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Paxson, Diana L.

Titel: Paxson, Diana L. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Zauber von Erin
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Fingern, die auf geschmeidige Kraft deuteten, selbst jetzt, da fast nur noch Haut die Knochen überspannte. Harfners Hände – oder die eines Schwertkämpfers, dachte ich, als ich die breiten Handteller betrachtete und mit den Fingerspitzen über die Schwielen fuhr. Und er war genau dort verwundet, wo ein Gegner einen Fechter treffen würde, der seinen Schild etwas zu langsam heruntergezogen hatte.
    Ich bemerkte es, doch ich dachte nicht weiter darüber nach, lediglich, daß dieser Dughan zweifellos eine interessante Geschichte zu erzählen haben würde, falls er am Leben blieb. Doch mit fortschreitendem Tag zweifelte ich, daß wir sie je hören würden; denn das Fieber kehrte wieder, und so hoch war seine Temperatur, daß die nassen Umschläge, die wir ihm machten, trockneten, kaum daß wir sie ihm aufgelegt hatten.
    Als das Fieber noch zunahm, begann er laut zu reden. Seine Sprache war dem Irischen ähnlich, aber so verstümmelt, daß es uns schwergefallen wäre, seine Worte zu verstehen, selbst wenn wir diese Zunge beherrscht hätten. Doch Leid sprach aus ihr, und einmal rief er ganz deutlich, seine Mutter möge ihm vergeben.
    »Es ist ein schlechtes Zeichen, wenn sie nach ihrer Mutter rufen«, sagte die alte Messach, die uns das Abendessen ins Gästehaus gebracht hatte, als wir nicht ins Grianan zurückkehrten. »Ihr legt euch jetzt besser schlafen, meine Töchter. Ich übernehme die Nachtwache.«
    »Der Schimmel … o Herr, laß mich dich nicht wieder enttäuschen!« Der Rest der Worte war unverständlich.
    »Du glaubst, daß er sterben wird, nicht wahr?« sagte Esseilte heftig zu ihr. »Glaubst du, ich würde mich fürchten? Ich weiß, was der Tod ist! Ich habe den Leichnam meines Oheims für die Bestattung hergerichtet! Doch ihn hier soll die Erde nicht bekommen – diesmal nicht!«
    Und nun bekam ich Angst, denn dies war das erste Mal, daß sie den Morholt erwähnte, seit er in den Grabhügel gelegt worden war, und ich befürchtete, wenn der Harfner starb, wäre es für sie, als wäre mein Vater noch einmal gefallen, und von diesem zweiten Leid würde sie sich vielleicht nie mehr erholen. Und trotz ihrer tapferen Worte deuchte es mir allzu wahrscheinlich, daß Messach nicht übertrieben hatte.
    Esseilte beugte sich über Dughan und legte ihm aufs neue ein feuchtes Tuch auf die Stirn, als vermöge sie dadurch seinem fiebrigen Gehirn ihren Willen aufzuzwingen. Und irgendwie schien ihre Entschlossenheit tatsächlich seinen Fieberwahn zu durchdringen, denn er öffnete die Augen und blickte in ihre.
    Sie atmete ziemlich heftig, und in ihren Augen glänzten Tränen. Das Wispern des Harfners klang in der stillen Kammer als zerreiße Tuch.
    »Prinzessin… Ihr dürft nicht um mich weinen … ich hätte nicht…« Er hielt inne, und sie löffelte ihm rasch ein wenig von dem Weidenrindenaufsud zwischen die Lippen. »Ich habe allen – die mich mochten – Kummer bereitet.« Seine Hand öffnete sich ergeben, wie die eines Kriegers, der vor seinem siegreichen Gegner das Schwert niederlegt. »Prinzessin, laßt mich gehen…«
    »Nein! Euer Leben gehört mir!«
    Er starrte sie an und seine Augen bewölkten sich, als er zu verstehen suchte. Auch ich verstand nicht, doch ich fröstelte, als hätte der Nordwind die Tür aufgeschwungen. Da verließ das Bewußtsein ihn erneut.
    »Schnell, Messach, hol noch Wasser«, sagte ich mit einem Unterton. »Wenn sie ihn so sehr will, müssen wir ihn durch die Nacht kriegen!«
    Ich hatte tapfer gesprochen, doch ich dachte im Lauf der Nacht, daß meine Worte so eitel waren wie Esseiltes. Die Haut um Dughans Wunde war hart und heiß. Das brennende Rot wurde dunkler, bis wir die schwarzen Streifen sahen, die bedeuteten, daß das Gift aus der Wunde in den Körper vordrang.
    »Wir können ihn nicht retten, Esselite«, sagte ich leise.
    »Wir werden ihn retten!«
    »Weshalb bedeutet es dir soviel? Er ist nur ein fahrender Barde aus einem fremden Land. Der Tod ist stärker als wir, und du machst dich sündigen Stolzes schuldig, wenn du glaubst, einen Menschen retten zu können, dessen Zeit gekommen ist! Esseilte…«, fügte ich verzweifelt hinzu, »wenn wir den Tod aufhalten könnten, glaubst du, daß der Morholt dann gestorben wäre?«
    Sie setzte sich auf die Fersen zurück und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ich versuchte, ihr in die Augen zu sehen, doch sie hielt sie hartnäckig auf das Gesicht des Verwundeten gerichtet.
    »Eben deshalb!« rief sie rauh. »Der Tod wird nicht

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