der Geschmack in meinem Mund wurde sekündlich schlimmer. Immerhin besaß ich ein
     Smartphone mit GPS und GoogleMaps.
    Aber es hatte keinen Empfang.
    Erst eine gute Stunde später, die ich unter Schüttelkrämpfen und

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